Rechtsextreme und Querfront: Extrem rechte Querfront-Demo
Rund 850 Menschen nahmen am Samstag an einer extrem rechten Demo in Berlin teil.
Vermeintliche Friedensbewegte, „Querdenker“ und zahlreiche AfD-Sympathisant:innen tummelten sich auf der Straße des 17. Juni. Auch zahlreiche Jung-Nazis aus dem Umfeld der Gruppe „Deutsche Jugend voran“ waren erschienen. Erst kürzlich wurde die Gruppierung durch den Berliner Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Neben der AfD waren auch die „Querdenken“-Kleinstpartei Die Basis und die Werteunion mit einem Infostand auf der Demo vertreten. In den Reden wurde sodann auch die gesamte Palette rechter Talkingpoints von „Mainstreammedien“ bis „Gendermainstreaming“ bedient. Dominierendes Thema in den Reden war aber die im verschwörungsideologischen Spektrum nach wie vor angemahnte „Corona-Diktatur“ und vermeintliche „Impfverbrechen“.
Reden kamen etwa vom rechtsextremen Compact-Verleger Jürgen Elsässer und AfD-Politikern wie etwa Christina Baum und Dennis Hohloch. Entsprechend radikal die Redebeiträge, in denen etwa „Politikerhaft“ gefordert wurde – gemeint ist, unliebsame Politiker:innen bestrafen zu können. Mit seiner Äußerung, man müsse „die da oben hinfort jagen“, erntete Elsässer Applaus. Auch, dass Heinrich Fiechtner, bis 2017 in der AfD, die rechtsterroristische Reichsbürger-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß als „Rollatorgang“ verharmlost, kommt gut an.
Über Pro & Contra eines Verbots der AfD diskutieren aus linker Perspektive Ricarda Lang, Angela Furmaniak, Thorsten Mense und Lukas Wallraff – am Mittwoch, 28.05.2025, 19:30 Uhr, in der taz-Kantine.
Der Eintritt ist frei, aber eine Platzreservierung erforderlich. Bitte nutzen Sie dafür das Reservierungstool von Pretix hier.
Die Veranstaltung wird auch live gestreamt auf dem Youtube-Kanal der taz.
🐾 Ricarda Lang ist Bundestagsabgeordnete des Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Parteivorsitzende.
🐾 Angela Furmaniak ist Rechtsanwältin und als Strafverteidigerin tätig. Sie ist im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), der die Initiative „AfD-Verbot Jetzt!“ mitträgt.
🐾 Thorsten Mense ist Soziologe, Autor und als Journalist unter anderem für Jungle World und konkret tätig. Er findet Antifa sinnvoller als Verbote.
🐾 Lukas Wallraff ist seit 1999 bei der taz – zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt als Titelseiten-Redakteur bei tazeins. Er steht einem AfD-Verbot skeptisch gegenüber.
🐾 Lotte Laloire moderiert diesen taz Talk. Sie ist taz-Redakteurin und Herausgeberin eines Buchs über die extreme Rechte.
Als „Schirmherr“ der Demonstration tritt Multimillionär Winfried Stöcker auf. Der Arzt und Pharmaunternehmer hatte der AfD vor der Bundestagswahl 1,5 Millionen Euro gespendet, die größte Einzelspende in der Geschichte der Partei. Auch für die Demo gibt Stöcker den Gönner: Er habe diese mit einer „verhältnismäßig großen Spende“ unterstützt, zitierte der Tagesspiegel eine Mitorganisatorin.
Stöckers inhaltliche Nähe zur extremen Rechten ist nicht neu, schon mehrfach war er mit rassistischen Aussagen aufgefallen. Etwa 2017, als er laut t-online die Verschwörungsideologie des „Großen Austauschs“ in einer Ansprache an seine Belegschaft verbreitete.
Gegenprotest versammelte sich unter dem Motto „Den Nazis keinen Meter“ am Mittag unweit der rechten Versammlung an der Scheidemannstraße nahe dem Bundestag zu einem Protestzug, an dem sich laut Polizei etwa 200 Personen beteiligten. Aufgerufen hatten unter anderem Gruppen wie Geradedenken, Queermany und Solid. „Wir demonstrieren nicht nur gegen die rechte Raumnahme, sondern auch für ein gutes Leben für alle“, sagte ein Sprecher der Initiative Geradedenken der taz. „Das sind Allianzen, die wir damals auch schon bei Pegida gesehen haben“, sagte er, angesprochen auf die rechte Demonstration.
Als sich die rechte Versammlung am späten Nachmittag in Bewegung setzte, bildete sich auf deren Route eine Blockade mit fast 200 Antifaschist:innen. Der Demonstrationszug wurde von der Polizei umgeleitet und die Blockade-Teilnehmer:innen von der Polizei eingekesselt. Rund fünf Stunden lang wurden sie dort zur Identitätsfeststellung festgehalten.
Zahlen zu Festnahmen machte die Polizei bis Redaktionsschluss nicht. Auch dazu, dass den Eingekesselten mehrere Stunden lang der Zugang zu Wasser und Toilettengänge verwehrt worden sein soll, äußerte sich die Polizei nicht.
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