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Merz telefoniert mit TrumpHandelsstreit mit den USA soll beigelegt werden

Der frisch gewählte Kanzler hat mit dem US-Präsidenten telefoniert. Beide wollen den Handelskonflikt schnell beenden, Merz will Zölle auf Null senken.

Merz wollte im Handelskonflikt mit den USA selbstbewusster auftreten Foto: dpa

Berlin dpa/afp | Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz hat in seinem ersten Telefonat mit US-Präsident Donald Trump für eine Abschaffung aller Zölle zwischen den Vereinigten Staaten und der EU geworben. „Ich habe ihm gesagt, das ist aus meiner Sicht keine gute Idee, diesen Zollstreit zu eskalieren. Die beste Lösung wäre down to zero für alles und für alle“, sagte der CDU-Politiker am Rande seines Antrittsbesuchs bei der EU in Brüssel. Trump habe ihn eingeladen, nach Washington zu kommen, und man werde in naher Zukunft über diese Frage miteinander reden.

„Mein Eindruck ist, dass auch in Amerika die Diskussion über die nachteiligen Auswirkungen der hohen Zölle für die eigene Volkswirtschaft mittlerweile beginnt, und die nimmt er natürlich wahr“, sagte Merz.

Aus Sicht des neuen Kanzlers sollte zwischen der EU und den USA auch über technologische Standards gesprochen werden. Die gegenseitige Anerkennung von technologischen Standards sei meistens mindestens genauso wichtig wie die Frage, wie hoch kleinere oder größere Zölle seien, sagte Merz. Zur Zollhöhe bekräftigte er: „Meine feste Überzeugung ist: Null ist am besten.“

Merz berichtete auch, dass er Trump erläutert habe, dass es bilaterale Abkommen mit Deutschland oder anderen EU-Staaten nicht geben könne, weil man in der Handelspolitik nur gemeinsam handeln könne und wolle. „Ich hatte den Eindruck, dass er das akzeptiert, dass das auch dann seine Sicht ist, dass er das nur mit uns zusammen kann“, sagte Merz. Er habe dem Republikaner gesagt, dass er da auch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eng abgestimmt sei.

Trump will angebliche Ungleichgewichte korrigieren

Trump hat vor wenigen Wochen mit der Ankündigung neuer Zölle auf Importe aus der EU einen Handelskonflikt losgetreten. Der US-Präsident will mit den Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Die EU sieht die Zölle hingegen als nicht gerechtfertigt und unvereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) an.

Die EU will deswegen versuchen, die USA in Verhandlungen zu einem Kurswechsel zu bewegen. Trump hatte zuletzt nach großen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Dieses Zeitfenster soll für Verhandlungen genutzt werden. Die EU betont, dass sie entschiedene Maßnahmen gegen US-Zölle einführen wird, sollten die Verhandlungen scheitern. Dazu sollen unter anderem Gegenzölle gehören.

Kurz zuvor hatte Trump ein erstes Handelsabkommen nach der Verhängung weltweiter Zölle bekanntgegeben. In einem live im Fernsehen übertragenen Telefonat gab er am Donnerstag zusammen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer die Vereinbarung bekannt, deren Details noch ausgearbeitet werden sollen. Trump sprach von einem „Durchbruch-Deal“. Starmer zufolge sollen die Vereinbarungen so bald wie möglich in Kraft treten. „Dies ist ein wirklich fantastischer, historischer Tag“, sagte er. Trump kündigte an, Gespräche mit den Europäern führen zu wollen. Die EU-Kommission schlug für den Fall eines Scheiterns Gegenmaßnahmen mit einem Volumen von 95 Milliarden Euro vor.

Zehn-Prozent-Zölle bleiben bestehen

Nach dem Telefonat zwischen Trump und Starmer gaben die Regierungen in Washington und London getrennt vor der Presse Details bekannt. Demnach bleiben die Zehn-Prozent-Zölle der USA gegen Großbritannien bestehen. Großbritannien senkt seinerseits seine Zölle für US-Waren von 5,1 auf 1,8 Prozent. Die von Trump eingeführten Aufschläge auf Stahl und Aluminium werden komplett gestrichen. Die britische Regierung erklärte, es werde einen gegenseitigen Marktzugang für Rindfleisch geben, ein im Königreich strittiges Thema wegen der unterschiedlichen Auflagen für Lebensmittelsicherheit. Die britischen Aufschläge auf Ethanol aus den USA werden ganz abgeschafft.

Bei britischen Autoausfuhren in die USA soll ein abgestuftes Verfahren greifen. Nach den Angaben aus London sollen die einheimischen Hersteller ein Kontingent von 100.000 Autos pro Jahr erhalten, die zum Basissatz von zehn Prozent in die USA eingeführt werden können. Das entspricht fast den gesamten britischen Autoexporten des vergangenen Jahres. Wie das US-Handelsministerium mitteilte, soll für alle darüber hinaus importierten Autos ein Aufschlag von 25 Prozent gelten. US-Handelsminister Howard Lutnick zufolge werden britische Unternehmen nun Flugzeugteile zollfrei in die USA exportieren. Im Gegenzug wird erwartet, dass eine britische Fluggesellschaft Boeing-Maschinen im Wert von zehn Milliarden Dollar kauft.

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