: Wo Gold und Elend fließen
Am Río Santiago im peruanischen Grenzland zu Ecuador boomt das illegale Schürfgeschäft nach dem Edelmetall. Doch die Goldschürfer hinterlassen Armutsprostitution, Gewalt und Korruption

Aus La Poza und Santa Maria de Nieva Aaron Wörz und Jonathan Hurtado (Text) und Renato Pajuelo (Fotos)
An der Grenze zwischen Peru und Ecuador, am Fluss Santiago, da gibt es einen Ort, der anders ist als die übrigen Dörfer in der Region: La Poza. Er liegt im Amazonas, sechs Bootsstunden von der ecuadorianischen Grenze und zwei Reisetage von der Hauptstadt Lima entfernt. La Poza, umgeben von grünen Gebirgsketten und dichtem Regenwald, befindet sich im Territorium der indigenen Völker Wampis und Awajún. Im Unterschied zu ihren ruhigen Siedlungen am Flussufer verraten knatternde Motorradtaxis, Bars mit penetranten Reggaetonbeats und zahlreiche Benzinverkäufer*innen, wie sich das Leben am Santiago in den vergangenen Jahren verändert hat: Der Goldrausch hat La Poza im Griff.
An diesem Vormittag brennt die Sonne auf die staubigen Straßen. Argwöhnische Blicke treffen Besucher*innen bei ihrer Ankunft am Bootsanleger. An der ersten Straßenecke stehen zwei junge Frauen vor einer Bar und schenken Bier in ihre Plastikbecher. Daneben zapft eine Frau Benzin aus einem blauen Kanister. Auf die Nachfrage, was der Sprit bei ihr koste, bietet sie selbstgemachten Schnaps an. Mit dem Goldhandel ist auch das Geld gekommen, und nicht wenige setzen den neuen Reichtum in Alkohol um.
Wer in La Poza Gold verkaufen will, der muss wissen, wo – oder sich behutsam durchfragen. Legale, lizenzierte Goldgeschäfte gibt es nicht. Ein älterer Mann, der auf den ersten Blick in seinem kleinen Laden nur mit Lebensmitteln sein Geld verdient, bietet umgerechnet bis zu 68 Euro für ein Gramm Gold. „Kommt ganz auf die Qualität an“, knurrt er. In diesen Tagen kostete ein Gramm des Edelmetalls auf dem internationalen Markt knapp über 90 Euro.
Bei einer Recherche auf dem Santiago zählten Reporter des peruanischen Investigativmediums OjoPúblico insgesamt 17 schwimmende Goldbagger, die sogenannten dragas. Die umgebauten Flöße pumpen mit Motoren und dicken Plastikschläuchen Erde aus dem Flussbett an die Wasseroberfläche. Je nach Größe und Standort kann man im Amazonas mit einer draga zwischen 80 und 120 Gramm Gold an einem Tag finden. Das sind bis zu 10.000 Euro Umsatz. Aber in Peru ist der Goldabbau mit diesen Maschinen in allen Gewässern verboten.
Dutzende Interviews, Augenzeug*innenberichte und Dokumente während dieser Recherche zeigen, wie die Goldsuche am Santiago kriminelle Akteur*innen anzieht, indigene Gemeinschaften spaltet und diejenigen bedroht, die ihr Territorium dagegen verteidigen – während Polizei und Militär meist tatenlos zuschauen.
Einzig die „Autonome Territorialregierung“ der Wampis, eine Organisation, zu der die meisten indigenen Gemeinden am Santiago gehören, stemmt sich gegen die kriminelle Praxis. „Wir lehnen den illegalen Goldabbau ab, weil damit die Umweltverschmutzung zunimmt“, sagt Wilfredo Chumpi*, einer der Anführer der Wampis. „Damit meine ich alles: Wasser, Boden, Pflanzen, Luft.“ Chumpi bezieht sich auf ein schmutziges Detail: Um das Edelmetall aus dem Schlamm zu waschen, nutzen die Goldschürfer das hochgiftige Quecksilber. Es bindet das Gold und macht es deutlich leichter, es zu sieben. Doch die Rückstände der Chemikalie verschmutzen das Wasser und sind schädlich für Fische und Pflanzen.
Am Abend sind die Straßen von La Poza voller Menschen. Strom aus Generatoren beleuchtet die Restaurants und Geschäfte. Am Hauptplatz sitzt eine Gruppe von Männern auf dem Bürgersteig. Einer von ihnen, der Sohn eines Hotelbesitzers, lädt ein, La Esquina zu besuchen. Ein Nachtklub, versteckt am Rand von La Poza, direkt neben einem Friedhof. Er besteht darauf, die Taxifahrt zu spendieren und verspricht den Gästen chivolitas, besonders junge Mädchen.
La Esquina ist eine karge Betonfläche, mit Welldachplatten überdacht und durch Backsteinmauern vor Blicken geschützt. Bunte Plastiktische mit je zwei Stühlen stehen vor einer Bühne. An einem Tisch drückt ein groß gewachsener Mann in Unterhemd einem Jungen im Schulalter ein Bier in die Hand. Es bedienen Teenagerinnen, die mit den Gästen trinken und tanzen. Mehrere Bewohner*innen entlang des Santiago berichten, dass parallel zum illegalen Goldabbau auch die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen zugenommen hat.
In La Poza gibt es eine Handvoll Bars. Ihre Besitzer seien es, die junge Mädchen aus den indigenen Gemeinschaften zum Arbeiten anlocken, sagt Wilfredo Chumpi. „Ihre Kunden sind illegale Goldschürfer, weil sie das Geld haben“, erklärt er. Dabei seien nicht nur Heranwachsende aus den indigenen Gemeinschaften der Wampis und Awajún betroffen. Bei einer Kontrolle der Bars durch die Gemeindeverwaltung im Dezember 2024 stammten einige der identifizierten Frauen auch aus Ecuador und Venezuela.
Der einzige Weg in den kleinen Handelsort führt über den Fluss. Die meisten Boote, die anlegen, kommen aus Santa Maria de Nieva, dem größten Ort in der Region mit rund 5.000 Bewohner*innen. Auf der vierstündigen Bootsfahrt von Santa Maria de Nieva nach La Poza treiben blaue Benzinkanister im Wasser. Die Goldschürfer markieren die Zonen, an denen sie Gold fanden, die sie aber wegen des steigenden Flusspegels unfreiwillig verlassen mussten. Am frühen Morgen sind am Ufer des Dorfes San Juan Männer zu sehen. Einer von ihnen bemerkt das vorbeifahrende Boot. Er formt mit seinen Fingern eine Pistole und zielt in Richtung Wasser.
Illegales Gold
Der Großteil des peruanischen Goldes verlässt das Land mit gefälschten Exportdokumenten. Zwischen 2014 und 2023 produzierte Peru, größter Produzent und Exporteur von Gold in Südamerika, offiziell 1.233 Tonnen des Edelmetalls, inoffiziell aber 4.083 Tonnen. 70 Prozent des exportierten Goldes hatten also einen illegalen Ursprung. Das meiste peruanische Gold stammt allerdings nicht aus dem Amazonas, sondern von den Hochebenen des Landes, wo mächtige Bergbauunternehmen seit Jahrzehnten riesige Minen betreiben und neben Gold auch Kupfer, Aluminium, Silber und Zinn abbauen.
Die Absatzmärkte
Importe nach Deutschland sind minimal. Lediglich 53 Kilogramm Gold aus Peru kamen in diesen neun Jahren nach Deutschland, importiert von global agierenden Edelmetallhändlern mit deutscher Franchise. Lange Zeit waren die USA, Schweiz und Kanada die wichtigsten Importeure von peruanischem Gold. Seit 2020 sind die Exportmengen in diese drei Länder zurückgegangen und neue Abnehmer in den Vordergrund getreten: Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate. In beiden Fällen ist Gold der wichtigste Exportrohstoff aus Peru.
Geldwäsche
Das illegal im Amazonas-Nebenfluss Santiago abgebaute Gold wird im kleinen Stil in Juweliergeschäften gewaschen. Sowohl auf der ecuadorianischen Seite der Grenze als auch in peruanischen Städten am Rande des Regenwaldes, wo Händler*innen auf Nachfrage umgerechnet bis zu 70 Euro für ein Gramm Gold bieten. Große Mengen werden hingegen nach Bolivien geschmuggelt, bestätigen peruanische Justizbehörden. Dort werde es mit einem offiziellen Goldzeichen versehen und unter legalem Anschein ins Ausland exportiert.
In San Juan arbeiten indigene Bewohner*innen mit den Goldschürfern zusammen. Vier Dörfer am südlichen Flussteil haben sich hier dem Raubbau verschrieben. Indira Rojo* wohnt in dieser Gegend. Um indigene Bewohner*innen zu überzeugen, sie bei ihrem Geschäft zu unterstützen, „organisieren die Goldschürfer Sportaktivitäten, bezahlen Partys und sagen, unsere Kinder werden dank ihnen studieren. An Weihnachten kamen sie sogar mit Geschenken“, erzählt Rojo.
Die Gemeinden der Wampis und Awajún am Santiago leben in prekären Verhältnissen. Die meisten Bewohner*innen bauen Maniok, Bananen oder Kakao an, andere leben vom Fischfang. Nur wenige Haushalte verfügen über Strom. Wer eine medizinische Behandlung benötigt, muss mehrere Stunden Bootsfahrt auf sich nehmen. Das Gold vor den Ufern der Dörfer verspricht den Menschen schnellen Wohlstand.
Um das Vertrauen der indigenen Gemeinschaften zu gewinnen, suchen die Goldschürfer gezielt Beziehungen mit Frauen aus den Dörfern und gründen Familien, berichten indigene Anführer. Kinder aus diesen Beziehungen, deren Erzeuger ihre Vaterschaft nicht anerkennen wollen, seien keine Seltenheit. Santiago Jenner ist Direktor der Schulbehörde im zuständigen Bezirk: „Meine Schülerinnen werden sehr jung schwanger. Diejenigen, die von außerhalb kommen und mit Gold arbeiten, nehmen sie als Ehefrauen und gehen wieder, wenn sie ihre Arbeit beendet haben. Und wer leidet darunter? Wir, mein Volk“, berichtet er.
Lokalpolitiker*innen sehen im Zusammenhang mit dem Goldboom am Santiago eine weitere Entwicklung mit Sorge: In der Provinz Condorcanqui, zu der neben Santiago zwei weitere Bezirke gehören, sind die HIV-Ansteckungen sprunghaft gestiegen. Waren es 2020 noch 40 Fälle, wurden vier Jahre später 338 Fälle erfasst. Laut der regionalen Gesundheitsbehörde sind 80 Prozent der Neuerkrankten zwischen 14 und 25 Jahre alt.
Die Goldschürfer auf den dragas kommen meist aus anderen Teilen Perus. So wie Jeremías Bailón. Der 41-Jährige stammt aus dem Bundesstaat Ancash und schürfte für einige Jahre Gold auf dem Santiago. Damals, sagt er, habe ihn das schnelle Versprechen von Reichtum zur Kriminalität verleitet. Noch heute betont er: „Der illegale Goldabbau bringt Geld an den Santiago. Wenn die Menschen aus den Gemeinden aus der Not heraus mitmachen, ist das legitim.“

Bailón ist gelernter Mechaniker. Das half ihm, seine eigene draga zu betreiben. Das Ende seiner goldenen Jahre war keine selbstbestimmte Entscheidung: Bei einem der seltenen Einsätze zerstörte die Polizei seine draga und leitete Ermittlungen gegen ihn ein.
Heute hat Bailón eine Kakaofarm und betreibt ein Restaurant in La Poza. Als Präsident einer lokalen Organisation setzt er sich für die Interessen der Händler*innen in dem Ort ein. Vor zehn Jahren, als Bailón mit Gold Geschäfte machte, bekam er für ein Gramm Gold etwa 23 Euro. Mittlerweile ist der Preis dreimal so hoch. Juckt es ihn wieder in den Fingern? Bailón lacht. Er habe in der Zwischenzeit eine Familie gegründet und sehe die Dinge nun anders. Das Risiko sei es nicht mehr wert, sagt er und fügt hinzu: Trotzdem verschwinde die Verlockung für die arme Bevölkerung am Santiago nicht. Um den illegalen Goldrausch effektiv zu bekämpfen, müsse der peruanische Staat am Santiago stärker Alternativen fördern, mit denen die Menschen in der Region ihren Lebensunterhalt verdienen.
Aber auch diejenigen, die mit den Kriminellen zusammenarbeiten, bemerken oft schneller als geahnt, wer am Ende mit dem Gold reich wird. Die indigenen Gemeinschaften, vor deren Ufern die dragas treiben, bekämen gerade einmal 20 Prozent des Gewinns, erzählt Bailón. Der Bärenanteil gehe an die Besitzer der Boote, die das Gold sammeln und an Zwischenhändler*innen weiterverkaufen.
Ein Video, das Anfang des Jahres heimlich in der Nähe der indigenen Gemeinde Fortaleza aufgenommen wurde, zeigt, wie professionell und ungeniert die Goldschürfer vorgehen. Das Video stammt von einer Frau, die als Sexarbeiterin in dem Dorf arbeitet. Darin zu sehen ist eine Werkstatt für die Herstellung und Reparatur von dragas. In großen Plastikzelten arbeiten Männer bei lauter Musik mit Schweißgeräten, die Stimmung ist ausgelassen. Im Hintergrund ist ein Lager aus Benzinkanistern zu sehen. Eine Analyse von Satellitenbildern zeigt, dass die Anlagen im Laufe des vergangenen Jahres errichtet wurden.
Junger Polizist in Santa Maria de Nieva
Die Werkstatt ermöglicht es den Kriminellen, bei den seltenen Polizeirazzien zerstörte dragas innerhalb von wenigen Tagen zu ersetzen, berichten Bewohner*innen der Region. Besuch vom nächsten Polizeiposten, der zwei Stunden Bootsfahrt entfernt ist, gab es bislang keinen.
Der letzte Polizeieinsatz gegen die Goldschürfer am Santiago fand im Januar statt. In einem Helikopter rückte eine Spezialeinheit der Polizei an, um die Flöße anzuzünden. Das gelang den mit Maschinengewehren bewaffneten Beamt*innen nur bei einem Bruchteil der dragas. Die Goldschürfer hatten kurz zuvor Kinder aus den indigenen Gemeinden auf die Boote geschickt, um sie vor der Zerstörung zu schützen. Gegen eine Bezahlung von umgerechnet etwas mehr als zwei Euro, berichten Anführer der indigenen Regierung der Wampis. In einer Mitteilung sprechen sie später von einer Instrumentalisierung der Kinder als „menschliche Schutzschilder“.
Boote der peruanischen Polizei oder des Militärs sind während dieser Recherche nicht auf dem Santiago zu sehen. Patrouillierende Polizist*innen bekomme man nicht zu Gesicht, bestätigen mehrere Bewohner*innen. Zwar gibt es vier Militärposten in der Region, sie sehen ihren Aufgabenbereich jedoch woanders.
Dort, wo auf dem Fluss die Grenze zwischen Peru und Ecuador verläuft, weisen kein Schild, keine Fahne darauf hin, dass hier ein neues Land beginnt. Nur ein paar Meter davor verrät ein akkurat gemähter Rasen am Ufer die Anwesenheit des peruanischen Staates. Vier junge Soldaten, überrascht angesichts des seltenen Besuchs, schauen verwundert aus ihrer Baracke. Ihre Aufgabe sei es, erklärt einer von ihnen, im Falle einer „Invasion“ einzuschreiten. Kontrollieren, wer oder was über den Fluss nach Peru kommt, würden sie nicht. Das sei schließlich Aufgabe der Polizei.
Eine Polizeiwache im Bezirk Santiago gibt es nicht. Der nächste und damit auch zuständige Posten befindet sich in Santa Maria de Nieva, mehr als 200 Kilometer flussabwärts von der Grenze entfernt. Ein junger Polizist steht am frühen Nachmittag im Eingangsbereich der Wache: „Wir kontrollieren nicht auf dem Fluss. Wir haben nicht einmal ein eigenes Boot.“
Bis vor Kurzem befand sich die Polizeistation in Santa Maria de Nieva direkt neben dem Hauptdock. Aus ihrem Eingangsbereich konnten die Beamt*innen beobachten, wie täglich mit Benzinkanistern beladene Boote ablegen. „Natürlich sind die auch für den illegalen Goldabbau. Aber alleine machen wir nichts“, sagt der Polizist. Aufgrund der fehlenden Ausrüstung greifen sie nur mit Hilfe des Militärs ein, erzählt er. Aus hochrangigen Polizeikreisen heißt es zudem, es sei ein offenes Geheimnis, dass Polizist*innen in der Region gegen eine monatliche Zahlung die Füße stillhalten.
Der illegale Goldabbau am Santiago ist kein neues Phänomen. In einigen Gemeinden wird seit über zehn Jahren unerlaubt Gold geschürft. Die indigene Regierung der Wampis, gegründet im Jahr 2015, beobachtet diese Entwicklung von Beginn an mit Besorgnis. Mit Drohnenaufnahmen dokumentieren sie das Ausmaß und die Schäden der illegalen Goldextraktion im Fluss. In letzter Zeit sei das deutlich gefährlicher geworden. Mit den Einnahmen aus dem Gold haben die Gemeinden Satelliteninternet installiert: Warnungen über ungebetenen Besuch oder Drohnen am Himmel verbreiten sich in wenigen Minuten.

Als Reaktion auf den invasiven Goldrausch gründete die Wampis-Regierung im März 2024 ihre eigene Polizeieinheit. Die Charip, auf Deutsch: Blitz, besteht aus 30 Freiwilligen. Bewaffnet mit Schrotflinten und Speeren kontrollieren sie verdächtig Boote an ihrem eigenen Checkpoint am Santiago. Besonders ein Fund der indigenen Flusswache sorgte einen Monat nach ihrer Gründung für landesweite Aufmerksamkeit: Die Charip stoppten ein Boot, das einen Motor und andere Utensilien für den Bau einer draga aus Ecuador nach Peru transportierte. Im Boot saßen mehrere Männer. Unter ihnen: Drei peruanische Polizisten. Gegen sie laufen derzeit Ermittlungen.
Der Widerstand der Wampis hat die Spannungen am Santiago verschärft. Mehrere indigene Anführer berichten von Todesdrohungen über Whatsapp oder Facebook. Einige erzählen, zu Wasser und zu Land verfolgt worden zu sein. Gegner*innen werden mit Gerüchten diffamiert und beschuldigt, den Gemeinden im Goldrausch ihre neue Einnahmequelle nicht zu gönnen.
Bislang sind den Todesdrohungen keine Taten gefolgt. Die Anführer der Wampis fürchten jedoch, dass der Konflikt eskalieren könnte. Als Negativbeispiel fällt immer wieder ein Name: Madre de Dios. In diesem Bundesstaat im südlichen Teil des peruanischen Amazonas haben Goldschürfer laut einer Analyse der NGO Conservación Amazónica zwischen 2019 und 2023 insgesamt 51.000 Hektar Regenwald abgeholzt. Und immer wieder indigene Gegner*innen des illegalen Goldabbaus ermordet.
Die Antwort der peruanischen Regierung auf den Goldrausch im Amazonas variiert seit Jahren kaum. Am Rande einer Pressekonferenz danach gefragt, wie die aktuelle Regierung gegen die jüngste Entwicklung am Santiago vorgehen wolle, antwortet Jorge Luis José Montero Cornejo, Minister für Energie und Bergbau: „Das Einzige, was wir dagegen tun können, sind Verbote und Interventionen.“
Expert*innen machen außerdem ein acht Jahre altes Dekret aus dem Kongress für den Aufschwung des illegalen Goldabbaus verantwortlich. Mit diesem können sich Goldschürfer und Unternehmen, die ohne staatliche Genehmigung Gold abbauen, für einen Formalisierungsprozess anmelden. Die Prüfung zieht sich oft über Jahre. Solange die informellen Goldschürfer dort registriert sind, dürfen sie weiter Gold abbauen, ohne dabei rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Eigentlich war die Regelung 2017 als zeitlich begrenzte Maßnahme geplant. Doch es gibt zahlreiche Kongressabgeordnete, die sich für das Dekret einsetzen. Sie stammen aus Gegenden mit Bergbauunternehmen oder gehören Parteien an, die enge Verbindungen in den finanzstarken Bergbausektor haben. Im vergangenen November stimmte der peruanische Kongress erneut für eine Verlängerung.
*Zum Schutz der Personen sind die Namen mehrerer Gesprächspartner*innen in diesem Text geändert worden.
Diese Recherche wurde zuerst in einer spanischen Version auf der Homepage des peruanischen Investigativmediums OjoPúblico veröffentlicht. Die deutsche Version wurde gekürzt und bearbeitet.
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