: Australiens „Temu-Trump“ will an die Macht
Der konservative Oppositionsführer Peter Dutton wirkt wie ein billiger Abklatsch des US-Präsidenten. Gerade das könnte ihm zum Verhängnis werden
Aus Canberra Urs Wälterlin
Einige Kritiker sagen, er habe so viel Charme wie ein Backstein. Andere nennen ihn „Temu-Trump“, eine Billigversion des US-Präsidenten. Der Vergleich des australischen Oppositionsführers Peter Dutton mit dem chinesischen Online-Billiganbieter mag weit hergeholt sein, der mit Donald Trump aber nicht. Wer Duttons Pläne studiert, könnte meinen, sie seien im Weißen Haus entworfen worden: die Entlassung Tausender Staatsangestellter, die Schaffung einer Behörde für Effizienz wie von Elon Musk, Einflussnahme auf Unis und Schulen, Reduktion der Einwanderungszahlen, Schwächung erneuerbarer Energie. Zudem soll der öffentlich-rechtliche Sender ABC auf mögliche ideologische Ausrichtung geprüft werden.
Unbestritten ist selbst unter Duttons Anhängern: Kritische Menschen und jene, die nach seiner Ansicht „woke“ sind, also gesellschaftlich wach und sensibel gegenüber Ungerechtigkeiten, dürften es unter einer von ihm geführten Regierung schwer haben.
Der langjährige Politik-Kommentator Mike Steketee hat kaum Zweifel, dass Peter Dutton anstrebt, eine australische Version des US-Präsidenten zu sein. „Er ist klar angetan von populistischen Herrschaftsformen. Denn sie machen seine Arbeit als Politiker leichter.“ Dutton, so der Analyst, sei „eine rechtsgerichtete Führungsfigur, im Gegensatz zu einer nur konservativen“.
Der groß gewachsene 54-jährige Politiker mit Vollglatze war einst Polizist. Liegenschaftsinvestitionen machten ihn zum Millionär. Dutton stieg rasch auf in einer Partei, die sich zunehmend vom Liberalismus entfernt und nach rechts bewegt habe, so Steketee. Als Minister in früheren konservativen Regierungen war er umstritten. Er fiel durch seinen harten Antiasylkurs und rassistische Äußerungen auf. Der australische Ärzteverband attestierte ihm, „der schlechteste Gesundheitsminister der Geschichte“ gewesen zu sein.
Bis vor ein paar Wochen sei Dutton ein glühender Anhänger von Donald Trump gewesen, sagt Stekeete: „Als der US-Präsident die verrückte Idee hatte, Gaza in einen Ferienort umzuwandeln, bezeichnete ihn Dutton als ‚großen Denker’, als Mann mit Weitblick.“
Duttons Art der Politik schien im Volk auf Zustimmung zu stoßen. In Umfragen überholte er zwischenzeitlich Labor-Premierminister Anthony Albanese. Obwohl dieser konkretere Lösungen als Dutton vorschlägt für Probleme, die das Land beschäftigen: steigende Lebenshaltungskosten, Mangel an Wohnraum.
Dann belegte der US-Präsident auch Australien mit Einfuhrzöllen, Washingtons vermeintlich engsten Verbündeten im Pazifik. Trump löste damit einen Sturm der Entrüstung aus, selbst unter konservativen Australier:innen. Seither distanziert sich Dutton vom US-Präsidenten und ließ einige seiner kontroversesten Pläne fallen. So sollen etwa Beamtinnen doch weiter aus dem Homeoffice arbeiten dürfen, statt ins Büro zurückkehren zu müssen.
Duttons scheinbar von Meinungsumfragen getriebenes Hin und Her gab dem uncharismatischen, ja langweilig wirkenden Albanese in den letzten Wochen erneut Auftrieb. Jüngste Prognosen gehen von einer knappen Wiederwahl der Labor-Regierung aus.
Ein Grund für die Entwicklung könnte auch Duttons Haltung in Klimafragen sein. Auch dort finden sich Gemeinsamkeiten mit Trump. Wie dieser stellt Dutton den menschengemachten Klimawandel infrage. Dabei fordern viele Australierinnen und Australier immer lautstarker besseren Klimaschutz. Bei den Wahlen vor drei Jahren hatten die großen Parteien Sitze an unabhängige Kandidatinnen verloren, weil diese einen resoluten Kampf gegen Klimaerhitzung versprochen hatten. Albanese reagierte mit der Förderung erneuerbarer Energien, die inzwischen 40 Prozent am Strommix ausmachen. Dutton dagegen will mit dem Bau von sieben Atomkraftwerken auf Staatskosten günstige Strompreise garantieren. Fachleute verurteilen den Plan als unrealistisch und „extrem teuer“. Nicht nur sei Atomkraft von einer früheren konservativen Regierung in Australien gesetzlich verboten worden. Der Kontinent sei mit wesentlich günstigerer Sonnen- und Windkraft verwöhnt, die früher oder später die noch immer dominierende Verbrennung klimaschädigender Kohle ersetzen werde.
Der Kommentator Mike Steketee: „Die Konservativen wollen auf diese Weise „den Kampf gegen den Klimawandel verlangsamen und die Förderung von Kohle und Gas beschleunigen.“ Vor wenigen Tagen stellte Dutton erneut den wissenschaftlich erwiesenen Zusammenhang zwischen jüngst extremen Überflutungen, katastrophalen Waldbränden und Klimaerhitzung infrage. Laut Umfragen spricht er damit vielen australischen Konservativen aus dem Herzen.
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