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Neuer Wohnraum für Azubis in HamburgKnapp, teuer, ungewiss

In Hamburg gibt es viel zu wenig Wohnraum für Azubis. Rot-grün erreicht die eigenen Ziele nicht. Nun wird über eine alte Kaserne nachgedacht.

Gammelt vor sich hin, während Azubis dringend Wohnungen brauchen: Kaserne in der Hamburger Notkestraße Foto: Esther Erök

Hamburg taz | Bezahlbarer Wohnraum ist in Hamburg knapp, besonders für Auszubildende. Während Studierende zumindest auf ein paar Wohnheime zurückgreifen können, gibt es für Azubis kaum entsprechende Angebote. Einen Ausweg könnte die Umnutzung einer alten Kaserne in der Notke­straße bieten. Doch die Realisierung gestaltet sich kompliziert: Zuständigkeiten sind unklar, die Sanierung ist teuer und am Ende bleibt ungewiss, ob das Projekt überhaupt kommt.

WG-Zimmer sind kaum bezahlbar, eigenständige Wohnungen für Auszubildende noch weniger. Laut Handwerkskammer gibt es in Hamburg 28.000 Azubis, doch nur drei Prozent von ihnen haben Zugang zu subventioniertem Wohnraum – bei Studierenden sind es immerhin acht Prozent.

Im Koalitionsvertrag hatte der rot-grüne Senat 2020 versprochen, bis 2030 insgesamt 2.500 Wohnplätze für Azubis zu schaffen. Bisher ist nur ein Fünftel davon realisiert. Das Bundesbauministerium fördert zwar seit 2023 mit 500 Millionen Euro unter dem Programm „Junges Wohnen“ den sozialen Wohnungsbau für junge Menschen, doch ohne eine bundesweite Koordinierungsstelle für Azubi-Wohnen laufen Fördermittel ins Leere.

In Hamburg besteht nun eine kleine Hoffnung auf günstigen Wohnraum für Azubis: Seit 13 Jahren steht die ehemalige Kaserne aus dem Ersten Weltkrieg im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld leer.

Nur drei Prozent der Auszubildenden haben Zugang zu subventioniertem Wohnraum

Das Kasernen­areal, welches ehemals in Besitz des Bundes war, hat eine bewegte Geschichte hinter sich: In der Nachkriegszeit wurde es als Standort für die Zigaretten- und Schokoladenherstellung genutzt. Von 1952 bis 2011 waren das Technische Hilfswerk (THW) und danach kurzzeitig der TÜV Nord im Hauptgebäude des Kasernengeländes an der Notkestraße ansässig. Die Linksfraktion im Bezirk Altona drängt seit Jahren auf eine Nutzung für sozialen Wohnraum. Das Problem: Die Zuständigkeiten sind ein Wirrwarr.

Zwar hat Hamburgs Finanzbehörde das Gebäude 2020 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erworben, doch bei der Umnutzung sind gleich mehrere Behörden involviert – die Schulbehörde, die Stadtentwicklungsbehörde und die Finanzbehörde.

Letztere will das Gebäude sanieren. Doch wann es tatsächlich losgeht, bleibt vage. Eine Ausschreibung sei „in Vorbereitung“, heißt es. Ursprünglich sollte die Kaserne in das Stadtentwicklungsprojekt Science City Bahrenfeld rund um das Gelände des Forschungszen­trums Desy integriert werden. Dieser Plan wurde jedoch verworfen.

Karsten Strasser, Vorsitzender der Linken-Bezirksfraktion in Altona, kritisiert die Verzögerungen: „Der rot-grüne Senat hat das Gebäude jahrelang verfallen lassen. Jetzt ist der Zustand so schlecht, dass ein Abriss droht.“ Strasser bezweifelt, dass ein privater Investor das Projekt stemmen kann, wenn die öffentliche Hand bereits scheitert.

Viele Projekte bleiben auf der Strecke

Viele leer stehende Immobilien in Hamburg sind zwar in öffentlicher Hand, doch Brandschutzauflagen und Bebauungspläne verhindern oft eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung. Selbst mit Fördermitteln des Bundes bleiben viele Projekte auf der Strecke.

Lichtblicke für junge Azubis gibt es vereinzelt. Projekte wie das Bildungshaus+ in der ­Fabriciusstraße und das Onboarding-Haus am Friedrich-Ebert-Damm gehen in die richtige Richtung. Seit 2023/24 sind 144 neue Azubi-Wohnplätze in Altona entstanden – viel zu wenig, um den Bedarf zu decken.

Das eigentliche Problem bleibt ungelöst: Ohne klare Zuständigkeiten und eine entschlossene Trägerstruktur wird das Azubi-Wohnen in Hamburg kaum vorankommen. Dabei ist die duale Ausbildung für die Fachkräftesicherung essenziell. Doch ohne bezahlbare Unterkünfte bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt.

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