Frühjahrsprognose von Konjunkturforscher: Das Ende der Wirtschaftsflaute ist in Sicht
Das Investitionspaket des Staates schiebt die kriselnde Wirtschaft bald an, erwartet Ökonom Sebastian Dullien. Ein Selbstläufer sei das aber nicht.
Die Ökonom:innen gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aufgrund der Investitionen – nach einem leichten Minus in diesem Jahr – 2026 um 1,7 Prozent wächst. Die Folgen der Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump sind in dieser Prognose berücksichtigt. Die Berechnung unterstellt, dass die angedrohten Zölle aufgrund von Nachverhandlungen auf der Hälfte der von Trump angekündigten Höhe liegen werden.
Bundestag und Bundesrat haben in der vergangenen Woche den Weg für eine hohe Kreditaufnahme und damit für hohe Investitionen freigemacht. Neben dem faktischen Aussetzen der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben will der Staat in den kommenden zwölf Jahren 500 Milliarden Euro in die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur stecken. Das Geld soll unter anderem in die Reparatur von Straßen und Schienen oder den Ausbau von Stromnetzen und Häfen fließen. Wie genau die Mittel verteilt werden, wird der neue Bundestag entscheiden.
Das Finanzpaket bedeute eine „grundlegende Wende für die deutsche Wirtschaft“, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien bei der Vorstellung der Konjunkturprognose am Donnerstag. Die deutsche Wirtschaft hat zwei Jahre Rezession hinter sich, auch aufgrund der restriktiven Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand. Für dieses Jahr rechnen die Konjunkturforscher:innen mit 12 Milliarden Euro, die der Staat aufgrund des Finanzpakets zusätzlich für die Modernisierung der Infrastruktur, für den Klimaschutz und vor allem für das Militär ausgibt.
Besserung ab dem 2. Quartal
Trotzdem wird die Wirtschaft nach ihren Berechnungen mit einem Minus von 0,1 Prozent des BIP nochmals leicht schrumpfen. Grund dafür ist die schwache Konjunktur in diesem Winter. Die deutschen Exporte sind gegen Ende 2024 und zu Beginn dieses Jahres stark zurückgegangen.
Ab dem zweiten Quartal 2025 – also innerhalb der nächsten drei Monate – wird sich die Lage ändern, prognostiziert das IMK. Für das Jahr 2026 gehen die Ökonom:innen von zusätzlichen öffentlichen Investitionen in Höhe von 29 Milliarden Euro aus, dann vor allem für die Infrastruktur. Das führt zu einer steigenden Nachfrage und, durch die besseren wirtschaftlichen Aussichten, zu mehr privaten Investitionen, so die Erwartung.
Ein Selbstläufer sei das aber nicht, warnte IMK-Direktor Dullien. „Es ist zentral, dass die Politik Vertrauen schafft und sichert, dass das viele Geld effektiv in die wirklich vordringlichen Projekte investiert wird“, sagte er. Diese Projekte müssten auch zügig umgesetzt werden können. „Hier ist die Regierung gefragt, wo immer möglich, Planungsverfahren zu straffen“, forderte er. Dazu gehöre, die involvierten Behörden zu digitalisieren und personell angemessen auszustatten.
Damit die Impulse nicht konterkariert werden, müssen nach Auffassung des Konjunkturforschers bei der Auftragsvergabe auch gute Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden, etwa eine Tarifbindung. „Und wilde Kürzungsdebatten bei der sozialen Sicherung, wie wir sie im Wahlkampf gesehen haben, würden genau in die falsche Richtung führen“, betonte er.
Dass die öffentlichen Investitionen zu einer drastischen Steigerung der Preise führen, erwarten die Ökonom:innen nicht. Sie gehen für 2025 und 2026 von einer Inflation von 2 Prozent aus, was dem politischen Ziel der Europäischen Zentralbank entspricht.
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