BSW offiziell nicht im Bundestag: Bestes Ergebnis, schlechteste Begründung
Diese Woche: Das Comeback der Brunftboys, das Scheitern der Sahra Wagenknecht, ein randalierender Merz und ein Labor in Wuhan.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Blutjunger Kanzler – zum Klimaschutz gezwungen“.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Guter Wille.
taz: Der feministische Kampftag ist vorbei. Erleben wir von Musk bis Merz die Rückkehr des gekränkten Manns?
Küppersbusch: Ich verbitte mir, mit Musk und Merz in einen chromosomischen Zusammenhang gestellt zu werden. Das Comeback der Brunftboys beweist, dass es Männern nicht gelungen ist, ihre Definition in die eigenen Hände zu nehmen.
taz: Das BSW ist, gerichtlich bestätigt, im neuen Bundestag nicht mehr vertreten. Schade?
Küppersbusch: Bestes Ergebnis, schlechteste Begründung. Nun werden Verfassungsänderungen, Schuldenrekorde und vielleicht noch eben die Wehrpflicht durch ein Bastelparlament geschleust, das mit Einmachgummis und Spucke mal so gerade ein paar Abstimmungen lang hält. Die alte Mehrheit ist ein Zombie, die neue womöglich ein Irrtum. Das korrekte Wahlprüfungsverfahren kann durchaus noch die 5 Prozent für das BSW bringen, nur dass der Kölner Keller diesmal zwei Jahre für den Videobeweis braucht. Das Programm des BSW ist aus Altparteien gesampelt, der Angriff auf AfD-Wählende beeindruckend gescheitert. Nicht schade um die Partei, sehr schade um die 4,98 Prozent Glaubwürdigkeit der Demokratie.
taz: Die Grünen haben dem Finanzpaket der neuen Bundesregierung zugestimmt. Haben sie gut gepokert oder sich übern Tisch ziehen lassen?
Küppersbusch: Merz lässt sich dafür feiern, dass er alles falsch macht; die Grünen werden dafür gedisst, was sie alles richtig machen. Wunderschön. So geht’s zu im grauen Hausmeisterkittel, den sonst die SPD trägt. Wo man ohne die hinkommt, hat die FDP gerade ausprobiert. Nun können die Grünen sich mit mehr Geld für den Klimaschutz schmücken, mit präziseren finanzpolitischen Regelungen. Und ihre Großeltern erschrecken: Guck mal, wir haben mehr Kohle für Rüstungsprojekte, Nachrichtendienste und Bunkerbau rausgeholt! Klingt nicht, als müsste man die Union dazu lange überreden. Für den nie erfüllten Traum von Schwarz-Grün gibt es also ein Leben nach dem Tod.
taz: Das Sondierungspapier von CDU und SPD wird von allen Seiten kritisiert, über Friedrich Merz wurde gespottet: Er kann es nicht. Nach der Einigung am Freitag: Wird Friedrich Merz unterschätzt?
Küppersbusch: Nicht von sich. Wo Olaf Scholz sich fast in die Unsichtbarkeit moderierte, randaliert Merz irgendwelche Positionen raus, die sein Pflegepersonal dann umsichtig wieder einsammeln muss. Im Ergebnis bleiben beide Regierungsstile mangelhaft: Den einen sieht man nicht, dem anderen vertraut man nicht.
taz: Trump schreddert Wirtschaft, Demokratie und überhaupt alles. Warum ist der Protest in den USA im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit so leise?
Küppersbusch: Weil die Democrats ihre Warnungen im Wahlkampf selbst nicht geglaubt haben.
taz: Der US-Außenminister scheint bei Putin abgeblitzt zu sein. Wer kann den Mann in Moskau dazu bringen, den Krieg zu beenden?
Küppersbusch: China. Putin testet aus, wie man mit den neuen USA Jo-Jo spielen kann; jeder gewonnene Tag ist für ihn ein begradigter Frontverlauf. Er weiß, dass die Trump-Administration keine Zusammenarbeit mit China wagen würde – auch nicht, um Putin zu isolieren. So lange macht er weiter.
taz: Corona soll jetzt doch aus einem Labor in Wuhan gekrochen sein. Hätten Angela Merkel und Olaf Scholz die Wahrheit sagen müssen?
Küppersbusch: „Kann sein, vielleicht, weiß auch nicht so genau“, das sind genau die O-Töne, die ein grundverunsichertes Land in so einer Situation gebrauchen kann. „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“, hatte Innenminister de Maizière mal vorgeführt. Im Nachhinein allerdings sollte man zugeben, damals mit Wahrscheinlichkeiten jongliert zu haben und sehr viel genauer gewusst zu haben, dass man nichts wusste. Es gab eine starke Vermutung des BND gegen ein chinesisches Labor, es gab plausible Annahmen von Drosten und anderen über natürliche Mutation. Doch Altkanzlerin Merkel verweist nun auf Dokumente in Olaf Scholz’ Büro, und Scholz wiederum wurde offiziell erst bei Amtsantritt informiert. Die Aufarbeitung der Coronamaßnahmen hatten wir uns etwas konkreter vorgestellt.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Eine kleine Nazidemo, eine weit größere Gegendemo und 19.300 Fans auf dem Weg zum Heimspiel gegen Dresden. Soll ein lebhafter Nachmittag im Hauptbahnhof gewesen sein.
Fragen: Doris Akrap und Julia Schöpf
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