TV-Serie über Geister in der ARD: Zum Lachen in den Keller gegangen
In „Ghosts“ trifft ein Paar schräge Geister. Das ist ein bisschen lustig, aber im Vergleich zur britischen Vorlage ziemlich bieder.

Ein junges Paar erbt – und kann sein Glück kaum fassen: Nach dem Tod einer entfernten Tante ist Emma (Cristina do Rego) plötzlich Besitzerin eines imposanten Anwesens. Zugegeben, das alte Herrenhaus hat seine besten Tage hinter sich, aber das ist nichts, was ihr Freund Felix (Benito Bause), selbsternannter Heimwerkerkönig, nicht in den Griff bekäme.
Zumindest glaubt er das. Dass es nicht unbedingt ratsam ist, als Laie an Strom-, Gas- und Wasserleitungen herumzudoktern, muss Emma am eigenen Leib erfahren, als sie ein elektrischer Schlag ins Koma versetzt. Oder waren doch übernatürliche Kräfte für den Unfall verantwortlich?
Möglich wäre es, denn feststeht: Das jahrhundertealte Gebäude ist keineswegs unbewohnt. Geister treiben hier ihr Unwesen – und Emma kann sie nun, nach ihrer Nahtoderfahrung, sehen. Mit dieser Prämisse startet die neue ARD-Serie „Ghosts“. Wobei „neu“ hier großzügig ausgelegt werden muss.
Die sechs, unter der Regie von Erik Haffner entstandenen Folgen, beruhen auf der gleichnamigen britischen BBC-Erfolgsserie (fünf Staffeln), die bereits ein US-Remake (vier Staffeln) sowie eine französische und eine australische Version hervorgebracht hat.
„Ghosts“: ab sofort in der ARD-Mediathek
Der Boom von „Remakes“, „Reboots“ und „Revivals“ macht auch vor dem deutschen Fernsehen nicht halt – nur dauert es eben ein paar Jahre länger, bis sich Trends auch hierzulande durchsetzen.
Sechs Jahre nach britischer Erstausstrahlung hat die deutsche Adaption dem erprobten Konzept allerdings wenig hinzuzufügen. Das Ensemble an skurrilen Spukgestalten, mit denen Emma und Felix das Haus teilen, bleibt nah am britischen Original – und sorgt für ähnliche, nur eben nicht ganz so witzige Verstrickungen.
Dichter Friedrich (Alexander Khuon) etwa verliebt sich unsterblich in Emma, sabotiert intime Momente mit Felix und will sie gar zum romantisch-verklärten „Freitod“ überreden – ganz im Geiste des 18. Jahrhunderts. Gräfin Adelheid (Antje Widdra) hingegen bringt vor allem ihren Zimmergenossen, den römischen Legionär Claudius (Max Giermann), um den Schlaf, indem sie jede Nacht zur exakt gleichen Uhrzeit aus dem Fenster springt.
Pfeil im Hals
Eine Marotte mit tragischem Hintergrund, die in Rückblenden gemeinsam mit den Todesumständen der anderen Geister enthüllt wird: In den sechs Folgen geht es darum, warum ausgerechnet der unablässig für „gewaltfreie Kommunikation“ werbenden Lehrerin Svenni (Sina Tkotsch) ein Pfeil im Hals steckt, oder weshalb die rußige Magd Griet (Meltem Kaptan) selbst im Nachleben noch so abergläubisch ist.
Wo das Original noch beißenden Humor und Tempo besaß, wirkt die deutsche Adaption oft fahrig und unentschlossen. Die Gags zünden selten und der Ton schwankt zwischen Slapstick und angestrengt tiefsinnigen Momenten. Besonders die angestrebten „großen Botschaften“ über Liebe und Akzeptanz fühlen sich mehr nach Pflichtübung als nach organischem Storytelling an.
Als Emma und Felix ihr Anwesen für eine queere Hochzeit vermieten, rümpft Gräfin Adelheid zunächst die Nase über das lesbische Brautpaar, nur um sich in letzter Minute zur Verfechterin der bedingungslosen Liebe zu wandeln. Statt scharfem Humor gibt es weichgespülte Läuterungen.
Anstelle solch oberflächlicher TV-Didaktik hätte mehr Wagemut gutgetan. Stattdessen wird aus der Vorlage der schmierige Versicherungsvertreter Joachim (Sebastian Schwarz), der zu Lebzeiten Pornokassetten und Saunaclubs liebte – und nun mit Sexwitzchen auf Stammtischniveau aufwartet. Auch ein Ausdruck deutscher Biederkeit.
„Ghosts“ ist eine gut gemeinte und ganz charmante, vor allem aber eine schale Adaption. Sie erreicht weder die Frische des Originals noch eine eigenständige Identität.
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