: „Bedrohung fürs Miteinander“
Demo am Samstag gegen die Kürzungspolitik: Sprecherin Verena Bieler über „Berlin ist #unkürzbar“
Interview Marie Gönnenwein
taz: Frau Bieler, warum gehen Sie gegen die Kürzungspolitik des Senats auf die Straße?
Verena Bieler: Weil die aktuellen Kürzungen eine Bedrohung für das soziale Miteinander in dieser Stadt sind. Kultur, Soziales, Hochschulen, Bildung, und der Klimaschutz werden dem Spardiktat unterworfen. Dagegen stehen wir gemeinsam auf, weil alles zusammengehört: Wenn ein Kunstprojekt für Jugendliche gestrichen wird, hat das auch Auswirkungen auf die soziale Arbeit, die Eltern haben ein Betreuungsproblem oder die Jugendlichen landen auf der Straße.
taz: Bedrohen die Kürzungen den sozialen Zusammenhalt?
Bieler: Ja, weil gerade da gekürzt wird, wo die Menschen mit normalem oder niedrigem Einkommen es am meisten brauchen. Und wir werden gegeneinander ausgespielt: „Wenn wir diesem Bereich etwas geben, müsst ihr dafür etwas abgeben.“ Durch Kürzungen wird die soziale Ungleichheit immer größer.
taz: Aber muss Berlin nicht sparen?
Bieler: Nein. Deutschland ist ein reiches Land. Aber der Reichtum ist falsch verteilt. Wir brauchen endlich eine anständige Besteuerung von hohen Einkommen und den Superreichen und können uns Prestigeprojekte wie die NFL oder den A100-Ausbau sparen.
taz: War es schwer, die Betroffenen der Kürzungen in einem Bündnis zusammenzubringen?
Bieler: Wir führen mit der Demo weiter, was das Bündnis #Unkürzbar letztes Jahr begonnen hat. Die meisten, die das hier stemmen, tun das ehrenamtlich, wobei auch größere Player ihre Ressourcen zur Verfügung stellen. Schwierig ist es, den Menschen Hoffnung zu geben, deren Batterien schon so leer sind, dass sie sich gar nicht mehr auflehnen können. Das Bündnis „Berlin steht zusammen“ ist auch dabei. Und wir stehen solidarisch hinter der BVG, hinter den Menschen, die uns jeden Tag durch die Stadt fahren. Sie werden auch am Samstag einen Redebeitrag haben.
taz: Was fordert ihr konkret?
Bieler: Wir fordern eine offene Diskussion über Alternativen zu den Kürzungen. Und wir fordern, dass endlich transparent mit uns Betroffen gesprochen wird, anstatt über uns. Es ist wichtig, dass Betroffene und Experten gehört und einbezogen werden. Wir fordern, dass der Reichtum, der da ist, im Sinne der sozialen und kulturellen Belange in dieser Stadt umverteilt wird. Deshalb auch die Demo noch vor der Bundestagswahl.
taz: Warum braucht es Demonstrationen?
Bieler: Um zu zeigen, dass wir viele sind. Um ein Zeichen zu setzen, sichtbar zu werden und Räume der Begegnung zu schaffen. Sie können aber immer nur ein Startschuss sein. Wir haben viel vor: Wir müssen jetzt den Druck aufbauen, damit der Senat und das Abgeordnetenhaus ernsthaft Alternativen diskutieren, statt die Kürzungen als alternativlos darzustellen.
Demonstration gegen die Kürzungspolitik des Senats, Samstag ab 14 Uhr, Rotes Rathaus
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