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Lautsprecher für Rechtsextreme

In den USA und Deutschland manipulieren Techplattformen und Medienkonzerne von Superreichen die Öffentlichkeit

Von Ute Scheub

Ein Handbuch für angehende Diktatoren würde raten: Hebe als Erstes die Gewaltenteilung auf und bringe Medien und Justiz unter deine Kontrolle! Außerdem lenke den Blick der Menschen weg von den Mächtigen und Milliardären und richte ihn auf Sündenböcke – ethnische und religiöse Minderheiten, Arme und ­Geflüchtete. So verhielt sich Hitler. So war es beim Antritt rechts­populistischer Regierungen in Polen, Ungarn und anderswo. So agiert die AfD – und so handelt US-Präsident Donald Trump zusammen mit ­seinem gefährlichsten Lautsprecher, dem rechtsextremen Milliardär und Staatszertrümmerer Elon Musk.

Schon vor Trumps Wahl war der Zustand der Medien in den USA ­besorgniserregend. Be­ob­ach­te­r:in­nen sehen im Mangel an öffentlich-rechtlichen Sendern und neutral ­berichtenden Medien sogar einen der Hauptgründe für Trumps Triumph. Dort, wo Behörden nicht mehr durch lokale Re­por­te­r:in­nen beobachtet werden, grassieren Korruption, Umweltvergehen, Wirtschaftskriminalität und Extremismus. Auch auf nationaler Ebene gibt es fast nur noch parteiliche, also verzerrt berichtende Medien. Das ist etwa der Sender Fox, der dem australischen Medienmogul und Mil­liardär Rupert Murdoch gehört. Nicht zufällig sitzen in Trumps Regierung zwei frühere Fox-Moderatoren: Verteidigungsminister Pete Hegseth und Verkehrsminister Sean Duffy.

Noch viel mächtiger sind die Digitalplattformen aus dem Silicon Valley, die längst zu Inhalts- und Trafficmonopolen geworden sind. Misst man die Zeit, die User mit diesen Medien verbringen, übertreffen Google/Youtube, Facebook/Whatsapp/Instagram bei Weitem alle Zeitungen und Sender. Weil analoge Geschäftsmodelle immer weniger Gewinn einbringen, gehen viele Redaktionen über die sogenannten sozialen Medien online, die besser ­asoziale Medien genannt werden sollten. Um Nutzende möglichst lange auf der Plattform zu halten, veränderte Facebook 2017 den Algorithmus für den Newsfeed. Inhalte, die für Empörung, Wut und Hass sorgen, werden nun automatisch nach oben gespült. Das radikalisiert und polarisiert die Diskurse. Besonders grauenhaft waren die Auswirkungen in Myanmar: Hetzbotschaften auf Facebook lösten Pogrome gegen die islamische Minderheit der Rohingya aus.

Diese Entwicklung setzt sich unbegrenzt und in zunehmender Geschwindigkeit fort. Im Herbst 2022 kaufte Elon Musk Twitter und hob alle Beschränkungen für Fake News, Lügen, Hass und Hetze auf. Inzwischen streckt der reichste Mann der Welt Gerüchten zufolge seine Fühler in Richtung Tiktok aus, das einem chinesischen Milliardär gehört. Darüber hinaus möchte Musk auch OpenAI und andere Unternehmen im Bereich künstlicher Intelligenz seinem Imperium einverleiben.

Längst sind politische und me­dia­le Macht zu einem Amalgam verschmolzen. Facebook-Chef Marc Zuckerberg machte einen Bückling vor Trump und schaffte die Kontroll­regeln für seine Plattform ebenfalls ab. Flutet das Internet mit Scheiße!, hatte Trumps früherer Chefstratege Steve Bannon gefordert – und nach dieser Devise wird seither verfahren. Die „Scheiße“, das ist die Hetze gegen Minderheiten und Migrant:innen. Schließlich gibt es keine wirksamere Ablenkung von der schamlosen Bereicherung, die Milliardäre und Fossilfaschisten derzeit betreiben.

In den vergangenen Jahren hat die Medienkonzentration bedrohlich zugenommen

All das schwappt auch nach ­Europa und Deutschland herüber. Die AfD will die öffentlich-rechtlichen Anstalten abschaffen, am besten schon gestern. Gleichzeitig hat die Medienkonzentration in den vergangenen Jahren bedrohlich zugenommen. Ein Großteil der Unternehmen ist abhängig von superreichen Fa­milien wie Mohn/Bertelsmann, Springer/Döpfner, Bauer, Burda und Holtzbrinck. Unabhängige Zeitungen und Zeitschriften sterben, Lokalredaktionen werden ausgedünnt oder abgewickelt. Der Bund der deutschen Zeitungsverleger warnt, dass schon in diesem Jahr 40 Prozent der Kommunen zu einer Nachrichtenwüste werden könnten, weil über ihre Angelegenheiten nicht mehr berichtet wird.

Was wäre der Ausweg? Den finden Sie auf der letzten Seite dieser Beilage der taz Panter Stiftung.

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