: Nun privat: @tazgezwitscher
Wie wir als taz zu X und anderen Plattformen in der Welt der sozialen Medien stehen
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Von Anna Böcker
Es sollte sowieso nicht möglich sein, dass sich eine einzelne Person globale Kommunikationsinfrastruktur kaufen und für ihre Zwecke nutzen oder vor die Hunde gehen lassen kann. Zwar hatte Twitter schon ein ernsthaftes Naziproblem, ehe Elon Musk es gekauft und zu X gemacht hat. Aber jetzt ist die Hassflut einfach nur noch grotesk. Dazu nutzt Musk seine Plattform, um den deutschen Wahlkampf zugunsten der AfD zu beeinflussen.
Aus Protest und Selbstschutz kehren viele User_innen und Institutionen X den Rücke und verstreuen sich auf andere Plattformen. Andere wollen sich nicht vertreiben lassen und mit Widerspruch sichtbar bleiben. Weiterhin tauschen sich marginalisierte und global vernetzte Communitys auf X aus, die das nicht einfach auf eine andere Plattform verschieben können. Denn für ein über viele Jahre gewachsenes Netzwerk gibt es nicht von heute auf morgen einen Ersatz.
Auch in der taz haben wir die Entwicklung auf X und unseren Umgang damit intensiv diskutiert. Manche sagen, wir hätten X schon lange verlassen sollen, andere finden, wir sollten dort weiterhin Präsenz zeigen. Inzwischen posten viele taz-Accounts und taz-Kolleg_innen nicht mehr auf X. Denn der Nutzen ist – im Vergleich zum Aufwand, diese Accounts zu pflegen – bescheiden.
Für unseren Hauptaccount, das @tazgezwitscher, haben wir uns zunächst für eine dritte Option entschieden: Der Account ist nun privat gestellt. Das heißt, wer noch auf X aktiv ist und dort linke Inhalte sehen will, bekommt von uns weiter Stoff. Nazis und Trolle blocken wir. Sie können nicht mehr auf unsere Inhalte zugreifen. So haben wir zwar weniger Reichweite, vor allem aber auch weniger toxische Reichweite. Wer sich die taz bislang nur vom Algorithmus ausspielen lässt, kann uns eine Followanfrage stellen. Kurz: Solange wir noch dort sind, machen wir es uns ein wenig gemütlicher.
Es gibt allerdings bessere Orte: Wir haben Profile auf Mastodon und Bluesky, die sich für uns als gute X-Alternative entwickeln. Da mussten natürlich auch die User_innen mitziehen: Auf Mastodon folgen uns inzwischen 68.000 Accounts, auf dem schnell wachsenden Bluesky 45.000. Unser Anspruch ist es, dass Leute unseren Inhalten dort begegnen können, wo sie sich im Netz herumtreiben. Es bringt ja nichts, nur Selbstgespräche zu führen.
Weil wir möchten, dass linke Perspektiven von möglichst vielen Menschen wahrgenommen werden, sind wir auch auf Plattformen vertreten, über die wir in der taz kritisch berichten. Auch Instagram, Facebook und TikTok sind ja hochproblematisch. Gleichzeitig erreichen wir dort viele Menschen, denen es nicht unbedingt in den Sinn kommt, eine Zeitung aus Papier zu kaufen oder auf unseren Websites taz-Journalismus zu verfolgen.
Die Nachrichtennutzung vor allem der Jüngeren verschiebt sich ja inzwischen deutlich in Richtung Social Media. Dort nicht präsent zu sein, wäre ein aktiver Verzicht darauf, sie mit unseren tazzigen Inhalten überhaupt erreichen zu können. Ein Beispiel: Unser Post über die Linken-Politikerin Heidi Reichinnek erreichte auf Instagram mehr als 600.000 Accounts.
Auf allen Social-Media-Plattformen können wir Austausch schaffen zwischen Menschen, der kritisch und subversiv sein kann und mit dem man auch viel Spaß haben kann. Durch das Schloss vor @tazgezwitscher hoffen wir, dass X wieder mehr Spaß macht. Besser bleibt: Folgen Sie uns da, wo eine Plattform eine bessere Perspektive hat.
Anna Boeckerist seit 2019 in der Leitung des taz-Teams für Social Media und die Kommune.
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