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Streit um Landreform

In Südafrika droht ein Koalitionsbruch, weil die Regierungspartei Land verstaatlichen will. Die USA setzen die Regierung unter Druck und stoppen Finanzhilfen

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa kämpft seit Jahren für die Landreform Foto: Ntsika Ndzende/imago

Aus Johannesburg Tintswalo Baloyi

Pünktlich zur bisher schwersten Krise der Koalitionsregierung in Südafrika haben die Beziehungen zu den USA einen Tiefpunkt erreicht. US-Präsident Donald Trump verkündete am Montag das Ende jeglicher Finanzhilfen für Südafrika. Er reagierte damit auf ein Landenteignungsgesetz, das Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa Ende Januar in Kraft setzte.

Das Gesetz errichtet einen Rahmen für Zwangsverkauf von Land an den Staat. Denn in Südafrika verbleibt auch über 30 Jahre nach Ende der Apartheid ein Großteil des Agrarlandes in den Händen weißer Großgrundbesitzer. Das soll sich ändern.

Doch nun wirft Trump Südafrika vor, „fürchterliche Dinge“ zu tun. „Südafrika beschlagnahmt Land und behandelt gewisse Menschen sehr schlecht“, tönte er. „Die Vereinigten Staaten werden das nicht hinnehmen. Wir werden handeln. Und ich werde alle weiteren Gelder für Südafrika aussetzen, bis eine vollständige Untersuchung dieser Lage abgeschlossen ist.“

Die Drohungen haben Südafrika schockiert. Die Landeswährung Rand fiel auf einen Tiefpunkt von 19:1 zum US-Dollar. Politiker waren empört. Supra Mahumapelo, Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Auslandsbeziehungen, sagte: „Präsident Trump findet einfach, dass Schwarze Südafrikaner, denen Land einst mit Gewalt genommen wurde, nun von der gewählten demokratischen Regierung im Stich gelassen werden sollen.“

Bergbauminister Gwede Mantashe, zugleich Vorsitzender des regierenden ANC (African National Congress), drohte mit Gegenmaßnahmen. Auf der jährlichen Bergbaumesse Mining Indaba in Kapstadt sagte er: „Wenn sie uns kein Geld geben, geben wir ihnen keine Bodenschätze.“

Trumps Haltung wird auf Lobbyarbeit weißer Unternehmer zurückgeführt. Auch der Name Elon Musk, der in Südafrika geboren wurde, wird genannt. Trumps übliches Druckmittel von Zöllen hätte die weiße Geschäftswelt Südafrikas getroffen – Absage von Entwicklungshilfe schadet hauptsächlich der Schwarzen Bevölkerung. Denn US-Hilfen für Südafrika bestehen nach Regierungsangaben derzeit ausschließlich aus Finanzierung von Aidsmedikamenten für HIV-Aids-Kranke über das US-Programm Pepfar (US President’s Emergency Plan for AIDS Relief).

Das Landenteignungsgesetz, das nach fünf Jahren Beratungen entstand, ist auch innerhalb Südafrikas umstritten. Es ersetzt das geltende Gesetz von 1975, also aus der Apartheidszeit, und erlaubt staatlichen Behörden auf allen Ebenen, „im öffentlichen Interesse Land aus unterschiedlichen Gründen zu enteignen, unter anderem zur Förderung der Inklusivität und des Zugangs zu natürlichen Ressourcen“, wie das Büro von Präsident Ramaphosa erläutert.

Land ist in Südafrika ein sehr emotionales Thema. Die Mehrheit der Schwarzen hat keinen Landbesitz, das Agrarland bleibt zu 90 Prozent im Eigentum von Weißen, auch über 30 Jahre nach Ende der Rassentrennung. Südafrikas zweitgrößte Partei, die liberale DA (Democratic Alliance), die seit 2024 in Südafrikas Regierung sitzt, gilt als Interessenvertretung der Weißen. Sie hat nun gedroht, die Koalition aufzukündigen – und bekommt nun Schützenhilfe von Trump.

Die DA hat zunächst eine bei der Bildung der Regierung eingerichtete Prozedur aktiviert, die bedeutet, dass die Koalition keine Beschlüsse mehr fasst, bevor der beanstandete Streitpunkt ausgeräumt ist. Das betrifft aktuell ein Vorhaben zur Einführung einer allgemeinen öffentlichen Krankenversicherung.

Wütend ist die DA unter anderem, weil Ramaphosa das Landgesetz in Kraft setzte, ohne das zuständige Ministerium zu informieren. DA-Führer John Steenhuisen ist Landwirtschaftsminister in Südafrikas Koalition.

Ebenfalls gegen das neue Gesetz ist die radikale weiße Splitterpartei FF+ (Freedom Front Plus), eine Splitterpartei von Burenfarmern, sowie die Zulu-Partei IFP (Inkatha Freedom Party). Sie sitzen beide ebenfalls in der Regierung. Die IFP sagte, das Gesetz untergrabe das Konsens­prinzip in der Koalition. FF+-Präsident Pieter Groenewald, Minister für Strafvollzug, will Verfassungsbeschwerde einreichen: „Alle Südafrikaner haben das Recht auf Eigentum, und die Regierung hat kein Recht, es ohne Entschädigung zum Marktwert zu enteignen“, sagte er.

Radikale Schwarze Oppositionsparteien hingegen finden, das neue Gesetz geht nicht weit genug. Die linke EFF (Economic Freedom Fighters) verlangt Enteignungen ganz ohne Entschädigung. „Mit dem Enteignungsgesetz will der ANC bloß das Volk täuschen“, erklärte die Partei. Die ANC-Abspaltung MK (uMkhonto weSizwe) von Expräsident Jacob Zuma moniert „fortdauernde Ungerechtigkeit und Verrat des Kampfes für echte Landrückgabe“.

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