piwik no script img

Umgang mit SpendengeldernVorwürfe gegen BSW-Kandidaten

Sachsens BSW-Spitzenkandidat Marcel Machill ist auch Leipziger Journalistikprofessor. Nun werden Vorwürfe laut, er habe Zahlungen zu Unrecht als Spende deklariert.

Marcel Machill wird vorgeworfen, er habe Zahlungen nicht ordentlich deklariert Foto: Sebastian Willnow/dpa

Dresden taz | Nur drei Wochen nach seiner Nominierung zum sächsischen Spitzenkandidaten des BSW für die Bundestagswahl werden Vorwürfe gegen den Leipziger Jour­na­lis­tik­professor Marcel Ma­chill laut. Er soll möglicherweise Gelder zu Unrecht als Spende deklariert haben.

Hintergrund ist ein von der Leipziger Universitätsgesellschaft gefördertes Projekt namens „Lehrredaktion Campus“: Studierende sollen das journalistische Handwerk erlernen, ihre Arbeiten wurden anschließend in der Leipziger Volkszeitung (LVZ) gedruckt. Nach der Veröffentlichung überwies die Zeitung dem Verein einen vierstelligen Betrag. Und Machill, verantwortlich für das Projektkonto, stellte Rechnung und Spendenbescheinigung aus.

Für eine Spende aber darf keine Gegenleistung erbracht werden – was im Fall der Veröffentlichungen zumindest fraglich ist. Insgesamt soll Machill bis zu 33.500 Euro zu Unrecht als Spende deklariert haben. Leipziger Universitätsgesellschaft könnte deshalb die Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohen. Machill selbst bestreitet die vom MDR-Magazin „Exakt“ erhobenen Vorwürfe.

Ebenfalls am Mittwoch deckte die Leipziger Volkszeitung auf, dass die BSW-Aufstellungsversammlung für ihre sächsischen Bundestagskandidaten an der Leipziger Universität Anfang Januar weder bei deren Leitung angemeldet noch genehmigt worden war. Machill war dort von drei Vierteln der anwesenden 79 Parteimitglieder zum Spitzenkandidaten gewählt worden. Die Zeitung zitiert einen „verärgerten“ Universitätssprecher Carsten Heckmann. Machill habe sich inzwischen entschuldigt.

Kritik an Berufung

Pikanterweise haben die MDR-Journalisten selbst am Leipziger Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft und teilweise bei Machill studiert. Der Harvard-Absolvent war er 2002 mit hohen Erwartungen begrüßt worden. Inzwischen gilt er als ausgesprochen unpopulär und wenig reformfreudig.

Kritik gibt es an geringer Publikationszahl, mangelhafter Drittmitteleinwerbung und angeblich unverhältnismäßigen Reisen. Machills ehemaliger Kollege und Mitglied der Berufungskommission, Rüdiger Steinmetz, bezeichnet ihn im MDR als „Blender“ und seine Berufung als Fehler.

Einer steilen BSW-Karriere stand dieser Ruf nicht im Wege. Vor seinem Sprung auf Platz eins der Landesliste für die Bundestagswahl fiel der erst im Juni in die Partei eingetretene Machill als „Chefberater“ für die „Brombeer“-Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD auf.

„Geschlossen“ hinter Machill

Anders als in Thüringen und Brandenburg scheiterten die sächsischen Gespräche trotz guten Vorlaufs in letzter Minute. „Das lag nur an einer Person“, hört man übereinstimmend aus CDU- und SPD-Kreisen, sogar von BSW-Mitgliedern selbst. Dass damit Machill gemeint ist, sagt niemand laut. Dieser soll inzwischen zu den engsten Vertrauten von Sahra Wagenknecht zählen.

Die sächsische Parteispitze weist auf taz-Anfrage alle Vorwürfe gegen den Medienprofessor zurück. „Derartige persönliche Herabwürdigungen haben im Wahlkampf nichts verloren“, so Landes- und Parteichefin Sabine Zimmermann. Ihr Co-Vorsitzender Jörg Scheibe verweist auf den laufenden Wahlkampf, „wenn aus über zehn Jahre alten Belegen etwas konstruiert wird“. Man stehe „geschlossen und uneingeschränkt hinter unserem Spitzenkandidaten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Gut, die Frage der Verjährung steht natürlich im Raum. Aber ob dem Mann die Finanzverwaltung in Anbetracht seines Lehrstuhls die Beratungsresistenz zubilligt, die er beansprucht, ist die Frage. Veranstalte ich eine Spendengala, bei der die Teilnehmer für dreistellige Zahlungen freundlicherweise eine Linsensuppe (mit oder ohne Würstchen) gereicht bekommen, war es das für den Spendenabzug. Auf eine Wertäquivalenz zwischen Zahlungsbetrag und Gegenleistung kommt es nicht an.

    Der zwingend für Spendenbescheinigungen zu verwendende Formtext belehrt den Aussteller darüber, was ihm für unrechtmäßig ausgestellte Bescheinigungen ins Haus steht. Ein Vereinsvorstand kann sich nicht aussuchen, welche Regeln er beachten möchte. Die Mittel der Gesellschaft dürfen stets nur satzungsmäßig verwendet werden, egal, wie sie erworben wurden. Und die Frage, ob für Einnahmen Spendenbescheinigungen erteilt werden durften, hat umgekehrt nichts damit zu tun, wofür der Verein sie später verwendet.

  • Ich freue mich, dass die TAZ endlich aufzeigt, mit welchen Kandidaten das BSW in den Wahlkampf zieht. Wie kann man nur einen Journalistikprofessor aussuchen, noch dazu eine Person, der engste Verbindung zu Sarah Wagenknecht nachgesagt werden! Was wird aus dem Bundestag, wenn solche Leute wie er plötzlich Abgeordnete sind?

  • Blender und am bezahlten Arbeitsplatz faul? Passt doch hervorragend zu Sahra und ihrem Bündnis.