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Bangladeschs gestürzte RegierungschefinSheikh Hasinas Milliarden

In Bangladesch versucht Übergangspremier Muhammad Yunus, veruntreute Gelder aus dem Ausland zurückzuholen. Eine Spur führt nach Großbritannien.

Demonstrierende feiern in vor dem Parlament in Dhaka nach Hasinas Rücktritt Foto: Fatima Tuj Johora/ap

Mumbai taz | Mit einem Versprechen wandte sich Bangladeschs neuer Zentralbankchef Ahsan Mansur im September an das Volk: Man werde untersuchen, ob die gestürzte Regierungschefin Sheikh Hasina und ihre Minister der Awami-Liga Milliarden veruntreut und ins Ausland verschoben haben. Die Übergangsregierung in Dhaka forderte London, Washington, Abu Dhabi und Singapur auf, dabei zu helfen, ihr Auslandsvermögen ausfindig zu machen.

In Bangladesch ist derweil die Aufarbeitung der Regierungszeit Hasinas im Gange, sie war von 2009 bis zu ihrem Rücktritt im Sommer 2024 bereits zum zweiten Mal Premierministerin. Ihre Partei hat jedoch weite Teile öffentlicher Strukturen unterwandert. Es stellt sich die Frage, ob sich das Volk damit zufriedengeben muss, dass nur die autokratische Regierungschefin abgesetzt wurde. Ob veruntreute Gelder oder die Politikerin je ins Land zurückkehren, ist ungewiss.

Zurzeit befindet sich Hasina im Exil in Indien. Ihr Aufenthalt führt zu einer Belastungsprobe der Beziehungen zwischen den befreundeten Staaten. Auch in Großbritannien sorgt die Personalie für einen Eklat. Am Dienstag trat die Labour-Abgeordnete und Hasina-Nichte, Tulip Siddiq, aufgrund von Korruptionsvorwürfen zurück. Ihre Familie soll rund 4 Milliarden Pfund veruntreut haben, die laut Verdacht in Großbritannien in Immobilien investiert worden seien, in denen Siddiq teils gelebt haben soll.

Hasina war 2024 nach Protesten außer Landes geflohen

„Der Diebstahl von öffentlichen Geldern in Milliardenhöhe hat in Bangladesch ein erhebliches Finanzdefizit hinterlassen“, äußerte sich Übergangsregierungschef und Nobelpreisträger Muhammad Yunus in einer Erklärung. Er forderte die Rückgabe von gestohlenen Milliarden, die dem Volk gehörten. „Wir werden weiterhin mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird“, so Yunus.

Im August 2024 brachten von Studierenden angeführte Proteste Hasina zu Fall. Zuvor ließ sich die inzwischen 77-Jährige bei einer Scheinwahl erneut ins Amt wählen. Nachdem sie jedoch den Rückhalt des Militärs verloren hatte, floh sie. Kurz darauf übernahm der 84-jährige Yunus die Führung. Seit Oktober liegen Haftbefehle gegen Hasina und weitere hochrangige Mitglieder ihrer Awami Liga vor. Im Dezember stellte die Übergangsregierung einen Auslieferungsantrag, der bisher unbeantwortet blieb.

Allerdings wird in Bangladesch ebenfalls debattiert, ob die Awami-Liga und Hasina, die die Partei 45 Jahre lang führte, ein Comeback in der bangladeschischen Politik feiern könnten. Diese sehen den Umsturz, der sich im Land ereignete, als „verfassungswidrig“ und als „Verschwörung“ an.

Hasinas Erzrivalin und ebenfalls frühere Premierministerin Zia Khaleda von der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und ihr Sohn Tarique Rahman wurden dagegen am Mittwoch von Korruptionsvorwürfen freigesprochen. Die gesundheitlich angeschlagene Politikerin, der zehn Jahre Haft drohten, befand sich zuletzt im Hausarrest, Rahman lebt im Londoner Exil. Ihre BNP rief unterdessen zu Neuwahlen im Sommer auf. Von vielen in Bangladesch wird sie jedoch nicht als echte Alternative zur Awami-Liga gesehen.

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