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Wild-West-Serie „American Primeval“Keine Freiheit auf dem Weg nach Westen

Die Miniserie „American Primeval“ inszeniert den Wilden Westen als brutales Hauen und Stechen. Hier kämpft jeder gegen jeden.

Betty Gilpin als Sara Rowell in „American Primeval“ Foto: Cr. Justin Lubin/NETFLIX © 2024

Als Sara Rowell (Betty Gilpin) aus Boston auf dem Weg zu ihrem Mann in einer Goldgräberstadt der Rocky Mountains im Außenposten Fort Bridger ankommt, sucht sie einen Scout, der sie und ihren heranwachsenden Sohn Devin (Preston Mota) durch die winterlichen Berge bringt. Aber als ihr jemand seine Dienste anbietet, wird er einen Moment später vor ihren Augen erschossen. Die historische Neowesternserie „American Primeval“ ist unglaublich brutal.

Der „Wilde Westen“, wie er hier Mitte des 19. Jahrhunderts inszeniert wird, ist ein einziges Hauen und Stechen. Jeder kämpft ohne Rücksicht gegen jeden. Der Sechsteiler ist im Jahr 1857 im sogenannten Utah-Krieg angesiedelt, als sich Gouverneur Brigham Young (Kim Coates), der außerdem Oberhaupt der mormonischen Kirche war, von den USA unabhängig machen wollte.

Dreh- und Angelpunkt der Serie ist das historische Mountain-Mea­dows-Mas­saker, bei dem bis zu 150 Menschen eines Trecks auf dem Weg nach Kalifornien von einer mormonischen Miliz ermordet wurden. Das in der Serie blutrünstig in Szene gesetzte Massaker wurde einer indigenen Gruppe in die Schuhe geschoben und ist bis heute nicht ganz aufgeklärt.

Insofern ist „American Primeval“ auch ein Stück weit historische Detektivgeschichte. Die eingangs erwähnte Sara Rowell, die eigentlich auf der Flucht vor Kopfgeldjägern ist und sich schließlich mit dem Trapper Isaac (Taylor Kitsch) zusammentut, überlebt das Massaker. Mit ihrem Sohn, Isaac und der indigenen Two Moons (Shawnee Pourier) macht sie sich auf ihren gefährlichen Weg Richtung Westen.

„American Primeval“

erste Staffel, ab 9.1.2025 auf Netflix

Währenddessen ermitteln US-Behörden wegen des Massakers, indigene Gruppen streiten über die Frage, wie mit den Kolonisatoren umzugehen ist, der mormonische Gouverneur versucht, sich Fort Bridger als wichtigen Standort unter den Nagel zu reißen und die junge Mormonin Abish Pratt (Saura Lightfoot Leon) wird von den Shoshonen aufgenommen.

An Brutalität kaum zu überbieten

„American Primeval“ verknüpft diese Handlungsstränge sehr geschickt und fächert ein ganzes Panorama dieses historischen Konflikts auf. Im Gegensatz zu den an Brutalität kaum zu überbietenden weißen Siedlern, Soldaten, Milizionären und fundamentalistischen Christen leben die stets von Vertreibung und Mord bedrohten indigenen Bewohner in dieser Kriegszone in einem System kommunitärer Solidarität.

Wobei die Serie kein simples Gut und Böse zeichnet. Wie authentisch die Inszenierung indigener Lebenswelten in „American Primeval“ ist, lässt sich auch im Netflix-Pressetext nachlesen, wo die indigene Kulturberaterin ausführlich erklärt, wie viel Aufwand von den Machern dieser Serie betrieben wurde, in der mehr indigene Sprache vorkommt als in den meisten anderen derartigen Produktionen.

Dieses düstere, gewaltvolle Wild-West-Epos kommt auch immer wieder sehr pathetisch daher

Bildästhetisch erinnert die Serie stark an Alejandro G. Iñárritus oscarprämierten Film „The Revenant“, für den Mark L. Smith ebenso das Drehbuch schrieb wie für „American Primeval“. Dieses düstere, gewaltvolle Wild-West-Epos kommt dementsprechend auch immer wieder sehr pathetisch daher.

Die von Kopfgeldjägern verfolgte Gruppe um Sara und Isaac kämpft sich durch verschneites Gebirge, wird von Wölfen angefallen, begegnet Bärenjägern, brutalen Milizionären und axtschwingenden Indigenen. Das ganze „Urzeitliche Amerika“, wie der Titel eigentlich übersetzt heißt, ist eine albtraumhafte Kriegszone.

Insofern demontiert die Serie den gängigen Mythos der großen Freiheit auf dem Weg gen Westen und setzt ihr eine Geschichte von Rassismus, christlichem Fundamentalismus und rücksichtsloser Konkurrenzlogik entgegen.

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8 Kommentare

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  • Die Kolonisation Nordamerika ist eine Geschichte von Gewalt und Rechtlosigkeit. Deshalb stimmen die finsteren Geschichten über die Indigenen trotzdem. Die Indigenen sind auch keinesfalls menschlicher miteinander umgegangen. Winnetou ist eine Erfindung der deutschen Romantik.

    • @Claude Nuage:

      Danke für diese äußerst bedeutende Einordnung. Sie ist gerade deshalb so wertvoll, weil das Binnenverhältnis der nativen Amerikaner untereinander gerade in der heutigen Zeit so immense Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung in den USA und weltweit hat.

      • @Thomas L.:

        Wenn es statt um Geschichte um die gesellschaftliche Entwicklung der Gegenwart geht: da sollte endlich untersucht werden, warum in den USA Einwanderer aus Afrika und Südamerika so viel besser abschneiden als die Nachkommen der Sklaven und die Indigenen.

  • Der durch die europäische Gewaltkultur erzeugte Neigung zur Brutalität brach sich im Rassismus gegen Indigene hemmungslos Bahn. Wurde mit ein bisschen "Manifest Destiny"-Anspruchshaltung kaschiert. Das merkt man der US-Gesellschaft wohl heute noch an.

    • @aujau:

      Gewaltkultur ist keine europäische Eigenart sondern eine menschliche. Genauso wie Rücksichtname und Fürsorge. Macht aber irgendwie keinen spannenden Film.

      Es gibt und gab nie den edlen naturverbundenen Wilden, der ist eine ziemlich europäische Projektion und auch ein rassistisches Stereotyp.

      • @Dromedar:In:

        Über den edlen naturverbundenen Wilden habe ich nichts geschrieben.

      • @Dromedar:In:

        Rücksichtname und Fürsorge, könnten überraschend und spannend sein.

  • Hat sich an diesem Zustand etwas geändert?



    Frag' mal Trump oder Musk oder Zuckerberg ...