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Scheiß-Habeck gegen Flachwichser

Mit aller verbalen Verve nimmt der Bundestagswahlkampf des grünen Spitzenkandidaten unter der Gürtellinie Fahrt auf

Foto: Zeichnung:Dorthe Landschulz

Von Christian Bartel

Hallöchen, ihr Armleuchter. Ich bin’s: der Scheiß-Habeck, euer Verbotskasper mit dem Heizungshammer“, begrüßt der grüne Kanzlerkandidat die Bürger, die sich zum Wahlkampfauftakt auf dem Marktplatz einer überwiegend konservativ geprägten Kleinstadt in Süddeutschland eingefunden haben. Erste Tomaten und Injurien fliegen in Richtung Bühne, doch der Spitzenpolitiker heizt die Stimmung weiter an. Einen älteren Herrn im dunkelbraunen Lodenmantel gendert Habeck bis aufs Blut, einer Rotte erzkatholischer Landfrauen droht er, ihren Weihnachtsmarkt in „Wintermarkt“ umzubenennen und das Jesuskind auf links zu drehen.

Anhänger progressiver Ideen sucht man bei dieser Veranstaltung vergebens, die grünen Wahlkampfstrategen haben über die sozialen Netzwerke ausschließlich unversöhnliche Gegner und verbrieft radikalisierte Wutbürger eingeladen. Offenbar mit Erfolg, denn sogar die örtliche Reichsbürgerschaft ist angetreten, um dem linksgrünversifften Endboss ihre Aufwartung zu machen. Sie brüllen dem Politiker wenig Zitierfähiges bis Justiziables entgegen. Der Kandidat bestärkt sie: „Lasst es raus, ihr Flachwichser. Ich will euren ganzen Hass!“

Habeck beendet seine Rede mit dem Versprechen, den Stadtpark mit Windrädern zuzupflastern und das Leitungswasser endgültig zu verschwulen. Dann breitet er heilandmäßig die Arme aus. „Und jetzt gebt mir Tiernamen, ihr Knalltüten!“, ruft er und badet in der Ablehnung der Menge, bis der Grünen-Chef dann mit erhobenen Mittelfingern von der Bühne geht und durch einen dichten Flaschenhagel zu seinem Wahlkampfmobil mit der Aufschrift „Scheiß-Habeck 25: Schwachkopf wählen“ sprintet.

„Beleidigungen sind bloß dissonante Wertschätzungen“, bramarbasiert der chronisch bedeutungsschwangere Politiker, als wir mit dem Panzer, den Grünen-Zeugwart Toni Hofreiter eigenhändig zum Wahlkampfmobil für Kriseneinsätze umgeschweißt hat, eine Ehrenrunde durch die kritische Masse pflügen.

Noch in jüngster Vergangenheit hatte Robert Habeck auf Beleidigungen eher juristisch als ausfällig reagiert. Einen bayerischen Rentner, der ihn auf den sozialen Medien als „Schwachkopf“ bezeichnet hatte, zeigte der Spitzenpolitiker kurzerhand an. Die Polizei nahm darauf eine Hausdurchsuchung bei dem 64-jährigen Heißsporn vor, was im konservativen bis knallrechten Lager noch heftigere Schimpfkanonaden auslöste. Als Reaktion darauf hat der selbsternannte „Kanzlerkandidat für Menschen“ seine Ansprache gegenüber ebendiesen Menschen radikal vulgarisiert.

Kommunikationsangebot über ein Kampfblatt für Streitkultur

Habeck will künftig „extremst übertrieben auskeilen“, wie er Dresche & Diskurs mitteilte, dem führenden Kampfblatt für Streitkultur, denn der Grüne will heuer auch „Arschkrampen, Pissflitschen und Drecksäcken“ ein „Kommunikationsangebot auf Kloakenhöhe machen“.

Im Wahlkampf tritt Habeck als Doppelspitze „Der Robert“ und „Scheiß-Habeck“ an, was immerhin die Bezeichnung „Team Habeck“ für die politische One-Man-Show erklärt. Für die großstädtische Stammkundschaft gibt der Grüne weiterhin den einfühlsam blubbernden Weichspüler, der sich nach der Party an den Küchentisch setzt, um seine Politik zu erklären, statt beim Abwasch zu helfen. Durch das Feindesland der provinziellen Wutbürger tourt er – das Haupthaar kunstvoll auf Krawall gebürstet – als Buhmann mit der Lizenz zum Pöbeln.

„Wir dürfen die Eskalationsdominanz nicht dem rechten Rand überlassen“, trompetet der Obergrüne mit offensiv geblähten Laberbacken und zieht die Sturmhaube fest, während sein Tourbus kettenklirrend im nächsten Weiler einreitet.

„Geht sterben, ihr Verlierer“, gibt der Kandidat dem versammelten politischen Gegner gleich eine volle Breitseite mit. Prompt wird er mit „Scheiß-Habeck“-Rufen belohnt, die der Volkstribun mit dem Wunsch quittiert, dass steigende Meeresspiegel „dieses Dreckskaff möglichst bald aus der Landschaft putzen“ mögen.

Als Habeck auch noch droht, „euch Pissern die Ölheizungen unterm Arsch anzuzünden“, zimmert der Mob gar einen Galgen mit Widmung. „Das ist mir seit den Bauernprotesten nicht mehr passiert“, gibt der Politprofi gerührt zu.

Mit seiner Fuck-you-Strategie folgt Habeck einem globalen Trend. „Pöbeln ist der neue Goldstandard der politischen Kommunikation“, stellt Politikberater und Aggressionscoach Dr. Vincent Malik-Boysen fest, der den US-Wahlkampf und Schulhofschlägereien analysiert hat.

„Inhalte dringen nur noch durch, wenn sie pejorativ performt werden. Ob sie auf Ablehnung oder Zustimmung stoßen, ist dabei erst einmal egal, ihr Arschlöcher.“

Doch generiert man so Wählerstimmen? Durchaus, meint Malik-Boysen, der die hochaggressive Strategie mit­entworfen hat. „Habeck ist eine extrem populäre Hassfigur und konnte beinahe den gesamten Merkel-Abscheu auf sich ziehen. Seine Antipathiewerte sind enorm, obwohl er nicht einmal eine Frau ist. Oder Ausländer.“

Aggressive Vulgärpsychologie für alle deutschen Wutbürger

Die deutschen Wutbürger, analysiert der Vulgärpsychologe, seien „infantile Analgeburten und regressive Rohrkrepierer“, die keine politische Veränderung wollten, sondern verlässliche Blitzableiter wie eben Habeck, um „ihr feiges Mütchen zu kühlen“.

„Die Wahlen der letzten Zeit scheinen diese Theorie aber nicht unbedingt zu bestätigen“, wenden wir ein, doch Habecks Svengali verabreicht uns, wie es typisch ist für solche Strippenzieher, prompt eine Dosis seiner präferierten Medizin – er beschimpft uns als „Ikonoklasten, Galgenvögel und Troglodyten“.

Als sich der Berater heiser gebrüllt hat, korrigiert Malik-Boysen defätistisch lächelnd seine Einschätzung: „Ach, Ihnen kann ich’s ja sagen: Die Bundestagswahl ist für uns eh verloren, da können wir den Leuten genauso gut sagen, was wir wirklich von ihnen halten. Sie glauben gar nicht, wie gut das tut.“

Noch eine ganze Weile hören wir Robert Habecks Publikumsbeschimpfung zu. Tatsächlich wirkt der sonst so verkniffen rechtschaffene Norddeutsche nicht nur völlig authentisch, sondern nachgerade menschlich, ansatzweise sogar sympathisch.

So jemanden würden wir wählen, wird uns klar, weil er uns aus den längst vergifteten Herzen spricht. Hat Dr. Malik-Boysen doch Recht, ist Pöbeln die überlegene, gar die letzte verbliebene Form politischer Kommunikation? Das fragen wir uns, bis ein weiteres Wahlkampfmobil auftaucht. „Fickt euch doch selber. SPD“, steht darauf. Über dem Slogan grinst befreit das Konterfei von Olaf Scholz.

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