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Vorwürfe gegen Heimleitung

Wegen Gewalt an Schutzbefohlenen hat die Bremer Stiftung Friedehorst Mitarbeiter freigestellt. Diese seien nicht ausreichend unterstützt worden, wird jetzt behauptet

Von Lotta Drügemöller

Die Klientel ist schwierig, der Anspruch groß: Die Stiftung Friedehorst in Bremen-Nord will in ihrem Projekt zu Intensiv Betreutem Wohnen eine Wohngruppe bieten für Leute, die anderswo weggesperrt würden. Zielgruppe sind Menschen mit einer äußerst geringen Impulskontrolle, die eine Gefahr für sich und andere darstellen. Seit 2021 wird das Konzept in der Einrichtung im Bremer Norden für einige wenige Be­woh­ne­r*in­nen umgesetzt.

Die neue Wohngruppe, die im Juni dieses Jahres für zunächst drei junge Frauen eröffnet wurde, konnte den Anspruch, „Sicherheit und Halt“ für die Bewohnerinnen zu bieten und „ihre psychische und physische Integrität“ zu gewährleisten, allerdings nicht einlösen.

Im September wurde bekannt, dass Mitarbeitende übergriffig geworden waren und körperliche, verbale und psychische Gewalt gegen ihre Schutzbefohlenen ausgeübt hatten. Nach einem internen Hinweis meldete die Leitung die Fälle an Polizei und Sozialbehörde und stellte mehrere Personen mit sofortiger Wirkung frei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch.

Ein anonymes Schreiben, das in Friedehorst zirkuliert, soll die Verantwortung für die Übergriffe nun auch bei der Leitung suchen. Das berichtet der Weser Kurier (WK). Beschrieben werde darin, dass es durch die Bewohnerinnen „zu aggressiven Ausbrüchen“ komme, „bei denen Messer und Stühle geworfen oder Fensterscheiben zerstört werden“, zitiert der WK aus dem sechsseitigen Schreiben.

Diese Zustandsbeschreibung ist aus der Projektkonzeption zunächst einmal erwartbar: Die Zielgruppe des Projekts sind laut der Beschreibung auf der Webseite „Menschen mit stark herausfordernden Verhaltensweisen“. Durch den Einsatz von viel Personal sollen „fremd- und eigengefährdende Krisen“ reduziert werden. Dass es zu gar keinen Krisen mehr kommt, wird dabei offenbar nicht erwartet.

Zu dem Konzept gehört auch eine Art Security, die „den Nut­ze­r:in­nen sowie den Mitarbeitenden“ rund um die Uhr einen „sicheren Rahmen“ bieten soll. Anscheinend werden die Übergriffe allerdings nicht diesem sogenannten Interventionsdienst, sondern Menschen aus dem pädagogischen Team selbst vorgeworfen.

Der eigentliche Vorwurf des anonymen Schreibens gegenüber der Leitung besteht vor allem aus zwei Aspekten: Zum einen sei das Projekt für die schwierige Aufgabe nicht ausreichend mit Personal ausgestattet worden. Zum anderen seien kritische Vorfälle ignoriert worden: Die Leitung habe, so zitiert der WK, „die Augen vor den realen Problemen verschlossen“.

Der Vorstand der Stiftung, Martin Meyer, bestreitet beide Vorwürfe. Krisen der Bewohnerinnen seien nicht ignoriert, sondern immer dokumentiert und nachbesprochen worden. Und der für das Projekt vorgesehene Personalschlüssel sei nicht nur erfüllt, sondern zeitweise übererfüllt worden – bis zu zwei zusätzliche Vollzeitstellen seien im Bereich des Intensiv Betreuten Wohnens eingesetzt worden.

Im Schreiben gibt es keine Hinweise dazu, wie es zur Gewalt gegen die Frauen kam

Im Vorstand geht man aufgrund einiger Details davon aus, dass das Schreiben tatsächlich von Mitarbeitenden verfasst wurde. Genannt wird in der E-Mail der Name des internen Whistleblowers, der die Gewalt ursprünglich gemeldet hatte.

In vielen anderen Punkten bleibt das Schreiben, das am Dienstag für die taz nicht einzusehen war, aber offenbar unkonkret: So gebe es darin keine Hinweise dazu, wie es zu der Gewalt gegen Schutzbefohlene gekommen ist, schreibt der WK. Eine Mitarbeiterin der Einrichtung, die mit dem Schreiben vertraut ist, bekräftigt diese Einschätzung.

Die Vorwürfe lassen sich vorerst nicht erhärten oder widerlegen. Eine Anfrage der taz konnte bis Redaktionsschluss nicht beantwortet werden. Eine externe Kraft soll das Projekt in Zukunft fachlich begleiten und dabei aufarbeiten, wie es zur Gewalt in der Wohngruppe kommen konnte.

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