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Ex-Präsident zeigt Macht

In Bolivien nehmen An­hän­ge­r*in­nen von Evo Morales Regierungssoldaten als Geiseln

Von Bernd Pickert

Im Jahr vor der nächsten Präsidentschaftswahl in Bolivien nehmen die Spannungen zwischen Ex-Präsident Evo Morales und seinem Nachfoger Luis Arce immer weiter zu. Seit Freitag halten bäuerliche An­hän­ge­r*in­nen von Morales in der Region Chapare rund 200 Regierungssoldaten fest. Im Departement Cochabamba seien laut Angaben des bolivianischen Außenministeriums drei Militäreinheiten „von irregulären Gruppen angegriffen“ worden, die anschließend über 200 Militärangehörige als Geiseln genommen und Waffen und Munition erbeutet hätten.

Im Departement Cochabamba blockieren Pro-Morales-Aktivist*innen seit drei Wochen auf mehreren Landstraßen. Am Freitag wurde die zentrale Verbindungsstraße in den Westen des Landes durch das Militär geräumt. Morales selbst forderte daraufhin seine An­hän­ge­r*in­nen auf, über eine Unterbrechung der Blockaden nachzudenken, um ein Blutvergießen zu vermeiden. Morales selbst begann am Freitag einen Hungerstreik.

Hintergrund der aktuellen Konflikte ist Morales’ Bestreben, trotz eines Verbotes durch das Verfassungsgericht – und tatsächlich entgegen der Verfassung – im kommenden Jahr erneut für die Bewegung zum Sozialismus (MAS) als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Der derzeitige Präsident Luis Arce kommt ebenfalls aus der MAS, hat sich aber mit Morales komplett überworfen – unter anderem über die Frage einer Justiz- und Verfassungsreform, die Morales eine erneute Kandidatur hätte ermöglichen sollen. Seit Oktober 2023 gehört Arce der MAS nicht mehr an.

Morales seinerseits steht auch im Visier der Strafverfolgungsbehörden, seit ihm vorgeworfen wird, als Präsident 2015 eine damals 15-Jährige vergewaltigt zu haben. In einem weiteren Verfahren wird ihm Verwicklung in Menschenhandel zur Last gelegt. Der 65-Jährige weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als politische Manöver, um seine Rückkehr an die Macht zu behindern. Mit den Straßenblockaden wollen seine An­hän­ge­r*in­nen ebenfalls Druck ausüben, um die Einstellung der offenen Verfahren zu erreichen.

Unterdessen drückte die Interamerikanische Menschenrechtskommission ihre Sorge über die zunehmenden Konflikte in Bolivien aus. Sie forderte am Wochenende die bolivianische Regierung auf, alles zu tun, um die Sicherheit der sich in Geiselhaft befindlichen Soldaten zu gewährleisten. Außerdem solle die Regierung den Dialog mit ihren Geg­ne­r*in­nen suchen, um die zugrundeliegenden politischen Streitigkeiten zu lösen.

Präsident Luis Arce zeigt sich diesbezüglich allerdings skeptisch: „Es ist kein Dialog möglich, während weiterhin die Wirtschaft erstickt wird“, erklärte er mit Hinblick auf die Straßenblockaden. Deren Räumung, so Arce, werde nunmehr schnell vorangehen.

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