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Umstrittene Trikots in der BundesligaDes Fußballs reine Farbenlehre

Ein Trikot in den falschen Farben kann eingefleischte Fans auf die Palme bringen. Das ist in Paderborn nicht anders als bei Bayern München.

Wie hässlich! Aleksandar Pavlovic zeigt auf das verunstaltete Wiesnwappen der Bayern Foto: Sven Hoppe/dpa

E s soll ruhig blieben, wenn die Fußballer des SC Paderborn am Freitagabend ihr Spiel gegen Jahn Regensburg in der zweiten Bundesliga bestreiten. Die Ultragruppierungen „Black Blue Fighters“, „Passione Paderborn“ und „Supporters Paderborn“ wollen keine Stimmung im Stadion machen.

Mit ihrem Sangesboykott protestieren sie gegen die Aktion eines Sponsors, der für die Fans einen Angriff auf ihre Identität und Werte darstellt. Ein Protestschreiben der drei Gruppen ist mit „blau-schwarzen Grüßen“ unterschrieben, womit wir mitten im Thema sind, denn genau diese beiden Farben, blau und schwarz, will der Klub den Fans an diesem Spieltag nehmen und in grünen Trikots auflaufen.

Klubsponsor Four 20 Pharma, ein Großhändler für medizinisches Cannabis will gemeinsam mit der Sanity Group, die sich selbst als „Europas führendes Cannabis-Unternehmen“ bezeichnet, für sein Geschäft werben. In grasgrünen Trikots soll der SC Paderborn auflaufen, um für Therapien auf Grasbasis zu werben. Dass mit dem Jahn aus Regensburg der Gegner an diesem Spieltag aus Bayern kommt, dem Land, dessen Regierung sich immer noch auf dem Kreuzzug gegen den Cannabiskonsum befindet, scheint da besonders gut zu passen.

Doch die Paderborner Ul­tras finden das alles andere als witzig und schreiben in ihrer Protestnote an den Klub von einem Angriff auf ihre Identität: „Unser Trikot ist ein zentrales Element unserer Identität, ein Symbol unserer Gemeinschaft und unserer Verbundenheit mit dem Verein. Es ist weit mehr als nur ein Kleidungsstück – es steht für Werte und für Leidenschaft.“ Viel dicker kann man eigentlich nicht auftragen.

Heiliger Ernst

Aber auch andernorts wird mit heiligem Ernst für die Klubfarben gestritten. Als der FC Bayern am vergangenen Wochenende Leverkusen zum Spitzenspiel empfangen hat, wurden die Münchner in mausgrauen Trikots mit Folkloreelementen auf den Platz geschickt. Das Logo auf der Brust war so verschnörkelt, als hätte es ein Trachtendesigner im Kokainrausch gezeichnet. Dieses offizielle Wiesntrikot, mit dessen Verkauf die Bayern zur Oktoberfestzeit ein paar Taler oder auch mehr dazuverdienen möchten, kam bei den Fans hinter dem Tor gar nicht gut an.

Die empfinden schon das reguläre Heimtrikot als Verstoß gegen das Grundgesetz des Klubs, weil es in Rot mit schwarzem Aufdruck gehalten ist. Dabei steht in Paragraf 1 der Satzung geschrieben: „Die Clubfarben sind Rot und Weiß.“ Doch die Farben des Klubs sind schon lange nicht mehr unantastbar. Der FC Bayern geht mit der Mode und genau das geht den Ultra-Fans gegen den Strich. Immer wieder malen sie Transparente, um ihre Position im Kulturkampf um die Klubfarben deutlich zu machen. „Kein rot-weißes Trikot, ein verschandeltes Wappen, eurer ‚Mia san mia‘ ist nur Fassade!“, lautete der Kurvenkommentar zum Wiesntrikot.

Ja, haben denn die Fans am Ende gar nicht mitbekommen, dass es beim Profifußball zu einem großen Teil einfach ums Geschäft geht, möchte man angesichts dieser fast schon naiv erscheinenden Kämpfe um die Identität fragen. Der Trikotverkauf ist längst zu einer bedeutenden Säule auf der Erlösseite der Klubbilanzen geworden.

Klar, das war mal anders. Angesichtes der Champions-League-Partie des FC Bayern gegen Aston Villa am Mittwochabend ist ausführlich an die Niederlage der Münchner im Finale des Europapokalwettbewerbs der Landesmeister zwischen den beiden Klubs 1982 in Rotterdam erinnert worden. Auf den Bildern von damals ist zu sehen, dass es damals durchaus noch üblich war, sich ohne Fantrikot in die Kurve zu stellen. Da konnte man noch Fan sein, ohne das Wappen des Herzensklubs auf der Brust zu tragen.

Das ist heute gewiss schwieriger. Dennoch vielleicht ein Tipp für alle Fans des FC Bayern, die das Wiesntrikot so hässlich finden, wie es ist: Man muss es sich ja nicht kaufen.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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3 Kommentare

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  • Ist schon fanatisch und hat mit dem Spiel Fussball nicht mehr viel zu tun. Nur wenn das wie beschrieben auch für die profitorientierte Gegenseite gilt, frag ich mich ob man mittlerweile BWL studieren muss um Fussballer zu werden. (Oder halt für alles andere, ausser den paar wenigen auf dem Platz)

  • Der größte Zauber, der von Fan-Trikots ausgeht, ist doch der aufgedruckte Spielername nebst der zugehörigen Spielernummer. Der Umsatz hat am allgemeinen Trikotagenhandel fast schon einen signifikanten Anteil :-)

    Vorige Saison hat mein Lieblingsverein sich nach 4 Jahren wieder getraut, traditionell trikotiert in senkrecht schwarzweiß gestreift anzutreten und schaffte es damit immerhin, seinen Abstieg in der vorvorigen Saison nicht tiefer zu legen als ins obere Mittelfeld der niederen Liga. Hauptsache Bundesliga.

    Trotz dieses Achtungserfolges dieses Jahr der Wandel zu diagonal gestreift, und das Schwarz durch anthrazitgrau ersetzt - fast wie das Grau des Bayern-Wiesn-Trikots. Was die Mode streng befiehlt, wie Schiller sagte und Beethoven singen ließ. Immerhin zeitigt die Diagonalmusterdynamik Wirkung in Form früherer Erfolgsambitionsentfaltung, aber diesmal, ohne explizit den Wiederaufstieg zu versprechen. Vielleicht eine schlaue Strategie, um wieder passabel abzuschneiden in der Saison. Die Hoffnung, besser platziert abzuschneiden, ist momentan gegeben.

    Dass schwarzweißgestreift Tradition des Vereins ist, ist auch evtl. mein fälschlicher Eindruck, da noch nicht lange SVS-Fan.

  • Eine unverschämte Abzocke, zum einen wollen die Vereine mittlerweile fast dreistellige Summen für die Laiberl, zum anderen werden Ausweich-, Wiesn- Auswärts-, Jubiläums- und Uli-Hoeneß-geht -in-den-Knast-Gedenktag-Trikots aufgelegt, natürlich immer im gleichen Preissegment, genäht von glücklichen Kindern in Bangladesh, mit hohen Gewinnmargen für Vereine und Sponsoren.



    Mal davon abgesehen, dass Trikots an beleibten Männern eher presswurstig aussehen gehe ich immer noch in Zivil ins Stadion. Noch darf ich das auch.