Turkmenistan erschwert Abtreibungen

Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, werden vom Staat massiv unter Druck gesetzt

Von Barbara Oertel

In Turkmenistan könnte Frauen der Weg zu einer legalen Abtreibung schon bald vollständig versperrt sein. In den vergangenen Wochen hätten Regierungsbeamte landesweit medizinische Einrichtungen besucht und Ärz­t*in­nen gedroht, ihnen ihre Diplome zu entziehen, sollten sie einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. Von derartigen Vorfällen berichten Korrespondenten von Radio Asatlyk – des turkmenischen Dienstes vom US-finanzierten Radio Freies Europa – aus mehreren Regionen des zentralasiatischen Staates.

Offensichtlich haben diese drastischen Warnungen in dem Sieben-Millionen-Einwohner*innen-Staat – 90 Prozent der Bevölkerung sind Mus­li­m*in­nen – bereits den gewünschten Effekt. Frauen, die Ärzte wegen einer Abtreibung konsultieren wollten, würden überhaupt nicht mehr vorgelassen, heißt es. Ohnehin dürfen Mediziner schon jetzt eine Schwangerschaft nur dann abbrechen, wenn der Fötus aufgehört hat zu wachsen oder kein Herzschlag mehr zu hören ist.

2022 trat in der ehemaligen Sowjetrepublik ein Gesetz in Kraft, wonach Abtreibungen nur noch in den ersten fünf Wochen vorgenommen werden dürfen, wenngleich ohne medizinische Indikation. Gleichzeitig ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 22. Woche aus „sozialen“ oder „medizinischen Gründen“ möglich. Dafür braucht es jedoch das Gutachten einer Expert*innenkommission.

Von all dem ist jetzt offensichtlich keine Rede mehr. Ärz­t*in­nen sind alarmiert. Vor allem junge Frauen (die Anzahl ungewollter Teenagerschwangerschaften steigt) greifen bereits zu gefährlichen Methoden. So würden sie sich in mit Wasser versetztes Kaliumpermanganat setzen oder Medikamente konsumieren, die eine Monatsblutung auslösen. Spezielle Abtreibungstabletten (Stückpreis umgerechnet um die 120 Euro) sind kaum aufzutreiben, überdies müssen die Ärzte deren Vergabe akribisch dokumentieren. Einige von ihnen führen Schwangerschaftsabbrüche weiter heimlich durch. Kosten je nach Stadium: Zwischen umgerechnet 450 und 900 Euro – enorme Summen, die viele Turk­men*­in­nen nicht aufbringen können.

Die jüngsten Verschärfungen werden einige korrupte Ärz­t*in­nen reicher, die Situation vieler Frauen hingegen noch unerträglicher machen. Und es könnte sein, dass sich die UNO erneut mit diesem Problem befasst. Nichtregierungsorganisationen hatten bei einem Briefing vor dem UN-Komittee zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen im Januar 2024 Turkmenistan aufgefordert, für Schwangere den Zugang zu Abtreibungen gemäß internationalen Standards sicher zu stellen. Turkmenistan hatte sich der gleichnamigen Konvention der UNO 1997 angeschlossen. Doch offensichtlich scheint das nicht mehr zu interessieren.