Besuch in Ägypten und Libanon: EU-Chefdiplomat wirbt für Frieden

EU-Chefdiplomat Borell appeliert an die Kriegsparteien in der Region. In Ägypten sagt er Hilfen für Krankenhäuser zu, Menschen aus Gaza behandeln.

Zwei Männer in Anzügen unterhalten sich

Im Zwigespräch: EU-Außen Josep Borrell und Libanons Außenminister Abdallah Bouhabib Foto: Hussein Malla/ap

Athen taz | „Krieg ist niemals unvermeidbar. Es kommt auf den Willen an“, sagte EU-Chefdiplomat Joseph Borrell bei seinem Besuch in Beirut am Donnerstag. Borrell ist nach Ägypten und Libanon gereist, um über die humanitäre Lage der Menschen im Gaza-Krieg und die Rolle der EU zu sprechen.

Bei seinem Besuch in Ägypten sagt Borell finanzielle Hilfe an ägyptische Krankenhäuser zu, die schwer verwundete Kinder aus Gaza behandeln. Nach den Gesprächen in Kairo reiste Borrell an den Grenzübergang Rafah und forderte Israel dazu auf, diesen auf Seite des Gazastreifens wieder für Hilfslieferungen zu öffnen. Israels Armee hat den Grenzübergang vor Monaten eingenommen und geschlossen.

Bei der Presskonferenz am Donnerstag in Beirut sagte Borrell, er fürchte eine militärische Eskalation in der Region. Anfang der Woche hatten führende israelische Politiker gefordert, den Fokus des Krieges auf die Hisbollah und den Libanon zu verlagern.

Tote auf libanesischer und israelischer Seite

Seit dem 8. Oktober bekämpfen sich die Iran-unterstützte Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon und das israelische Militär mit gegenseitigen Luftangriffen, vor allem rund um die gemeinsame Grenze. Israelische Luftangriffe töteten im Libanon mindestens 138 Zivilist*innen, so zählt es die Nachrichtenagentur AFP. Zudem wurden circa 476 Hisbollah-Kämpfer getötet.

In Israel sowie den von Israel annektierten Golan-Höhen kamen durch Beschuss der Hisbollah nach israelischen Behördenangaben 24 Soldaten und 26 Zi­vi­lis­t*in­nen ums Leben. Die Hisbollah begründet ihre Angriffe ideologisch damit, die Hamas im Krieg gegen Israel unterstützen zu wollen.

Die Stabilität an der Grenze zwischen Libanon und Israel hinge von „Friede und Stabilität in Israel und Palästina“ ab, so Borrell. „Ein umfassender Friede in der Region bedeutet, dass die Sicherheit Israels von der Fähigkeit des palästinensischen Volkes abhängt, eine Zukunft zu haben, die auf einem eigenen Staat und Freiheit beruht.“

Der libanesische Außenminister Bou Habib pflichtete Borrell bei, es gebe keine militärische Lösung: „Es gibt keine Sicherheit ohne das Ende der Besatzung als notwendige Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden“. Der Libanon sei bereit, die UN-Resolution 1701 zu implementieren. Diese besagt, dass sich die Hisbollah etwa 30 Kilometer von der Grenze zurückziehen soll. Stattdessen soll das libanesische Militär dort stationiert werden. Diese Resolution wurde seit ihrem Beschluss im Jahr 2006 nicht umgesetzt, die Hisbollah baute ihre Stellungen an der Grenze zu Israel stattdessen noch aus.Die gemeinsame Grenze wird von der UN-Friedensmission UNIFIL überwacht.

UNWRA bestätigt sechs getötete Mitarbeitende

Derweil bestätigte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA den Tod von sechs seiner Mitarbeitenden. Sie seien bei zwei israelischen Luftangriffen auf eine Schule in Nuseirat am Mittwoch umgekommen. Das Gebäude dient als Unterkunft für 12.000 Vertriebene, hauptsächlich Frauen und Kinder.

Nach UNWRA-Angaben sei die Schule seit Beginn des Krieges fünfmal von israelischen Luftangriffen getroffen worden. Die Hamas erklärte, weitere 12 Menschen seien bei dem Angriff getötet worden. Die Zahlen ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Das israelische Militär rechtfertigte den Angriff damit, dass er einem Kommando- und Kontrollposten der islamistischen Hamas gegolten habe. Beweise dafür legte das Militär bisher nicht vor.

Bei seiner Presseansprache in Beirut verurteilte Borrell das „Massaker in Gaza“. Der Krieg sei eine Tragödie für die palästinensische Zivilbevölkerung und die israelischen Geiseln.

Danach gefragt, ob er einen konkreten Vorschlag zu einem Abkommen im Gepäck habe, antwortete Borrell: „Ich spreche nicht im Namen der internationalen Gemeinschaft, sondern nur im Namen der EU.“ Die EU sei der größte Geber finanzieller Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde und humanitärer Hilfe für Gaza. „Die EU tut viel, aber wir haben keinen Zauberstab. Was wir haben, ist der politische Wille und die finanziellen Kapazitäten, um auf die Akteure einzuwirken, damit der Krieg beendet wird, angefangen mit einem Waffenstillstand in Gaza.“

Verhandlungen stocken weiter

Die Verhandlungen um ein Waffenstillstand und Geisel-Austausch stocken unterdessen. Nach eigenen Angaben ist eine Hamas-Delegation am Mittwoch ins katarische Doha gereist. Israel und die Hamas verhandeln indirekt um einen möglichen Waffenstillstand und einen Austausch der weiter in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln mit palästinensischen Gefangenen. Dabei vermitteln Katar, Ägypten und die USA.

Der Chef des US-Auslandsgeheimdiensts CIA, William Burns, hat angekündigt, in ein paar Tagen einen neuen Vorschlag vorzulegen. Am Dienstag bot der für die Geiseln verantwortliche israelische Brigadegeneral Gal Hirsch öffentlich an, dem Hamas-Anführer in Gaza, Yahya Sinwar und seiner Familie, eine sichere Ausreise zu ermöglichen, um einen Deal zu erreichen.

Ein Hamas-Repräsentant bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, das Angebot erhalten zu haben. Die Hamas nehme das Angebot jedoch erst an, wenn es Teil einer Einigung für einen permanenten Waffenstillstand sei. Der aktuell diskutierte sogenannte Deal sieht ein Ende des Krieges in drei Phasen vor. Der Israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu soll sich jedoch vorbehalten wollen, den Krieg in der zweiten Phase jederzeit wieder aufzunehmen.

Militärhilfe als Anreiz für Ägypten als Vermittler

Wohl um Ägypten als Vermittler weiter an der Stangene zu halt, sicherte die Administration von US-Präsident Joe Biden dem Staat Militärhilfen im Wert von 1,3 Milliarde US-Dollar zu – obwohl das Land unter Präsident Abdel Fattah Al Sisi für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.

US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Mittwoch vor dem Kongress, das Geld sei nicht an Bedingungen geknüpft. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, die Militärhilfe sei wichtig – auch um Ägyptens Bemühungen zu den Verhandlungen um ein Waffenstillstandsabkommen zu unterstützen.

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