Leon Holly über Gaza-Proteste beim Parteitag der US-Demokraten
: Willkommene Konsensstörung

Die Demokraten wollten zum Beginn ihres Parteitags ein Bild der Geschlossenheit präsentieren: Joe Biden bekommt seinen großen Auftritt und reicht das Zepter an Kamala Harris weiter. Selbst die Parteilinke Alexandria Ocasio-Cortez sparte dafür am Montag mit Kritik an einem wichtigen Thema, das sie sonst hoch hängt: der Unterstützung der Biden-Regierung für Israels Krieg in Gaza.

Konsensstörung betrieben dagegen tausende Demonstranten, die vor dem United Center in Chicago einen Wandel der US-Politik forderten. Erst vergangene Woche hat das Außenministerium weitere Waffenverkäufe an Israel in Höhe von 20 Milliarden Dollar genehmigt. Und das, während die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung Gaza in Schutt und Asche legt und Hunger und Seuche die Zivilbevölkerung plagen.

Angesichts dieser Kriegsverbrechen tun die Demonstranten das Richtige: Sie sollten erst schweigen, wenn es die Waffen in Gaza tun, allen demokratischen Einheitsgelüsten zum Trotz. Die Palästinasolidarischen haben zwei Hauptanliegen: einen Waffenstillstand (fordert auch Harris) sowie ein Ende der Waffenverkäufe an Israel (fordert Harris nicht). Öffentlich drohen sie, sich bei der Wahl im November zu enthalten.

Schon während der Vorwahlen im Frühjahr erreichte es die „uncommitted“-Bewegung, dass über 700.000 Wäh­le­r:in­nen sich aus Protest gegen die Linie der Regierung nicht auf einen Kandidaten festlegten. In der Tat wäre Trump als Präsident wohl schlechter für Palästinenser als Harris. Aber nur mit dem größeren Übel drohen darf nicht ausreichen.

US-Außenminister Antony Blinken, der derzeit den Nahen Osten bereist, steht unter Druck, bis zum Abschluss des Parteitags Fortschritte bei den Waffenstillstandsgesprächen zu liefern. Wenn Teile der demokratischen Basis jetzt mit einer Stimmenthaltung kokettieren, könnte das die Regierung dazu bringen, mehr Druck auf Israel auszuüben, endlich den Bombenhagel einzustellen. Den verbleibenden israelischen Geiseln und den Palästinensern in Gaza ist es zu wünschen.

ausland 10,