das portrait
: Titel zum langen Namen: Nga Wai hono i te po Paki ist nun Maori-Königin

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Nach dem Tod des bisherigen Maori-Königs Tuhei Tia ist seine Tochter Nga Wai hono i te po Paki zur neuen Königin ernannt worden. Die Krönungszeremonie auf der Nordinsel von Neuseeland folgte einem alten Ritual: Nachdem der Rat der Stammesoberhäupter die 27-Jährige zur neuen Königin ausgewählt hatte, wurde sie von einem Zug tätowierter Männer mit nacktem Oberkörper und zeremoniellen Waffen zu ihrem hölzernen Thron begleitete.

Dabei sangen die Begleiter, schrien Lobgesänge und applaudierten. Die junge Monarchin saß neben dem Sarg ihres Vaters, während die feierlichen Rituale stattfanden. Sie war geschmückt mit einem Blätterkranz, einem Mantel und einer Halskette aus Walknochen.

König Tuhei Tia war vergangene Woche im Alter von 69 Jahren nach einer Herzoperation gestorben. Er lag danach sieben Tage lang aufgebahrt in einem Marae – einem traditionellen Gemeinschaftshaus. Zehntausende Maori und Pākehā genannte Menschen europäischer Abstammung hatten ihm dort in den vergangenen Tagen die letzte Ehre erwiesen. Nach der Zeremonie für seine Tochter wurde er in einer Prozession aus Kanus entlang des Waikato Rivers zur letzten Ruhestätte am heiligen Taupiri Mountain etwa 100 Kilometer südlich der Stadt Auckland gebracht.

Neuseeländische Medien berichten, Nga Wai hono i te po Paki sei von ihrem Vater bereits seit einiger Zeit als Nachfolgerin favorisiert worden, noch vor ihrem älteren Bruder. Der Titel des Maori-Königs ist nicht vererbbar, aber alle Regenten sind direkte Nachkommen ihrer Vorgänger. In Stein gemeißelt war ihre Ernennung tatsächlich nicht: Zuerst mussten die Ältesten der verschiedenen Stämme grünes Licht geben. „Es ist sicherlich ein Bruch mit der traditionellen Ernennung von Maori-Führungskräften, bei der in der Regel das älteste Kind, in der Regel ein Mann, die Nachfolge antritt“, erklärte der Maori-Kulturberater Karaitiana Taiuru gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Nga Wai hono i te po Paki ist nicht die erste Frau in diesem Amt. Die erste Maori-Königin war ihre Großmutter Te Arikinui. Sie starb 2006 – nach vier Jahrzehnten auf dem Thron, was bisheriger Rekord ist. Frauen spielen in der traditionellen und modernen Maori-Gemeinschaft eine wichtige Rolle und können durchaus auch politisch einflussreich sein.

Maori-Monarchinnen und Monarchen haben zwar juristisch keine Macht, genießen aber große Glaubwürdigkeit und Respekt unter den ersten Bewohnern Neuseelands. Auch der Rat von Nga Wai hono i te po Paki wird gefragt sein. Sie wird bei wichtigen Versammlungen zwischen verschiedenen Stämmen präsent sein und sie kann eine Vermittlerrolle spielen. Maori-Stämme stehen traditionell oft im Streit miteinander. Es gab in der Geschichte immer wieder blutige Konflikte und Kriege.

Auch neuseeländische Politiker pflegen das Maori-Oberhaupt zu konsultieren – meist, wenn es um Entscheidungen geht, die die ersten Neuseeländer besonders betreffen. 17 Prozent der Neuseeländerinnen und Neuseeländer bezeichnen sich als Maori. Große Bedeutung wurde dem Alter der mit 27 Jahren vergleichsweise jungen neuen Monarchin beigemessen. Es sei „ein Privileg“ mitzuerleben, dass eine junge Maori-Frau Königin wird, sagte der Maori-Kulturexperte Karaitiana Taiuru der Nachrichtenagentur AFP weiter. Angesichts von Herausforderungen wie künstlicher Intelligenz, Erderwärmung und gesellschaftlichen Veränderungen werde eine „neue und jüngere Generation“ von Führungspersönlichkeiten gebraucht. Urs Wälterlin