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Die FDP zündet wieder Wahlkampf-Provos

Mit Äußerungen gegen das Bürgergeld und fürs Autofahren versuchen sich die Liberalen zu profilieren. Kritik kommt nicht nur aus der Ampel, sondern auch von unerwarteter Seite

Von Cem-Odos Güler

Mit Forderungen nach mehr Autos in den Städten und Kürzungen beim Bürgergeld ist die FDP auf volle Breitseite gegen ihre Koalitionspartner gegangen. Dabei wollte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag den Präsidiumsbeschluss seiner Partei mit dem Titel „Eine Politik für das Auto“ gar nicht als Angriff gegen Grüne und SPD verstanden wissen. Kritik an dem Vorstoß der Liberalen, die kostenfreie Parkplätze in Städten forderten, kam unterdessen auch vom ADAC.

„Diese Veranstaltung ist eine Veranstaltung der Partei, der FDP“, sagte Djir-Sarai nach der Präsidiumssitzung seiner Partei und den dort beschlossenen Plänen zur Autopolitik. Auch SPD und Grüne würden sich innerhalb der Koalition parteipolitisch profilieren, so der Generalsekretär. Die Pläne zum Autofahren stellte der FDP-Spitzenkandidat zur Brandenburger Landtagswahl, Zyon Braun, vor – er hoffte so wohl auf Resonanz im Wahlkampf.

„Das Beste, was die Parteien der Mitte machen können, ist die Unterschiede deutlich zu machen“, sagte Braun. Dies müsse ja nicht gleich einen Streit bedeuten. Doch gerade beim Thema Bürgergeld haben die Koalitionäre eine kurze Zündschnur. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte am Montag in der Bild-Zeitung wegen der zurückgegangenen Inflation bei den Sozialbezügen eine „Anpassung nach unten“ gefordert.

Martin Rosemann, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, forderte die Liberalen daraufhin auf, „nach fast drei Jahren“ endlich in ihrer „Rolle als Teil einer Regierungskoalition“ anzukommen. Auch aus dem SPD-geführten Arbeitsministerium hieß es, die Erhöhung der Bürgergeld-Sätze seien gemäß gesetzlicher Vorgaben erfolgt. Es gebe hierbei kein Ermessensspielraum.

Mit ihrem Autokonzept wiederum sprechen sich die Liberalen für kostenlose Parkplätze in den Innenstädten aus. Wo dies nicht möglich sei, fordert die Partei ein „deutschlandweites Flatrate-Parken, ähnlich dem digitalen 49-Euro-Ticket“. Kritik an diesem Vorstoß kam vom ADAC. „Pull-Effekte für Pkw sollten vermieden werden, um bestehende Verkehrsprobleme nicht zu verschärfen“, sagte eine Sprecherin des Automobilclubs am Montag der taz. Grundsätzlich müssten verkehrspolitische Maßnahmen dazu beitragen, „Mobilität zu ermöglichen, Klimaschutz zu stärken und die Verkehrssicherheit zu erhöhen“.

Dabei bewertet der Autoverband auch das Thema Fahrradstraßen anders als die liberale Partei. „Fahrradstraßen leisten einen guten Beitrag, die Verkehre stärker zu trennen und so die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen“, erklärte die ADAC-Sprecherin. In dem FDP-Beschluss heißt es dagegen, „die vollständige Sperrung von Straßen aus ideologischen Gründen“ sorge für die Verlagerung von Verkehr und werde „konsequent abgelehnt“. Die Liberalen fordern hohe Hürden für die Einrichtung von Fahrradstraßen oder Fußgängerzonen.

„Fahrradstraßen leisten einen guten Beitrag, die Sicher­heit aller Verkehrs­teilnehmenden zu erhöhen“

ADAC-Sprecherin

Wenn man wolle, dass in den Städten der Einzelhandel erfolgreich sei, müsse man den Autoverkehr stärken, sagte der brandenburgische Spitzenkandidat Braun. Er argumentierte, dass Autofahrer ohne Bahnanschluss auch das 49-Euro-Ticket mitfinanzierten und so umgekehrt auch ein Anrecht darauf hätten, in ihren Belangen unterstützt zu werden.

Wie die FDP ihre Ziele weiterverfolgen wollte, war zunächst unklar. Fragen rund um die Parkraumbewirtschaftung fallen in Deutschland in der Regel unter die Zuständigkeit der Kommunen. In Zukunft werde eine FDP-Arbeitsgruppe an einer Umsetzung der Vorschläge arbeiten, sagte Braun.

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