Gaga-Sport bei Olympia: Fast wie bei „Takeshi’s Castle“
Manchmal erinnern die Olympischen Sommerspiele an die japanische Spielshow „Takeshi's Castle“, die hierzulande in Spartensendern lief. Endlich!
Wer bei diesen olympischen Sommerspielen Kanu-Cross in der Wildwasseranlage von Vaires-sur-Marne im Nautical Stadium sah oder die Wandsprinter im Le Bourget Sport Climbing Venue, der konnte auf die Idee kommen, dass es von Olympia nicht mehr allzu weit ist bis zu „Takeshi’s Castle“. Das war, die Älteren erinnern sich bestimmt, eine japanische Spielshow, die hierzulande in Spartensendern lief.
Grundidee der Show war eine reale Umsetzung von Jump-’n’-Run-Computerspielen wie Super Mario. Eine Partei musste Fürst Takeshi’s Castle erobern, eine andere suchte das zu verhindern. Dabei mussten die wildesten Parcours überwunden werden.
Um im Finale dem Fürsten persönlich gegenüber treten zu dürfen, mussten die Kandidaten einige mehr oder weniger schwierige Etappen oder Gaga-Spiele bewältigen. Bei jeder Etappe schieden Kandidaten aus, bis am Ende die Teilnehmer fürs Finale feststanden. Das Ganze wurde recht schrill kommentiert.
Hochfrequent über Buckel
Kurzum: Das Internationale Olympische Komitee hat damals die einmalige Chance verpasst, ihr Event aufzupeppen. Jetzt versucht das IOC nachzuziehen mit Funsportarten, mit Wettbewerben, die eben auch irgendwie in die Welt von Takeshi gepasst hätten: Athletinnen in Mickeymausbooten machen die Eskimorolle und kicken sich dann bei Hindernissen raus. Spinnenmänner schnellen senkrecht nach oben, und auf Kinderfahrrädern kurbeln behelmte Menschen so hochfrequent über Buckel, dass man denkt, die Kniescheibe von denen springt gleich heraus.
Sooo viel anders ging es bei Takeshi’s Castle auch nicht zu, und machen wir uns nichts vor: Es geht immer nur um den Wettbewerb. Worin der besteht, das ist völlig egal, definitiv wumpe. Im Grunde ist ein Dreikampf aus Hallenhalma, 100-Kilometer-Lauf und einer Stunde Stehversuch mit dem Bahnrad denkbar.
Es müssten sich nur genügend Wettkämpfer finden. Das alles ließe sich auch wunderbar olympisch inszenieren. Die Kameras müssten eben nur draufhalten auf das Spektakel, die Kommentatoren sich heiser quatschen, TV-Verträge abgeschlossen werden. Otto Sportverbraucher würde auch das gucken.
Denkbar wäre auch folgender Siebenkampf aus teils vergessenen oder unterbelichteten Sportarten: Zielspringen mit dem Fallschirm, Orientierungslauf, Motocross, Minigolf, Hochradfahren, 3.000-Meter-Rückwärtslauf und Gedichtaufsagen.
Letzteres stünde auch in einer sehr olympischen Tradition, denn bis zu den Spielen des Jahres 1948 gab es auch Goldmedaillen für Kunst: Architektur, Literatur, Musik, Malerei und Bildhauerei. Die Spielräume des IOC bleiben groß, die Show wird weitergehen und größer werden. It’s Time for Takeshi!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen