Weltkriegsgedenken in Bosnien: Serbischer Aufmarsch

Serbische Streitkräfte vereinnahmen Gedenken an Opfer einer deutschen Offensive im Jahr 1942. Das widerspricht dem Abkommen von Dayton.

Eine Kirche im Wald.

Kirche in den Kozara Bergen, in dieser Region wurden 1942 vielen Partisanen und Zivilisten von deutschen Soldaten umgebracht Foto: Dejan Rakita/Pixsell/picture alliance

SPLIT taz | Angehörige der serbischen Streitkräfte sind am letzten Sonntag mit einer Parade zum Gedenken an die Opfer der deutschen Offensive im Zweiten Weltkrieg auf dem Berg Kozara durch die nordwestbosnische Stadt Prijedor marschiert. 1942 hatten deutsche, italienische und rechtsradikale kroatische Ustaschen etwa 50.000 bosnische Zivilisten eingeschlossen.

In einem heroischen Kampf hatten die multinationalen Partisanen damals versucht, die Zivilisten, bestehend vor allem aus der serbischen Landbevölkerung, vor dem Abtransport in das Konzentrationslager Jasenovac zu retten.

Die von der serbischen Führung des heutigen serbischen Teilstaates in Bosnien aus organisierte Gedenkfeier allerdings geht davon aus, dass vor allem serbische Truppen und nicht die Partisanen die Zivilbevölkerung gerettet hätten. Sie leugnet sogar, dass serbische nationalistische Tschetniks auf der Seite der Deutschen gekämpft haben.

Die serbischen Organisatoren des Gedenkmarsches haben zudem nicht beachtet, dass die serbisch dominierte Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina nicht zu Serbien gehört. Serbische Soldaten haben seit dem Abkommen von Dayton 1995 in Bosnien und Herzegowina nichts verloren, zumal der Aufmarsch ohne vorherige Zustimmung des Staates Bosnien und Herzegowina durchgeführt wurde.

Kadetten und Veteranen

Laut der serbischen Führung handelte es sich bei den Teilnehmern der Parade lediglich um Kadetten und Veteranen der Militärakademie und nicht um reguläre Soldaten. Auch der Sprecher des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, Zoran Gojic, erklärte, der Aufmarsch sei angekündigt worden.

Dennoch sorgte der Aufmarsch vor allem bei den Bewohnern in Sarajevo und der Föderation für Aufregung. Das kroatische Mitglied des Staatspräsidiums, Željko Komšić, erklärte, die serbische Seite wolle offenbar Fakten schaffen, um den Staat Bosnien und Herzegowina zu destabilisieren. Die Geschichtslügen wie in Prijedor würden systematisch gestreut, erklärten Mitglieder der Zivilgesellschaft, so auch in Bezug auf den Genozid in Srebrenica.

Denn serbische Kadetten werden auch am 11. Juli, dem Jahrestag des Genozids von Srebrenica 1995, wo Überlebende der mehr als 8.000 Opfer gedenken, anwesend sein. In Sarajevo wird eine Verschärfung des Konflikts seitens der nationalistischen serbischen Führung befürchtet.

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