Ende für Mädchen- und Frauenzentren

Der Senat verhängt einen Förderstopp gegen den Verein „Frieda“. Die Justizsenatorin will Förderung an Verfassungsschutz binden

Von Lilly Schröder
und Uta Schleiermacher

Seit Jahrzehnten sorgt der Verein „Frieda“ für ein intersektionales, queer-feministisches Angebot in Kreuzberg. Seine Mädchen- und Frauenzentren sind eine zentrale Anlaufstelle vor allem für migrantische Mädchen. Damit soll nun Schluss sein. Für das Jahr 2024 kündigte die Senatssozialverwaltung an, die Förderungen für den Verein zu streichen.

„Frieda“ habe „wiederholt über längere Zeit seine Mitteilungs- und Nachweispflichten gegenüber der Senatsverwaltung nicht oder nur mit erheblichem zeitlichen Verzug erfüllt“, teilt ein Sprecher der taz mit. Im Jahr 2023 erhielt der Verein Förderungen in Höhe von rund 344.000 Euro, unter anderem für psychosoziale Beratung sowie die Beratung von Frauen, die von Stalking und digitaler Gewalt betroffen sind.

Aufgrund der mangelhaften Dokumentationen bestünden jedoch „erhebliche Bedenken“, ob die Zuwendungsbeiträge „zweckorientiert“ genutzt wurden, so der Sprecher. Einen Antrag für das laufende Jahr (März bis Dezember 2024) beabsichtigt das von Cansel Kiziltepe (SPD) geführte Ressort daher abzulehnen. Erläuterungen zum Förderantrag für 2024 fehlten, lägen nur teilweise vor und „erfolgten nicht fristgemäß“, so der Sprecher. „Frieda“ habe Gelegenheit, zu dem Entwurf des Ablehnungsbescheides Stellung zu nehmen, bislang sei dies nicht geschehen.

Unklar ist, ob der Förderstopp in einem Zusammenhang mit Antisemitismusvorwürfen steht, die zuletzt gegen den Verein laut geworden waren. Wegen vermeintlich antisemitischen und antizionistischen Äußerungen leitender Mit­ar­bei­te­r*in­nen hatte das Jugendamt unter Leitung des Bezirksstadtrats Max Kindler (CDU) „Frieda“ im April die Leistungsverträge der Mädchenzentren „Alia“ und „Phantalisa“ außerordentlich gekündigt. Seitdem sind die Zentren geschlossen.

Kindler berief sich dabei auf Medienberichte sowie Instagram-Posts. Die Kündigung hatte er weder mit dem Jugendhilfeausschuss abgestimmt noch zuvor mit dem Träger gesprochen. Der Verein selbst erklärte in seinem Statement, er sehe sich als „Opfer des Musters von Repressionen und Einschüchterung“. Es regte sich Protest, vor allem von Linken und Grünen.

In einer Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses Anfang Juni wurde dann eine Zurücknahme der Kündigungen beschlossen. Das sollte ein geordnetes Verfahren einleiten, das den Fall genauer untersucht. Die mit dem Bezirksamt neu ausgehandelten Verträge für die beiden Mädchenzentren kündigte der Verein nun in Folge des angekündigten Förderungsstopps jedoch selbst auf.

Währenddessen arbeitet Berlins Justizverwaltung laut deren Senatorin Felor Badenberg (CDU) daran, die Vergabe von Fördermitteln grundsätzlich neu zu regeln. Sie reagiert damit nach eigener Aussage darauf, dass der Kultursenator mit seiner Idee einer Antisemitismusklausel gescheitert war. Badenberg will sicherstellen, dass Fördermittel „nicht an Verfassungsfeinde“ ausgezahlt würden, und will damit alle Bereiche in den Blick nehmen.

Kein Steuergeld für Verfassungsfeinde – das könne nicht nur für den Kulturbereich gelten, hatte Badenberg in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vor zwei Wochen gesagt. „Wir brauchen eine solche Regelung auch für den Bereich der Justiz, wo wir mit vielen sozialen Projekten zusammenarbeiten, die sehr unterschiedliche Hintergründe haben“, sagte die Senatorin. Auch im Bereich der Jugend- und Sozialarbeit sowie der Bildung sei dies notwendig. Dabei wolle sie niemanden unter Generalverdacht stellen, es gehe ihr nur um eine „juristisch saubere Handhabe“.

Klarheit schaffen soll ausgerechnet der Verfassungsschutz: „Wer nach den Einschätzungen des Bundesamts für Verfassungsschutz gegen die Werte unserer Verfassung kämpft, der bekommt keine Förderung“, so Badenberg in dem Interview.

Was das für „Frieda“ bedeuten könnte, ist bislang unklar.