piwik no script img

Fahrradrennen Giro d'ItaliaTadej Pogacar, der rosa König​

Mit Blick auf ein mögliches Double startete der Slowene in die Italien-Rundfahrt und gewann souverän. Am Ende legte er ein 34km-Solo hin.

Hebt das Rad in die Höh und feiert: Tadej Pogacar in rosa Foto: ap

Mit Respekt hat es Tadej Pogacar nicht so. Ausgerechnet am 38. Geburtstag seines Rivalen Geraint Thomas stiefelte der Slowene am Monte Grappa noch einmal los, holte sich in komplett rosafarbenem Outfit seinen sechsten Etappensieg und demütigte den Waliser mit insgesamt über zehn Minuten Rückstand im Klassement.

Thomas immerhin ist Tour de France-Sieger, war im letzten Jahr beim Giro Zweiter. Gegen die so unbändige wie übermütige Kraft des 13 Jahre Jüngeren vermochte er aber nichts auszurichten. „Wir kämpfen hier um Platz zwei“, sagte er eingangs der letzten Woche. Auch diesen Kampf verlor er. Als Zweiter setzte sich der Kolumbianer Daniel Martinez im Trikot von Bora Hansgrohe in Szene. Es war zugleich das letzte Mal, dass der Raublinger Rennstall in grün-schwarzen Farbkombinationen bei einer Grand Tour antrat. Für den sommerlichen Frankreich-Trip sollen schon die Signalfarben des neuen Mehrheitseigners Red Bull in die Augen stechen. Ob das dann reicht – inklusive des höheren Etats – einen wie entfesselt fahrenden Pogacar an die Leine zu legen, ist nach diesem Giro-Auftritt aber fraglich.

Zu dominant präsentierte sich der zweifache Tour de France-Sieger bei seinem Giro-Debüt. Sechs Etappensiege holte er, fünf davon in den Bergen und einen im Zeitfahren. 20 Tage war er in rosa. Damit verpasste er zwar die absoluten Giro-Rekorde. Der Italiener Gianni Bugno etwa verbrachte 1990 den kompletten Giro vom ersten bis zum letzten Tag in Rosa.

Auch zu einem neuen Bestwert in der Anzahl der gewonnenen Etappen bei einer Giro-Ausgabe reichte es nicht. Hier liegt weiter der Italiener Alfredo Binda mit sage und schreibe zwölf Siegen im Jahr 1927 vorn. Bindas schlechteste Platzierung war damals ein sechster Tagesrang. Und weit entfernt war Pogacar, mit seinen knapp zehn Minuten Vorsprung auf den Uralt-Rekord im Abstand halten. Zwei Monte vor Ausbruch des 1. Weltkriegs gewann Alfonso Calzolari mit fast zwei Stunden Vorsprung. Mit Etappenlängen von teilweise über 400 km gilt dieser Giro auch als der härteste der Geschichte.

Ausdauer und Widerstandskraft

Es fehlen also noch ein paar Superlative in der sportlichen Vita des Tadej Pogacar. Aber für einen Debütanten machte er seine Sache richtig gut. Am ersten Tag verpasste er zwar noch rosa. Der Ecuadorianer Jhonatan Narvaez und der Berliner Max Schachmann waren im Sprint einer Dreiergruppe schneller.

„Wir haben mit Blick auf das Double aus Giro und Tour größeren Wert auf Ausdauer und Widerstandskraft auch nach sechs Stunden gelegt. Das hat sich ein wenig zuungunsten der Explosivität ausgewirkt“, erklärte Pogacars sportlicher Leiter Matxin Fernandez gegenüber taz den verblüffenden Befund. Ab Etappe 2, dem Anstieg zur Wallfahrtskapelle Oropa, nahm Pogacar das Rennen aber fest in seine Hand.

Er gewann dort a la Pantani – nach einem Defekt, wie ihn auch il pirata an fast der gleichen Stelle ein Vierteljahrhundert zuvor erlitten hatte, stürmte der Posterboy des aktuellen Radsports zum Etappensieg. Die Berge waren sein Territorium, das bergige erste Zeitfahren in Perugia ebenfalls. Und als er schon ganz sicher in rosa war, am vorletzten Tag eben, setzte er noch einmal zu Paraderitt an. „Ich habe mich gut gefühlt, ich hatte gute Beine. Ich wollte in der Abfahrt keine Probleme haben und vor allem den Giro mit einer guten Stimmung beenden“, erklärte er seine Motivation.

Ein 34km-Solo für die gute Laune – mehr Überlegenheit ist kaum denkbar. Der Slowene hat allerdings auch schon den zweiten Streich in ein paar Wochen im Blick. „Es war ein guter Test für den Sommer“, bezog er sich fröhlich auf die Tour de France. Lange nicht sah ein Double-Plan so gut aus wie der des Slowenen in dieser Saison.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!