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Gescheiterter Dialogversuch

HU-Präsidentin bezweifelt, dass Gespräche mit propalästinensischen Uni-Besetzern gelingen können

Von Luisa Ederle und Rainer Rutz

Die Räumung eines von pro-palästinensischen Ak­ti­vis­t*in­nen besetzten Institutsgebäude der Humboldt-Universität sorgt weiter für Diskussionen. Die De­ka­n*in­nen aller acht Fakultäten der HU stellten sich am Samstag hinter die Entscheidung der Universitätsleitung, die am Mittwoch begonnene Besetzung „für einen eng begrenzten Zeitraum“ zu dulden. HU-Präsidentin Julia von Blumenthal habe in einer „herausfordernden“ Situation „besonnen und deeskalierend“ reagiert, teilten die Fa­kul­täts­lei­te­r*in­nen mit.

Das von rund 150 Studierenden besetzte Sozialwissenschaftliche Institut wurde am Donnerstagabend von der Polizei geräumt. 169 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Zudem seien nach Angaben der Polizei 25 Strafanzeigen gefertigt worden – unter anderem wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs und der Volksverhetzung.

Von Blumenthal betonte, sie habe eigentlich auf die Ak­ti­vis­t*in­nen zugehen wollen und das Gespräch gesucht. „Im Nachhinein weiß ich, ein Dialog mit diesen Besetzergruppen kann nicht gelingen“, sagte sie am Samstag dem Spiegel. Und: „Die Grundfrage ist: Sind wir ein zu hohes Risiko eingegangen? Rückblickend würde ich anders handeln.“

Mehrfach hatte von Blumenthal zuvor gegenüber der Presse deutlich gemacht, dass es sich bei der Räumung um eine Anweisung von oben gehandelt habe. Die Entscheidung soll letztlich von Senatschef Kai Wegner (CDU), Innensenatorin Iris Spranger und Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (beide SPD) ausgegangen sein.

„Ich werde das nicht durchgehen lassen, wir dulden keinen Antisemitismus, Hass und Hetze an unseren Universitäten“, erklärte Wegner am Freitag. Er lege „sehr viel Wert auf die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, aber antisemitische Straftaten sind keine Meinung“. Die Räumung sei sein „neuer Stil“.

Für massive Kritik sorgt unterdessen, dass sich unter den Festgenommenen auch der Strafverteidiger Benjamin Düsberg befand. Er hatte sich während der Verhandlungen mit dem Präsidium im besetzten Gebäude befunden. Als eine Person festgenommen wurde, wollte er diese nach eigenen Angaben anwaltlich begleiten. Dann wurde er selbst festgenommen.

„Besonders alarmierend ist, dass die Polizei mir zunächst nicht einmal einen Tatvorwurf nennen konnte“, sagte Düsberg zur taz. Inzwischen wird ihm „schwerer Landfriedensbruch“ vorgeworfen. „Das ist völlig hanebüchen, denn ich habe lediglich meine Arbeit als Anwalt ausgeführt“, so Düsberg.

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