Neue Präsidentin von Nordmazedonien: Provokation bei der Eidesformel
Nordmazedoniens neue Präsidentin lässt beim Amtseid die Silbe „Nord-“ weg – und löst damit wütende Proteste von Griechenland und der EU-Spitze aus.
Aber den Eid schwor sie auf den alten Staatsnamen Mazedonien, obgleich sie an mehreren Stellen im Text den neuen Staatsnamen Nordmazedonien, also Severna Makedonija, zu sagen hatte. „Severna“ („Nord“) ließ die 70-jährige Verfassungsrechtlerin von der Universität Skopje stets bewusst weg – und löste damit einen Eklat aus.
Die griechische Botschafterin in Skopje, Sofia Filippidou, verließ aus Protest den Parlamentssaal. Noch am Sonntag reagierte das griechische Außenministerium in scharfer Form. „Dieser Akt stellt eine grobe Verletzung des Prespa-Abkommens und der Verfassung des Nachbarlandes dar … Griechenland erklärt kategorisch, dass weitere Fortschritte in seinen bilateralen Beziehungen zu Nordmazedonien sowie dessen europäischer Kurs von der vollständigen Umsetzung des Prespa-Abkommens und insbesondere der Verwendung des verfassungsmäßigen Namens des Landes abhängen“, hieß es dazu in einer Pressemitteilung aus Athen.
Hintergrund: Anfang 2019 hatte das bilaterale Prespa-Abkommen einen jahrzehntelangen Namensstreit zwischen Athen und Skopje beigelegt. Der alte Staatsname Mazedonien wurde in Nordmazedonien geändert. Im März 2020 trat Nordmazedonien der Nato bei, nachdem Athen sein betreffendes Veto aufgehoben hatte. Seit 2005 ist der südosteuropäische Kleinstaat mit rund zwei Millionen Einwohnern offizieller EU-Beitrittskandidat.
Griechischer Premier: „Illegale und inakzeptable Initiative“
Am Montag in der Früh legte der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis nach.„Die provokative Entscheidung der neuen Präsidentin Nordmazedoniens, gegen den offiziellen Text ihres Eides zu verstoßen und ihr Land mit einem anderen Namen zu bezeichnen, ist eine illegale und inakzeptable Initiative“, schrieb Mitsotakis in seinen sozialen Medien.
Auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, verurteilten auf X die Verwendung des alten Staatsnamens.
Dabei hat Siljanovska-Davkova nie einen Hehl daraus gemacht, was sie vom neuen Staatsnamen Nordmazedonien hält. „Das Recht auf Selbstbestimmung ist ein persönliches Recht. Niemand hat das Recht, jemandem zu befehlen, etwas zu benutzen, was sein Geist und sein Herz nicht akzeptiert“, sagte sie noch wenige Tage vor der Stichwahl.
Zugleich stellte sie aber klar: „Wenn ich sage, dass ich das Wort ‚Nord‘ nicht verwenden werde, meine ich damit nicht, dass ich es von den Schildern vor Gebäuden mit Institutionen, von Schildern bei internationalen Konferenzen oder bilateralen Treffen entfernen werde. Ich spreche hier persönlich für mich. Ich werde das Wort ‚Nord‘ respektieren, aber ich werde es nicht verwenden.“
EU-Beitritt soll nicht gefährdet werden
Der Blick richtet sich nun darauf, wie die VMRO-DPMNE in der heiklen Frage verfahren wird. Ihr gelang bei der ebenfalls am Mittwoch abgehaltenen Parlamentswahl in Skopje nach sieben Jahren in der Opposition ein Erdrutschsieg. Die bisher in Skopje regierenden Sozialdemokraten, die das Prespa-Abkommen in trockene Tücher gebracht hatten, wurden vom Wähler abgestraft.
Zwar will der VMRO-Chef und designierte Regierungschef in Skopje, Hristijan Mickoski, den neuen Staatsnamen partout nicht in den Mund nehmen. Er dürfte eine einseitige Kündigung des Prespa-Abkommens aber wohl auch nicht wagen. Denn der EU-Beitritt Nordmazedoniens ist auch für die Nationalkonservativen ein strategisches Ziel.
Dies bekräftigte am Montag auch das nordmazedonische Außenministerium: „Das Außenministerium bekräftigt die feste Entschlossenheit des Landes, die Bestimmungen der Verfassung sowie alle eingegangenen internationalen Verpflichtungen bedingungslos zu erfüllen“, hieß es dazu in einer offiziellen Mitteilung. Dazu zähle die „vollständige Einhaltung des Prespa-Abkommens“.
Das Außenministerium rief „alle politischen Akteure, insbesondere die gewählten Staatsvertreter, zur Wachsamkeit“ auf – ein klarer Seitenhieb gegen die neue Staatspräsidentin Siljanovska-Davkova. Die zeigte sich am Montag unbeirrt. Auf X antwortete sie auf Glückwünsche der schwedischen Botschaft in Skopje als „Präsidentin von Mazedonien“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen