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Kritik an Tangentialverbindung OstIrritierende Tangente

Keine Schienen, kein Konzept, Waldrodungen und hohe Kosten: Es gibt viel Kritik an der TVO, deren Planunterlagen aktuell zur Einsicht ausliegen.

UmweltschützerInnen protestieren schon seit Jahren gegen die TVO – hier 2021 in Wuhlheide Foto: IMAGO / Bernd Friedel

Berlin taz | Für AutofahrerInnen und AnwohnerInnen dürfte es eine gute Nachricht sein, dass sich das fehlende Mittelstück der Tangentialverbindung Ost (TVO) nach Jahrzehnten endlich im Planfeststellungsverfahren befindet. Die Berliner Umweltorganisationen, aber auch der Fahrgastverband IGEB sind weitaus weniger glücklich damit. Vor allem nach Einsicht der Planunterlagen, die seit vergangenem Dienstag in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für vier Wochen ausliegen.

„Höchst irritiert“ sei man von diesen Unterlagen, teilte die IGEB am Donnerstag mit, „denn von ‚Miteinander‘ oder gar gesamtheitlicher Betrachtung können wir hier nichts erkennen“. Das „Miteinander“ der unterschiedlichen Verkehrsträger war ein Mantra der jüngst ausgeschiedenen Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Der Nutzen der Autostraße zwischen Marzahn und Köpenick für den öffentlichen Nahverkehr, den sich die Fahrgastlobby erhofft hatte, ist aus ihrer Sicht aber mehr als überschaubar.

Zwar sind laut den Planunterlagen barrierefreie Bushaltestellen auf der gut 7 Kilometer langen Strecke zwischen Märkischer Allee und Spindlersfelder Straße vorgesehen – laut IGEB ist das sogar ein Fortschritt, denn ursprünglich sei gar kein ÖPNV auf der Straße vorgesehen gewesen. Allerdings seien die Haltestellen einfach „nachträglich ohne Linienkonzept dazugeplant“ worden. Schlimmer noch: Die seit vielen Jahren von KritikerInnen der TVO geforderte „Nahverkehrstangente“, auf der parallel zum Autoverkehr S- oder Regionalbahnen rollen sollen, werde „gar nicht erst erwähnt“.

Allerdings gibt es nach aktuellem Stand immerhin die Zusage der Senatsverkehrsverwaltung, dass ein 40 Meter breiter Korridor für die Nahverkehrstangente freigehalten wird. Wann die geplant, gebaut und in Betrieb genommen werden könnte, steht dabei in den Sternen. Schon die TVO wird wohl frühestens 2032 oder 2033 fertig werden – die Bauarbeiten, die vermutlich 2026 beginnen können, sollen 6 bis 7 Jahre in Anspruch nehmen. Das teilte Manja Schreiner noch kurz vor ihrem Rücktritt auf einer Informationsveranstaltung Ende April im FEZ Wuhlheide mit.

Diskutiert werden durfte dabei übrigens nicht – dafür sei der Rahmen zu groß, hieß es. Stattdessen haben Interessierte jetzt bis zum 6. Juni Zeit, sich die umfangreichen Unterlagen in der Bauverwaltung auf Papier oder digital im Netz anzusehen und Einwände zu erheben. Aus Sicht der IGEB besteht etwa die Gefahr, dass die vom Senat für die parallel verlaufende Köpenicker Straße erwartete Entlastung nicht eintrete. Werde die Straße dann, wie in den Unterlagen angedeutet, nach dem Mobilitätsgesetz umgestaltet, könnte das für den Busverkehr eng werden.

Das Märchen von der Entlastung

Das „Entlastungmärchen“ sei längst widerlegt, so die IGEB, der auf die Dörpfeldstraße in Adlershof verweist. Auf der sollte durch den bereits bestehenden südlichen Abschnitt der TVO eigentlich deutlich weniger Autoverkehr unterwegs sein, nach Angaben der IGEB stieg er sogar an, weil flankierende Maßnahmen fehlten. Jetzt brauche es daher „klare Festlegungen“ bei der Planfeststellung, sonst werde die neue Straße nur weiteren Verkehr induzieren. Mit der Beruhigung der angrenzenden Kieze, die viele BewohnerInnen sehnlichst erhoffen, wäre es dann doch wieder nichts.

Die IGEB ist auch eine von 15 verkehrs- und umweltpolitischen Organisationen und Bürgerinitiativen, die sich Anfang des Monats zum Bündnis „Schiene vor TVO“ zusammengetan haben. Beteiligt sind unter anderem die BI Wuhlheide, der FUSS e.V., der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Robin Wood. Gemeinsam wollen sie Druck auf den Senat machen: Er soll von seiner „Fixierung auf eine 4-streifige Umsetzung der TVO“ abrücken, zugunsten des „Ausbaus sozial- und umweltgerechter Alternativen durch den ÖPNV und insbesondere die Schiene“.

Im Prinzip ist es für einen „zielpolitischen Neustart des Vorhabens“, wie ihn das Bündnis fordert, im laufenden Planfeststellungsverfahren zu spät. Das sehen die Beteiligten durchaus anders: „Um die Klimaziele zu erreichen, braucht Berlin eine grundlegende Wende in der Mobilitätspolitik“, betont BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser. Knappe finanzielle Ressourcen müssten darum konsequent für den Ausbau des Umweltverbunds investiert werden. „Weiterer Straßenbau ist dagegen nicht zukunftsfähig.“

Am Mittwoch kommender Woche lädt die Bür­ge­r*in­nen­in­itia­ti­ve Wuhlheide die Öffentlichkeit zu einer großen Informationsveranstaltung im Stadion an der Alten Försterei ein. Unter dem Motto „Neues Denken für eine zukunftsgerechte Stadt- und Mobilitätsentwicklung im Berliner Südosten“ sollen dabei die Aspekte im Mittelpunkt stehen, die vom Senat zu wenig thematisiert worden seien: neben den befürchteten negativen verkehrlichen Auswirkungen auch die geplante Rodung von 16 Hektar Wald, Eingriffe in Naturgebiete und die prognostizierten Kosten von mittlerweile rund 400 Millionen Euro.

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1 Kommentar

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  • Den Entscheider*innen ist der Ernst der Lage offensichtlich nicht bewusst.

    Wir steuern -- völlig hirnbefreit -- auf die Katastrophe zu. Klimawandel? Ach was.

    Sowas sollte strafbar sein.