piwik no script img

Abstieg des 1. FC KölnDa simmer nit mieh dabei

Mit einem 1:4 in Heidenheim steigt der Geißbockklub ab. Fans sind sauer, der Vorstand steht in der Kritik und der Trainer kurz vor dem Aus.

Abschied von der Ersten Liga: die Spieler des 1. FC Köln Foto: Imago/MIS

Wie ein Häuflein Elend trotteten die Kölner Spieler nebeneinander über den Rasen und steuerten sehr vorsichtig den Gästeblock in der Heidenheimer Arena an. Doch die FC-Fans wollten nichts wissen von den im Schneckentempo daherkommenden Kickern. Mit grantigen Sprechchören („Wir sind Kölner und ihr nicht“) schickten sie die weiß gekleideten Fußballer retour Richtung Platzmitte. Zu deprimierend war das 1:4 beim Liganeuling gewesen, mit dem sich der Geißbockklub am Pfingstsamstag zum siebten Mal in die Zweite Liga verabschiedete.

In dieser tristen Statistik liegen die Domstädter nun gleichauf mit Hertha BSC, auf mehr Bundesliga-Abstiege kommen allein Bielefeld (acht) und Nürnberg (neun). Und anstatt den müden Dank der Kölner Spieler entgegenzunehmen, skandierten die FC-Fans: „Keller raus!“ Es war das laute Aufbegehren gegen die Arbeit von Sportgeschäftsführer Christian Keller. Der ist seit April 2022 im Amt und hatte die Saisonplanungen unter einem strikten Sparkurs geführt – und es versäumt, die Abgänge der Leistungsträger Jonas Hector (Karriereende) und Ellyes Skhiri (nach Frankfurt) adäquat aufzufangen.

Fatale Folgen hatte auch Kellers Entscheidung, auf die Verpflichtung eines neuen Stürmers zu verzichten: 28 Tore nach 34 Spielen sind ebenso verheerend wie die fünf Saisonsiege des FC. Und die Art und Weise, in der die Kölner ihre letzte Chance auf das Erreichen des Relegationsplatzes in Heidenheim verpuffen ließen, kam einer Bankrotterklärung gleich.

Zuletzt stärkten Sportchef Keller und die ebenfalls in der Kritik stehende Klubspitze um Präsident Werner Wolf sich gegenseitig den Rücken. Dabei würde dem FC, bei dem 2025 Neuwahlen des Vorstands anstehen, eine ausgeprägte Streitkultur gut tun. Aufgrund der deutlich geringeren Einnahmen bei den TV-Geldern und beim Sponsoring muss der Klub in der Zweiten Liga mit einem Minus von rund 40 Millionen Euro kalkulieren.

Wenn du so auftrittst, verlierst du zu Recht – und steigst zu Recht ab

Christian Keller, FC-Geschäftsführer

Hinzu kommt die Transfersperre, durch die den Kölnern bei der Verpflichtung neuer Spieler bis Januar 2025 die Hände gebunden sind. Dass Top-Kräfte wie Abwehrchef Jeff Chabot oder Torwart Marvin Schwäbe von ihren Ausstiegsklauseln Gebrauch machen könnten, erschwert die Angelegenheit zusätzlich. Routinier Mark Uth immerhin bekannte sich noch vor der Abreise nach Heidenheim dazu, seinen bis 2025 laufenden Vertrag auch im Abstiegsfall zu erfüllen.

Dieses Szenario ist nun eingetreten. Und wer gesehen hat, wie sang- und klanglos sich die Kölner ihrem Schicksal beim Saisonfinale ergaben und bei Halbzeit hoffnungslos 0:3 zurücklagen, der ahnt, dass die Chancen von Cheftrainer Timo Schultz auf eine Weiterbeschäftigung im Unterhaus am Samstag nicht gestiegen sind.

Fiasko in der ersten Halbzeit

„Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, jetzt die Arbeit von Timo zu beurteilen“, hielt sich Keller nach dem Spiel in Heidenheim in dieser Frage bedeckt. Der Sportboss des FC wollte erst einmal einige Tage, in denen es „richtig wehtut“, ins Land ziehen lassen und anschließend eine Entscheidung bekannt geben.

Glasklar vor Augen hatte der 47-Jährige da nur die frischen Eindrücke vom vorerst letzten Bundesliga-Auftritt der Domstädter. Und die waren eindeutig. „Für die erste Halbzeit“, kommentierte Keller, „habe ich keine Worte, gefühlt hatten alle Spieler Bleiwesten an. Wenn du so auftrittst und zum Toreschießen einlädst, verlierst du zu Recht – und steigst zu Recht ab.“

Der zur Pause eingewechselte Uth konnte das harsche Urteil nur bestätigen. „Ich weiß nicht, ob wir in der ersten Halbzeit überhaupt einen Zweikampf geführt haben“, motzte der gebürtige Kölner, der sein persönliches Vorabbekenntnis zur unterklassigen Kickerei auch als interne Werbekampagne begreift. Umtreiben dürfte ihn dabei die Furcht, mit dem FC ähnlich wie aktuell Hertha und Schalke im Niemandsland der Zweiten Liga zu versinken. Jedenfalls betonte Uth: „Ich hoffe, dass es mir einige nachmachen werden.“ Denn: „Wir brauchen jeden Spieler.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Auf der anderen Rheinseite war die Stimmung viel besser :-D

    • @PezzeyRaus:

      Noch ein Grund, den Vorort Kölns endlich einzugemeinden, wie schon früher geplant.

  • Ähnlich wie bei Darmstadt hat beim FC einfach die Qualität gefehlt für die 1. Liga. Aber haben sich die Lilien zumindest noch versucht, gegen das drohende Schicksal zu wehren war der Auftritt der Kölner in Heidenheim gar nichts. Es droht die HSVisierung des FC, wird schwer mit dem Aufstieg, zunächst einmal muss man in der 2. Liga nach unten schauen und sich konsolidieren.

    • @Bambus05:

      Darmstadt 98 war insgesamt völlig chancenlos. Der 1. FC hätte es schaffen können.

  • Bravo, Uth! Und Hector hat die Zweite Liga beim FC ja auch gut getan.

    An die Elf gesprochen: Gerade beim letzten Spiel kann man dabei durchaus auch mehr laufen als Hennes IX. So hat der FC leider letztlich diesen Platz auch verdient. Auch wenn die Fans (bis auf unappetitliche Ausnahmen) die Champions League qua Lautstärke häufig verdient haben.