Comeback des Heldengedenkens

Die Ampelparteien haben sich mit der Union auf einen nationalen „Veteranentag“ geeinigt. Am Donnerstag berät der Bundestag ihren gemeinsamen Antrag. Kritik kommt von links

„Volksfest­charakter“ soll der Tag haben, und dann wird allseits „stillge­standen!“ Foto: Foto:imago

Aus Berlin Pascal Beucker

Auf dem Weg zu der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ausgerufenen deutschen „Kriegstüchtigkeit“ will der Bundestag an diesem Donnerstag den nächsten Schritt gehen. Auf der Tagesordnung des Parlaments steht die Einführung eines nationalen „Veteranentages“. Ein solcher Tag sei „überfällig“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Johannes Arlt bei der Vorstellung der gemeinsamen Ini­tia­tive der Ampelparteien mit der Union. „Wir haben sehr lange dafür gekämpft.“

Mit dem neuen „Veteranentag“ solle „das Verständnis und Bewusstsein in der Gesellschaft für die Leistungen, Entbehrungen und Opfer, die mit dem Militärdienst verbunden sind“, gefördert werden, heißt es in dem Antrag, den Arlt am Mittwochmorgen gemeinsam mit seinen Kol­le­g:in­nen aus dem Verteidigungsausschuss Kerstin Vieregge (CDU/CSU), Merle Spellerberg (Grüne) und Christian Sauter (FDP) in Berlin präsentierte. Es gehe darum, „den Dienst, den Einsatz und die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die im Einsatz stehen und standen, angemessen zu würdigen“.

Als Datum haben sich SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU den 15. Juni ausgeguckt. An diesem Tag, beziehungsweise dem Wochenende davor oder danach, soll von nun an jährlich eine zentrale Veranstaltung mit „Volksfestcharakter“ in der Nähe des Berliner Reichstags stattfinden. „Wir wollen die Menschen mit ihren Geschichten an diesem Tag in den Mittelpunkt stellen“, sagte die Grüne Spellerberg.

Die Definition, wer sich als Veteran oder Veteranin betrachten kann, ist eine recht umfassende. „Unser Veteranenbegriff umfasst alle Soldaten, die Dienst leisten oder Dienst geleistet haben und mindestens sechs Monate Dienst in der Bundeswehr getan haben“, sagte der frühere Berufssoldat Arlt. Angehörige der Wehrmacht oder der NVA sind allerdings nur inbegriffen, wenn sie ihre militärische Kar­rie­re anschließend in der Bundeswehr fortgesetzt haben.

Egal ist hingegen, ob sich die Betreffenden freiwillig zur Armee gemeldet haben oder zu Zeiten der inzwischen ausgesetzten Wehrpflicht zwangseingezogen wurden. Das ergibt dann etwa 10 Millionen Ve­te­ra­n:in­nen in Deutschland. Damit folgt der Bundestagsantrag einem Tagesbefehl der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) von 2018, der auch die Grundlage ist für das ein Jahr später erstmalig verliehene „Veteranenabzeichen“.

Anders als bei SPD und Grünen stößt der „Veteranentag“ bei der Linkspartei weiterhin auf keine Begeisterung. „Diese Form der Heldengedenktage, wie sie vom NS-Regime genannt wurden, treiben eine Militarisierung der Gesellschaft voran“, sagte Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert der taz. „Statt solche Gedenktage zu feiern, sollte man lieber planbare und verlässliche finanzielle Mittel bereitstellen, um Soldaten eine angemessene medizinische Versorgung zu bieten“, forderte sie.

„Militarismus und Krieg sind wieder Grundlage deutscher Politik“

Willi van Ooyen, Deutsche Friedensgesellschaft

Wenig begeistert zeigt sich auch die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). „Eine Überhöhung des Soldatentums hatten wir in Deutschland schon häufiger und die Folgen waren immer übel“, sagte deren politischer Geschäftsführer Michael Schulze von Glaßer der taz. Er kündigte an, dass die DFG-VK den „Veteranentag“ zu einem „Protesttag gegen Militarismus“ machen werde.

Nicht minder deutlich äußerte sich Willi van Ooyen, der Vorsitzende der Frankfurter Friedens- und Zukunftswerkstatt. „Für mich ist die Einführung des ‚Veteranentages‘ eine Bestätigung dafür, dass Militarismus und Krieg wieder Grundlage deutscher Politik geworden sind“, sagte der langjährige Ostermarschorganisator der taz. Es gehe darum, „dass der Zusammenhang von ‚Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg‘ aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt“ wird.