Kleinkauf statt Großenteignung

Die Howoge erwirbt 4.500 Wohnungen von Vonovia – und Kai Wegner erteilt Enteignungen die Absage

Von Erik Peter

Berlins Wohnungs- und Mietenproblem ist gelöst. Diesen Eindruck zumindest vermittelten Vertreter des Senats – der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Finanzsenator Stefan Evers (CDU) und Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) – im Beisein der Chefs von Howoge und Berlinovo am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Roten Rathaus.

Zu verkünden war laut Wegner eine „große Entscheidung“, eine „gute Nachricht für den Wohnungsmarkt“, die dazu beitrage, „die Mieten bezahlbar zu halten“. Nein, um die Vergesellschaftung von Wohnungen im großen Stil ging es dabei nicht, auch nicht um das erstmalige Erreichen des selbstgesteckten Ziels neu gebauter (Sozial-)Wohnungen. Stattdessen ging es um den Ankauf von 4.500 Wohnungen in Lichtenberg und Treptow-Köpenick sowie einer Baufläche von 7 Hektar im Neubaugebiet „Am Sandhaus“ in Buch durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.

„Von Wegners Demokratie­feindlichkeit sind wir keineswegs überrascht“

DW enteignen

Dem privaten Immobilienkonzern Vonovia bringt das Geschäft 700 Millionen Euro ein, die die Gesellschaften aus Eigenmitteln und mittels Kreditaufnahmen in die Hand nehmen, ohne den Landeshaushalt zu belasten, wie Evers betonte. Für etwa 155.000 Euro pro Wohnung erwerbe man laut Howoge-Chef Ulrich Schiller ein „sehr gepflegtes Portfolio“ mit „moderaten Mieten“ von durchschnittlich 7,04 Euro pro Quadratmeter. Etwa 2.500 der Wohnungen befinden sich in Friedrichsfelde, mehr als 1.000 in Plänterwald sowie 600 im Ortsteil Lichtenberg. Perspektivisch, womöglich mit einem ersten Spatenstich 2026, sollen in Buch dann durch die Landeseigenen 1.200 Neubauwohnungen entstehen – insgesamt sind rings um das ehemalige Stasi-Krankenhaus 2.700 Wohnungen geplant.

Der Berliner Mieterverein teilte die Euphorie des Senats nicht. Der Wohnungsankauf sei nur ein „kleiner Schritt“ in Richtung des Ziels, 50 Prozent der Wohnungen in kommunale Hand zu holen. Das könne ohnehin nur erreicht werden, „wenn die landeseigenen Wohnungsunternehmen ihren Kurs nach einer sozialen Wohnraumversorgung nicht noch weiter verlassen“. Zuletzt waren die Sozialvorgaben und Mietanstiegsbegrenzungen mit einer neuen Kooperationsvereinbarung nahezu aufgehoben worden. Die Linke drang darauf, in Buch „ausschließlich bezahlbare Wohnungen neu zu bauen“, und verwies darauf, dass das Geschäft zeige, dass Vonovia „keine Ambitionen hat, durch eigenen Neubau Wohnraum zu schaffen“.

Fläche mit Potenzial? Die Landeseigenen sollen 1.200 Wohnungen rund um das ehemalige DDR-Regierungskrankenhaus in Buch bauen Foto: Jürgen Ritter/imago

Für Wegner war nichtsdestotrotz dann auch der demokratische Mehrheitswille, den die Ber­li­ne­r:in­nen im Enteignungs-Volksentscheid kundgetan hatten, abgeräumt. „Das heutige Beispiel zeigt, dass es bessere Wege gibt als willkürliche, ideologische und teure Enteignungen.“

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen reagierte umgehend: „Von Wegners Demokratiefeindlichkeit in Basta-Manier sind wir keineswegs überrascht. Trotzdem offenbaren seine Einlassungen nichts mehr als Verächtlichkeit gegenüber dem Votum der Berliner:innen.“ Die Umsetzung des Volksentscheids werde umso dringlicher „angesichts der Zuspitzung der Berliner Wohnraumkrise“. In Zusammenarbeit mit dem Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn planen die Ak­ti­vis­t:in­nen eine Demonstration für den 1. Juni.