piwik no script img

Klimawandel in BerlinKein Plan gegen die Hitze

Der Hitzeaktionsplan braucht noch ein Jahr – viel zu spät, kritisiert Linke-Politiker Ferat Koçak. Hitzehilfe für Obdachlose unter Finanzvorbehalt.

Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt – was tut der Senat? Foto: dpa

Berlin taz | Gerade gab es wieder einen Temperaturrekord: Dieser März war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in der Hauptstadt mit durchschnittlich 8,2 Grad. Und am Wochenende soll es richtig warm werden, 24 Grad sind für Berlin angekündigt. Bei aller Freude über etwas Sonne: Für den Sommer lässt das nichts Gutes erwarten. Trotzdem ist der Senat mit seinen Präventionsmaßnahmen gegen Hitze nicht viel weitergekommen, wie aus der Antwort der Senatsgesundheitsverwaltung auf eine Anfrage von Ferat Koçak hervorgeht. „Die Klimapolitik hat beim schwarz-roten Senat einfach keine Priorität“, so der Linke-Abgeordnete am Mittwoch zur taz.

Laut der Antwort aus dem Hause von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) soll der Hitzeaktionsplan erst ab Mitte dieses Jahres erarbeitet und 2025 im Senat beschlossen werden. Bislang befindet sich nur „ein Verfahrensvorschlag zur Erstellung“ dieses Plans in der Mitzeichnung der Senatsverwaltungen. Konkrete Maßnahmen – etwa in puncto Stadtplanung oder zum Schutz von Risikogruppen – würden erst ab Jahresmitte erarbeitet, heißt es weiter.

Für Koçak ist das viel zu spät. „Das muss schneller gehen. Die Prognosen deuten darauf hin, dass wir auch 2024 wieder eine Hitzewelle haben werden – mit Hitzetoten, Obdachlosen, die Wasser brauchen und ein Dach über dem Kopf, mit älteren Menschen, die Kreislaufschwierigkeiten bekommen.“ All dies werde vom Senat nicht genügend berücksichtigt, zu wenig werde unternommen, um die Stadt hitzeresilienter zu machen, so Koçak.

Dazu gehöre auch die Entsiegelung von Flächen, besonders in der Innenstadt, die sich immer weiter aufheize. Der Senat mache jedoch das Gegenteil, so Koçak mit Verweis auf die geplante Abholzung des Emmaus-Waldes in Neukölln für Eigentumswohnungen oder die Pläne zur Bebauung des Tempelhofer Feldes.

Angebote gut genutzt

Auch wie es mit dem Modellprojekt „Hitzehilfe“ für Obdachlose weitergeht, ist unklar. Für diese besonders betroffene Gruppe gab es in den vergangenen beiden Sommern Projektgelder, mit denen Wohnungslosentagesstätten ihre Angebote erweitern und „aufsuchend aktiv die Menschen mit hitzerelevanten Hilfsmitteln versorgen“ konnten, berichtet die Verwaltung.

Die Angebote seien gut genutzt worden, man beabsichtige daher, sie auch in diesem Jahr fortzuführen. Noch ist allerdings offen, ob es dafür Geld geben wird: „Aufgrund der Auflagen im Haushaltsgesetz 2024 und der damit verbundenen Auflösung der Pauschalen Minderausgaben ist die Verwendung der Mittel zunächst einmal in Klärung“, heißt es.

Koçak ist schockiert: „Der extrem wichtige Schutz von besonders gefährdeten Gruppen wird so unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.“ Es dürfe nicht sein, dass diese darunter zu leiden hätten, dass der Senat das Thema Sondervermögen für Klimaausgaben „vergeigt“ habe, sagte der Linke-Politiker. „Wir müssen viel mehr Geld in Klimapolitik investieren“, sagt Koçak, „nicht weniger“ – ein Zögern bei diesem Thema könne Leben gefährden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Es wird immer deutlicher, das die Menschheit (also wir alle) den Klimawandel nicht aufhalten werden, sondern höchstens minimal abbremsen können.

    Das liegt in den Triebkräften des Kapitalismus und den auf Konsum konditionierten Menschen. Den Kapitalismus zu transformieren, wie TAZ Autorin Ulrike Hermann vorschlägt, also zu schrumpfen und zu verzichten, birgt immense kurzfristige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken und Kosten, die nicht vertretbar sind. (Millionen Arbeitslose, sinkende Steuereinnahmen, unbezahlbare Infrastruktur, implodierende Börsen.)

    Das bedeutet nicht, das wir mit erneuerbarer Energie nicht alles mögliche tun sollten, den Klimawandel abzubremsen.

    Statt ungebremst 4-5 Grad Erwärmung ist so möglicherweise eine Begrenzung auf



    3 Grad möglich.

    Das 1,5 Grad Ziel jedoch ist eine gefährliche Illusion und Wunschdenken, die das



    Nichtstun der Berliner Regierung in Sachen Klimaanpassung befördert..

    Wäre man realistisch und würde von einer kommenden 3 Grad Erwärmung ausgehen, die sich in den Städten auf 6 Grad verdoppeln kann, dann wäre ein viel dringender Handlungsbedarf sichtbar, die Stadt für Temperaturen von 40 Grad im Sommer fit zu machen.

    So sollte es künftig in jeder Wohnung einen klimatisierten Raum geben und für Ältere klimatisierte Gemeinschaftsräume.



    Wie in Dubai müßten alle Bereiche des öffentlichen Lebens sowie Büros und Fabrikhallen klimatisiert werden



    Zudem wäre ein Arbeitsverbot für Aussenarbeiten bei über 33 Grad denkbar, in dem man diese Arbeiten in die frühen Morgen und Abendstunden.