taz-Rezensionen der Oscar-Filme: Wundersam, satirisch, beeindruckend
Die Oscars sind vergeben und trotzdem ist manchmal nicht so ganz klar: Soll ich den Film jetzt anschauen? Gut, dass es die taz-Rezensionen gibt!
„Oppenheimer“: 7 Oscars*
14 Mal war „Oppenheimer“ bei der 96. Oscar-Verleihung nominiert. Sieben Oscars hat Christopher Nolans Historienfilm über den „Vater der Atombombe“ abgeräumt. Gleich zwei Schauspieler erhielten eine goldene Statue: Robert Downey Jr. als Bester Nebendarsteller und Cillian Murphy als Bester Hauptdarsteller für seine Verkörperung des Physikers J. Robert Oppenheimer.
Auch taz-Autor Fabian Tiedke lobt die Schauspieler*innen in Nolans Werk: „Für ‚Oppenheimer‘ hat der Regisseur einen beeindruckenden Cast zusammengestellt, um das umfangreiche Figurentableau zu verkörpern. Entsprechend legt er den Schwerpunkt auf die Konflikte zwischen den Personen“, schreibt er in seiner taz-Filmkritik.
*In den Kategorien: Bester Film, Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Bester Nebendarsteller, Beste Kamera, Beste Filmmusik, Bester Schnitt)
„Poor Things“: 4 Oscars (Beste Hauptdarstellerin, Bestes Szenenbild, Bestes Kostümdesign, Bestes Make-up und Beste Frisuren)
Als „feministische Interpretation des Frankenstein-Stoffs“ beschreibt Filmkritikerin Arabella Wintermayr den Film „Poor Things“ über eine Mädchen, das – dank eines verrückten Wissenschaftlers – im Körper einer Frau steckt und damit erst mal klarkommen muss, gleichzeitig aber schon als Kleinkind sexualisiert wird. Wintermayr lobt das „„schwarzhumorige Fantasydrama“ sowie den Regisseur. „Yorgos Lanthimos schafft, was er am besten kann: Der griechische Filmemacher entwirft mit ‚Poor Things‘ eine wundersame Welt, durch die das Publikum in etwas völlig Eigenes eintaucht. So konsequent wie in seinem neuesten Spielfilm verfolgte der Regisseur von 'The Favourite‘ und ‚The Lobster‘ aber nie zuvor einen derart originellen und visuell opulenten Stil“, schreibt sie.
Die Rezensentin betont außerdem die Wirkung der „Sets im Stile der Steampunk-Ästhetik“, für die sich das Team hinter „Poor Things“ über einen Oscar in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ freuen kann.
Emma Stone, die im Film die Protagonistin Bella spielt, ist die „Beste Hauptdarstellerin“ der Oscars 2024. Wintermayr beschrieb in ihrer Rezension, dass Stone besonders mit dem „allmählichen Wachsen ihrer Figur“ überzeugt.
„The Zone of Interest“: 2 Oscars (Bester Ton & Bester Internationaler Film)
Regie beim deutschsprachigen Historienfilm über den Holocaust führte der Brite Jonathan Glazer. „Die fiktionale Erzählung verbildlicht Leid dagegen oft über einen narrativen Weg von Sympathie und Empathie: Die erdachte Helden- wird durch ihre Handlung zur Identifikationsfigur, das Publikum mag sie und bangt um sie. Wird ihr ein Leid zugefügt, fühlt es mit. Und empört sich über die Verantwortlichen“, schreibt Filmkritikerin Jenni Zylka über „The Zone of Interest“.
„The Holdovers“: 1 Oscar (Beste Nebendarstellerin)
Für ihre Interpretation der Küchenchefin Mary Lamb in „The Holdovers“ von Alexander Payne erhielt Da’Vine Joy Randolph den Oscar als „Beste Nebendarstellerin“. „Paynes Film zeichnet seine konventionellen, aber authentischen Figuren mit viel Liebe“, schreibt taz-Kritikerin Jenni Zylka. Beim Comedy-Drama, das in New England im Jahr 1970 spielt, lobte die Autorin darüber hinaus den Kameramann. „Eigil Bryld lässt das riesige, dabei ungastliche, aber auch verheißungsvolle College-Backsteingebäude in ruhigen Bildern wirken, während Cat Stevens und die Allman Brothers die Retro-Tonspur streicheln“, schreibt sie.
„Anatomie eines Falls“: 1 Oscar (Bestes Originaldrehbuch)
Der Oscar für das beste Drehbuch ging an „Anatomie eines Falls“. Für das französische Justizdrama von Justine Triet um eine Frau, deren Mann getötet wurde, wählte Rezensentin Arabella Wintermayr die folgenden Worte: „‚Anatomie eines Falls‘ wirkt in seiner Prämisse zunächst wie ein weiterer spannungsreicher ‚Whodunit‘-Krimi. Tatsächlich hat Justine Triet einen Film geschaffen, der einen weder mit einfachen Antworten entlässt noch sich bemüßigt sieht, die Sensationsgier eines durch den ‚True Crime‘-Trend an einfache Antworten gewöhnten Publikums zu bedienen.“
„Barbie“: 1 Oscar (Bester Song)
Letztes Jahr erhielt Billie Eilish ihren ersten Oscar in der Rubrik Bester Song für den Bond-Titelsong „No Time To Die“. 2023 lieferte sie den Song zum Barbie-Film von Greta Gerwig, der trotz acht Nominierungen nur diesen einen Oscar erhielt. „Barbie“ war der am meisten diskutierte Film des vergangenen Jahres. „Greta Gerwigs Spielfilm ‚Barbie‘, der seit einer Woche für volle Kinos sorgt, schwelgt in rosa, pink und lila gehaltenen Tönen. Einige Reaktionen fallen dennoch weniger entspannt als vielmehr heftig aus“, schreibt Filmredakteur Tim Caspar Boehme.
Was sich laut Autorin Arabella Wintermayr durch den Film zieht? „Die gerissene Mischung aus satirischen Seitenhieben und der mehr oder minder subtilen Demonstration der Progressivität, für die die Puppe und ihr Hersteller insbesondere im Heute stehen wollen.“ Jedoch: „Die Thesen, die dabei in vermeintlich inspirierenden Ansprachen fallen, gehen allerdings niemals über handzahme Girl-Power-Plattitüden und abgedroschene Auslassungen über die unerhört hohen Ansprüche an Frauen hinaus.“
„Der Junge und der Reiher“: 1 Oscar (Bester Animationsfilm)
„Der neuste Film des japanischen Animationsfilm-Großmeisters und Mitbegründers des Ghibli Studios, Hayao Miyazaki, ‚Der Junge und der Reiher‘, zeigt einen Jungen, der in einer fremden Umgebung allmählich lernt, mit dem Verlust seiner Mutter umzugehen“, schreibt Autor Fabian Tiedke über das neuste Werk des Studio Ghibli.
21 Jahre nach seinem Oscar als Bester Animationsfilm für „Chihiros Reise ins Zauberland“ darf sich Anime-Regisseur Hayao Miyazaki über seinen zweiten Oscar freuen. „Am besten versteht man ‚Der Junge und der Reiher‘ vermutlich als Alterswerk Miyazakis, das das Wagnis eingeht (…) autobiografische mit fantastischen Elementen zu kombinieren“, schreibt Tiedke.
Anmerkung der Redaktion: Zu „American Fiction“, das den Oscar für das „Beste adaptierte Drehbuch“ erhielt, und „Godzilla Minus One“, das in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ gewann, g ab es bisher keine taz-Filmrezension.
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