Der Dreikampf um die Berliner SPD-Spitze: Raed Saleh kann nicht loslassen

Mit dem SPD-Fraktionschef und der Bezirkspolitikerin Luise Lehmann strebt ein drittes Duo den Landesvorsitz an. Ihre Erzählung ist wenig glaubwürdig.

Luise Lehmann und Raed Saleh bei der Vorstellung ihrer Kandidatur Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Die Erzählung von Versöhnung und Brückenbauen klingt eigentlich ganz gut. Da tut sich Raed Saleh, der die SPD in eine Koalition mit der CDU geführt hat, mit einer Gegnerin eben jener Koalition zusammen und will mit ihr zusammen an der Spitze der Partei eine neue Diskussion um die Frage beginnen, was die Berliner SPD sein kann und sein soll.

Mit genau dieser Erzählung hat am Donnerstag das Duo Raed Saleh und Luise Lehmann seine Kandidatur für den SPD-Landesvorsitz bekannt gegeben. Mit der jungen Bezirksverordneten und Neurochirurgin aus Marzahn-Hellersdorf will der SPD-Fraktionschef und Noch-Landesvorsitzende Saleh ein neues Kapitel in der Führung der Partei aufschlagen.

Das Problem ist nur: Diese Erzählung ist nicht glaubwürdig. Nicht wegen Luise Lehmann ist sie eine Mogelpackung, sondern wegen Raed Saleh. Wie kein anderer steht er für ein „Weiter so“, fürs Kleben an Macht und Posten. Und ein Brückenbauer ist Saleh erst recht nicht, eher ein kühler Rechner, der immer dann die richtigen Leute an seine Seite zu holen versucht, wenn es eng für ihn zu werden scheint.

Für die SPD Berlin wäre Raed Saleh nicht Teil der Lösung. Er ist mit Franziska Giffey vielmehr das größte Problem seiner Partei. Anstatt noch einmal zu kandidieren, hätte er Platz machen sollen für einen tatsächlichen Neuanfang. Es wäre der größte Dienst an seiner Partei gewesen, die in Umfragen derzeit bei 16 Prozent hinter CDU und Grünen liegt.

Nur zwei Alternativen

So liegt die eigentliche Wahl für die Delegierten beim Parteitag im Mai oder der 17.500 Mitglieder zwischen den Angeboten, die die beiden anderen Duos abgegeben haben. Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel und Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker- Giannini kämpfen mit offenem Visier, wenn sie einem konservativen Schwenk in der Senatspolitik auch einen ebensolchen Schwenk an der Parteispitze folgen lassen wollen. Ihre unausgesprochene Botschaft: Die „linke“ SPD in Berlin ist nicht mehr als Folklore, und anstatt einer solchen Selbstlüge zu folgen, kann man sich auch ehrlich machen.

Das Duo aus der Vorsitzenden der SPD-Frauen, Jana Bertels, und des Kreischefs von Charlottenburg-Wilmersdorf, Kian Niroomand, steht auf der anderen Seite für eine moderne linke Politik. Mit der Basis wollen sie nach dem Ende der Koalition mit der CDU einen linken Neustart wagen. Allerdings vermeiden die beiden bislang die strittigen Themen Enteignungsvolksentscheid und Verkehrswende.

Noch ist offen, wer über die neue Landesspitze entscheidet. Wer das Wort vom Dialog aber ernst meint, sollte das den Mitgliedern überlassen. Ruck nach rechts oder Ruck nach links, lautet die entscheidende Frage. Die Mitte mit Saleh wäre ein Weiterwurschteln bis zur endgültigen Verzwergung.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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