Kinder fragen, die taz antwortet: Warum ist morgens die Wiese nass?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Ella, 6 Jahre alt.
Wollen wir zusammen eine kleine Reise machen? Reisen sind schön und man kann auf ihnen meist etwas Neues lernen. Hoffentlich, liebe Ella, finden wir bei unserer Reise heraus, warum morgens die Wiese nass ist.
Wasser besteht aus vielen winzigen Teilchen, man nennt sie auch Wassermoleküle. Sie sind noch viel kleiner als ein Regentropfen. Stell dir mal vor, du wärst eines von ihnen. Du schwimmst in einem kühlen Fluss, ganz oben an der Oberfläche. Es ist früher Morgen und auf einmal trifft dich ein warmer Sonnenstrahl. Das ist etwa so, wie wenn morgens der Wecker klingelt und du schnell aufstehst, weil du zur Schule musst.
Der Sonnenstrahl trifft dich und du fängst an zu fliegen, immer höher. Für die Menschen bist du auf einmal unsichtbar. Du bist kein Teil des Flusses mehr, kein flüssiger Tropfen, sondern schwebst in der Luft, gasförmig heißt dieser Zustand. Mehr und mehr Sonnenstrahlen berühren dich, du hüpfst herum, stößt gegen andere Teilchen in der Luft. Denn je wärmer es wird, desto mehr Wasserteilchen aus dem Fluss kommen dazu.
Du fliegst immer schneller, als würdest du wild tanzen. Bis am Horizont die Sonne untergeht und mit ihr die Sonnenstrahlen, die dir so viel Kraft gegeben haben. Es wird kühler und du wirst langsam müde, vom ganzen Tanzen und Fliegen, und auch die anderen Teilchen werden träge.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Und dann, wenn die Temperatur am Boden einen bestimmten Tiefpunkt erreicht hat, passiert etwas Magisches: Ihr werdet wieder flüssig, sinkt hinab und sammelt euch zum Beispiel an Grashalmen. Ihr seid nun kein Teil des Flusses mehr, sondern heißt nun Tau. Hier endet deine Fantasiereise als Wasserteilchen.
Am frühen Morgen kannst du, liebe Ella, den Tau auf der Wiese sehen. Oder an den nackten Füßen spüren. Besonders gut sieht man den Tau im Winter. Da ist es manchmal so kalt, dass er auf den Grashalmen gefriert und ein bisschen wie Schnee aussieht. Besonders viel Tau gibt es, wenn nachts am Himmel keine Wolken sind und du die Sterne sehen kannst. Das liegt daran, dass es dann am Boden schneller kühl wird. Denn ohne Wolken steigt die Sonnenwärme des Tages schneller ins Weltall auf. Wenn der Abstand der Temperatur von Tag zu Nacht also groß ist, kannst du morgens den Tau besonders gut sehen.
Doch nicht lange: Denn irgendwann kommen ja die Sonnenstrahlen wieder und was dann mit den Wasserteilchen passiert, das weißt du ja schon.
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