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Proteste in Berlin und BrandenburgAuch Handwerker auf den Barrikaden

An den Bauernprotesten gegen die Regierung nehmen in Berlin und Brandenburg auffällig viele Handwerker teil. Der Unmut über „die da oben“ ist groß.

Wohl mehr LKW und Kleintransporter als Traktoren: Bauernproteste in Berlin am 8. Januar Foto: Nadja Wohlleben/reuters

Berlin taz | Auf der Karl-Marx-Allee geht es an diesem sonnig-eisigen Montagmorgen nur sehr langsam voran. Der Grund dafür sind weder Blockaden von Kli­ma­ak­ti­vis­ten noch wütende Land­wir­te auf ihren Traktoren. Es ist ein Konvoi von Hand­wer­ke­rn aus dem östlichen Berliner Umland, der im Schritttempo durch Friedrichshain Richtung Alexanderplatz fährt. Wie die Bauern fordern sie den Rücktritt der Regierung.

„Die Ampel muss weg“, heißt es auf einem Banner auf der Ladefläche eines Transporters, der die Kolonne anführt. Auf der Rückseite des weißen Lakens steht: „Keine Handwerker, keine Dienstleistung, keine Heizung, kein Wasser!“ Dahinter rollen etwa zehn Kleinlaster und Minibusse von Handwerksunternehmen – Malerfirmen, Heizungs- und Sanitärbetriebe – aus den Landkreisen Märkisch-Oderland und Oder-Spree.

Die Gruppe ist unterwegs zum Brandenburger Tor, wo am Montag zum Auftakt einer bundesweiten Aktionswoche Bauern gegen geplante Subventionskürzungen für die Landwirtschaft protestierten. Aufgerufen zu den Protesten hatte der Deutsche Bauernverband. Für die Kundgebung in Berlin waren 300 Teilnehmende angemeldet, die Polizei sprach schon am Mittag von rund 1.300 Demonstrierenden und knapp 700 Fahrzeugen.

Auf der Straße des 17. Juni sind dann neben Traktoren auch auffällig viele Lastwagen und Kleintransporter zu sehen, die nicht zu landwirtschaftlichen Betrieben gehören, sondern zu Speditionsfirmen oder eben Handwerksunternehmen. Das Mobilisierungspotenzial einer Demonstration gegen „die da oben“ und „das System“ ist offenkundig groß – trotz Warnungen, dass Rechtsextreme maßgeblich an den Protesten beteiligt sind.

Handwerker „Seite an Seite“ mit Bauern

„Es kann so nicht weitergehen“, sagt ein Handwerker, der an der Schleichfahrt über die Karl-Marx-Allee teilgenommen hat, zur taz. Er will lieber anonym bleiben. In Deutschland liege vieles im Argen, steigende Preise, Steuererhöhungen und Lieferengpässe machten ihm und seinen Angestellten zu schaffen. Deshalb hätten er und andere mittelständische Unternehmen sich mit den Bauern solidarisiert.

Norbert Band, Landesinnungsmeister des Fachverbands Sanitär, Heizung, Klempner Klima, Land Brandenburg, erklärt gegenüber der taz, die Innung habe zwar nicht zu den Protesten aufgerufen, unterstütze die Anliegen der Bauern aber. Man stehe „Seite an Seite“ mit den Landwirten, sagt Band.

Die Politik, die in Berlin gemacht werde, sei nicht im Interesse seiner Branche, kritisiert Band weiter. Die Wärmewende habe zwar zu vollen Auftragsbüchern, aber auch viel Verunsicherung in der Bevölkerung geführt – die die Heizungstechniker oft zu spüren bekämen. Außerdem fehle es an Möglichkeiten zur Mitsprache.

Der Forderung, die Ampel zu stürzen, will Band sich nicht anschließen. Gleichwohl betont der Landesinnungsmeister: „Ich hoffe, dass es genügend zähe Politiker gibt, die eine andere Richtung einschlagen.“

Mittelstand protestiert auch in Cottbus

Auch der branchenübergreifende Handwerkskammertag Brandenburg solidarisiert sich mit den Bauernprotesten: „Handwerk und Mittelstand verdienen mehr Wertschätzung und Unterstützung“, sagt dessen Präsident Robert Wüst. Durch das „Hin und Her der Politik“ sei „die Zuversicht für die künftige Entwicklung verloren gegangen“, so Wüst weiter.

Dass die bundesweite Aktionswoche anschlussfähig in weiteren Wirtschaftszweigen ist, zeigt sich am Montag auch in Cottbus: Hier hatte die „Mittelstandsinitiative Brandenburg“ zu einer Sternfahrt aufgerufen. Laut Polizeiangaben kamen mehr als 1.000 Fahrzeuge.

Die Cottbuser Grünen-Kommunalpolitikerin Barbara Domke schrieb bei X (ehemals Twitter), an der Demonstration hätten auch der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Schieske sowie die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbands Spree-Neiße, Viktoria Hänelt, teilgenommen. Hänelt soll in der Cottbuser Hooligan- und Naziszene aktiv sein.

Insgesamt waren in Brandenburg am Montag 134 Veranstaltungen angemeldet; es habe nach Angaben der Polizei aber auch unangemeldete Protest- und Blockadeaktionen gegeben. Bis zum Mittag seien landesweit mehr als 100 Autobahnauffahrten blockiert worden.

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3 Kommentare

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  • Tja, der Kapitalismus kommt eben bei den Menschen an. Einfach in die USA schauen, da sieht man wo es am Ende hinführt.

    Eingebrockt hat und das die Ära Kohl und die Ära Merkel. Immer schön neoliberal, alle wichtigen Bereiche privatisieren, damit die Gewinne abfließen können.

    Jetzt merken es auch die „einfachen“ Leute, das Geld wird knapp, vermutlich muss man bald einen zweiten Job machen, um über die Runden zu kommen.

    Miete, Essen usw. werden immer höher, Einkommen steigen nicht im gleichen Maß. So funktioniert das eben im Kapitalistischen System. Solange man selber profitiert ist alles schön, wenn es dann bei einem selber langsam eng wird, ist es zu spät.

    Willkommen im Kapitalismus!

    • @Gnutellabrot Merz:

      Eher Willkommen in einer Welt in der eine Politik lenken möchte, ohne entsprechende Mittel zur Verfügung zu haben.



      Komisch das immer nur gegen Eingriffe durch den Staat demonstriert wird.



      Ist mir immer wieder unbegreiflich, wie manche daraus ableiten, dass die Menschen noch mehr eingriffe durch den Staat haben wollen.

      • @Walterismus:

        Interessante Argumentation: Subventionen in Form von reduziertem/keinem Steuersatz für eine Branche ist ein staatlicher Eingriff oder nicht?