piwik no script img

Das Wert­schöpfungs-Versprechen

Sambia und der Kongo hoffen darauf, ihre Rohstoffe bald im eigenen Land selber weiterverarbeiten zu können

Aus Harare Zanji Valerie Sinkala

Aus Harare ZanjiValerie Sinkala

Nur fünf Seiten ist das Dokument lang, dass die Regierungen der USA, der Demokratischen Republik Kongo und Sambias im Dezember 2022 in Washington unterzeichneten. Eine „integrierte Wertschöpfungskette“ wollen die drei Staaten gemeinsam aufbauen – für die Herstellung von Batterien für Elektroautos. Das Besondere daran: Nicht nur die Rohstoffgewinnung sondern auch die Weiterverarbeitung und die Batterieproduktion selbst sollen in Afrika angesiedelt werden.

Das öffne „die Tür für Investitionen aus den USA und von Gleichgesinnten, um mehr Wertschöpfung in Afrika zu halten“, jubelte US-Außenminister Antony Blinken. „Das ist die Zukunft, und sie findet in der Republik Kongo und in Sambia statt.“

Die trilaterale Absichtserklärung bleibt zwar vage und enthält weder konkrete Verpflichtungen noch finanzielle Zusagen. Dennoch könnte sie die Stellung des Kongo und Sambias, beides bedeutende Produzenten kritischer Mineralien, entscheidend verbessern. Denn bisher hatten die Länder von ihrem enormen Rohstoffvorkommen nur sehr spärlich profitiert.

Dabei hat die weltweit steigende Nachfrage nach Erneuerbaren Energietechnologien den Wettbewerb um diese Mineralien verschärft. Afrika verfügt über etwa 30 Prozent der globalen Reserven. Kongo, das rund 70 Prozent des weltweit verarbeiteten Kobalts fördert, und Sambia, ein wichtiger Kupferproduzent, stehen im Zentrum geopolitischer Auseinandersetzungen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Aufstiegs Chinas zu einem dominanten Akteur bei der Ausbeutung kritischer Mineralien in Afrika.

China hat eine beträchtliche Präsenz im afrikanischen Bergbausektor aufgebaut und veredelt heute einen großen Teil der weltweiten Kobalt-, Kupfer-, Lithium- und Nickelproduktion. Die USA haben die Schwachstellen bei der eigenen Versorgung mit Mineralien erkannt – und versuchen die Konkurrenz auszustechen. In der Abmachung mit dem Kongo und Sambia betonen die USA sehr, dass sie für einen verantwortungsvolleren Abbau stehen – also anders, so der Subtext, als es China und der Westen in der Vergangenheit.

Denn ausländische Investoren in Sambias Bergbausektor sind durch Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte, Steuerhinterziehung und Umweltzerstörung aufgefallen. Multinationale Bergbauunternehmen stellen ihre Gewinne über das Wohlergehen der lokalen Bevölkerung. Das hat zu einem wachsenden Misstrauen der sambischen Bür­ge­r:in­nen ihnen gegenüber beigetragen.

2013 verurteilte der Oberste Gerichtshof Sambias Mopani Copper Mines und seine Schweizer Muttergesellschaft Glencore wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 13 Millionen Dollar.

Die Rrivalität zwischen den USA und China könnte helfen, bessere Bergbauabkommen auszuhandeln

Laut Human Rights Watch leiden Sambier:innen, die in von China betriebenen Kupferminen arbeiten, unter ausbeuterischen und gefährlichen Bedingungen. Beschäftigte berichten von mangelhaften Gesundheits- und Sicherheitsstandards, darunter unzureichender Belüftung, was das Risiko schwerer Lungenkrankheiten erhöht. Gesetzliche Arbeitszeitgrenzen werden überschritten, beschädigte Schutzausrüstungen nicht ersetzt. Wenn Beschäftigte sich weigern, in gefährlichen Umgebungen zu arbeiten, werden sie oft eingeschüchtert oder ihnen wird mit Kündigung gedroht.

2022 wurde bekannt, dass 20 Bergleute im Distrikt Serenje aufgrund von Manganverschmutzung Hirnschäden und Parkinson-ähnliche Symptome entwickelt hatten. Die Bergbaugesellschaft Southern Africa Ferro Alloys Ltd hatte keine ausreichende Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt. Häufig werden Verletzungen und Gesundheitsschäden bei Bergleuten und Gemeinden nicht gemeldet – auch dies ist ein Verstoß gegen sambische und internationale Arbeitsvorschriften. Die in chinesischem Besitz befindlichen und von China geführten Unternehmen in Sambia tun Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen häufig als unbedeutend ab.

Die Großmachtrivalität zwischen den USA und China könnte Sambia und dem Kongo nun ermöglichen, ihre eigenen technischen Fähigkeiten zu verbessern und bessere Bergbauabkommen auszuhandeln. Beides könnten wichtige Faktoren für den geplanten Aufbau der eigenen Batterieproduktion und somit für die Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung sein.

Foto: Collage: Nontokozo Tshabalala

Die USA versuchen, Chinas Dominanz bei der Ausbeutung der kritischen Mineralien in Afrika einzudämmen. Offen ist, wie China darauf reagiert. Im Bergbau- und Energiesektor sowie der Infrastrukturentwicklung hat China im Vergleich zu den USA erheblich mehr vorzuweisen – und so seinen Zugang zu Afrikas natürlichen Ressourcen gesichert. Chinas Strategie besteht meist darin, Hilfe für die Entwicklung der Infrastruktur gegen Zugang zu natürlichen Ressourcen zu tauschen. So konnten sich chinesische Unternehmen Schürfrechte sichern und haben in Projekte auf dem gesamten Kontinent investiert. Das Land ist für viele Staaten Afrikas zu einem wichtigen Wirtschaftspartner geworden, sein Einfluss hat erheblich zugenommen. Über 100.000 Chi­ne­s:in­nen sollen heute in allein Sambia leben und mehr als 600 Firmen betreiben

Indes unterhalten auch die USA seit langem Beziehungen nach Afrika. Sie engagieren sich im Handel, aber auch bei Entwicklungsprojekten. Zuletzt ab es eine Reihe neuer US-Initiativen zur Förderung von Wirtschaftswachstum, guter Regierungsführung und Sicherheit.Direkt nach Unterzeichnung des MOUs mit Sambia präsentierte der US-Konzern KoBold Metals seine Pläne, mehr wichtige Metalle in Sambia fördern – und dies mit der regionalen „Agenda für saubere Energie“ in Einklang bringen.

Gleichzeitig bauen chinesische Unternehmen ihre Präsenz in der Region weiter aus. Im September empfing Chinas Präsident Xi Jinping seinen sambischen Amtskollegen Hakainde Hichilema in Peking. China habe die Beziehungen zu Sambia immer aus einer „langfristigen Perspektive betrachtet“, sagte Xi. Nun sei man bereit, mit Sambia zusammenzuarbeiten, „die bilateralen Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen