Brandenburger SPD im Wahlkampf: Aufschwung gegen die AfD

Die Lausitz als Gewinnerthema? Brandenburgs SPD setzt ganz auf den Strukturwandel. Am Dienstag warben „Lausitzer Köpfe“ für Lust auf Neues.

Dietmar Woidke (zweiter von links) bei der Eröffnung des Cottbuser ICE-Werks Foto: Imago

BERLIN taz | Wenn es um die Lausitz geht, darf es auch mal ein Superlativ sein. „Es gibt keine Region in Deutschland, in der so viel passiert wie in der Lausitz“, freut sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Tatsächlich lassen sich die Zahlen, die sich hinter dem sperrigen Wort vom „Strukturwandel in der Lausitz“ verbergen, durchaus sehen. 10,3 Milliarden Euro stehen der Region, in der 2038 der letzte Tagebau in Welzow-Süd schließen soll, zur Verfügung. Erst vor einer Woche hat Woidke das neue ICE-Bahnwerk in Cottbus eingeweiht. 400 Menschen finden dort Arbeit. Wenn die zweite Halle fertig sein wird, werden es 1.200 sein. „20 Monate von Baubeginn bis zur Fertigstellung“, sagt Woidke. „Das ist eine Zeit, die in Deutschland noch nie erreicht wurde.“

Nicht mehr das Tesla-Tempo, auch das so ein Superlativ, ist in Brandenburg nun der Maßstab, sondern das Lausitz-Tempo. Aber kommt das auch bei den Menschen in der Region an? Wird in der Lausitz womöglich sogar die Wahl zum Brandenburger Landtag am 22. September entschieden?

Noch honorieren die Wählerinnen und Wähler die Brandenburger Erfolgsgeschichten nicht. Laut einer Umfrage von Forsa vom 11. Januar liegt die AfD mit 32 Prozent 10 Prozentpunkte vor der SPD. Danach folgen die CDU mit 16, die Grünen mit 7 und die Linke mit 6 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wäre mit 4 Prozent ebenso wenig im Landtag wie die FDP.

Würde die Forsa-Umfrage immerhin bedeuten, dass die Kenia-Koalition weiter eine Mehrheit hätte, stünde das Bündnis aus SPD, CDU und Grünen laut einer am Mittwoch vorgestellten Umfrage von Insa vor dem Aus. Die SPD käme demnach nur auf 17 Prozent und läge damit einen Prozentpunkt hinter der CDU. Vorne liegt auch hier die AfD (mit 28 Prozent), das Wagenknecht-Bündnis käme auf 13 Prozent.

Besser durchdringen

Um mit ihren Botschaften besser durchzudringen, setzt die Brandenburger SPD nun auf die „Lausitzer Köpfe“. Auf jene Menschen also, so nennt es die Potsdamer Staatskanzlei, „die mit Forschergeist und großem Umsetzungswillen, mit Mut und Zuversicht“ den Strukturwandel voranbringen und „Botschafter“ für die Region werden sollen. Gleich vier dieser „Köpfe“ haben Woidke und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (ebenfalls SPD) am Dienstagabend in der Brandenburger Landesvertretung in Berlin vorgestellt.

Einer von ihnen ist Eckhard Nagel. Er soll den Aufbau der neuen Hochschulmedizin in Cottbus vorantreiben. Dabei soll es um mehr gehen als um die Ausbildung von Ärzten und um Forschung. „Die Lausitz soll zur Modellregion für moderne medizinische Ausbildung und Versorgung werden“, sagt Nagel. Mit dem „Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus“ will Brandenburg, bislang ohne medizinische Hochschule, auch neue Wege in der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum gehen.

„Wir sind in der Lausitz Ideengeber für die gesamte Bundesrepublik“, ist deshalb auch Manja Schüle um einen Superlativ nicht verlegen. Für die Wissenschaftsministerin hat die Hochschulmedizin oberste Priorität.

Es tut sich also was in der einstigen Kohleregion, und längst geht es nicht mehr nur um „Ersatzarbeitsplätze für den Bergbau“, wie Dietmar Woidke betont. Der SPD-Politiker, der noch vor zehn Jahren redete wie ein Kohlekumpel, spricht nun von einer „dauerhaft nachhaltigen Region“. Vor allem bei der Forschung neuer Technologien soll Brandenburg führend werden. Dafür steht nicht nur Gesine Grande, die als Präsidentin der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg einer der Lausitzer Köpfe ist.

Auch Klaus Höschler vom „Center for Hybrid Electric Systems Cottbus“ (Chesco) gehört dazu. An seinem Institut wird an hybriden und elektrischen Antrieben unter anderem für den Flugverkehr geforscht, um CO2 zu sparen. Der Aufbau der knapp 240 Millionen Euro schweren Forschungsfabrik habe auch einen Nutzen für die regionale Wirtschaft, ist Höschler überzeugt.

Lust auf Veränderung soll die Lausitz machen, das ist die Botschaft der „Köpfe“ an diesem Abend in der Landesvertretung. Und diejenigen Lügen strafen, die für das Gegenteil stehen, das Festhalten am Alten. Wenn die Wahlen im September in der Lausitz gewonnen werden, dann sind es vor allem SPD und AfD, die sich gegenüberstehen.

Von Umfragen jedenfalls will sich Woidke nicht nervös machen lassen. „Ich glaube, wir sind die, die momentan machen, und wir werden uns nicht in die Ecke stellen und jammern“, sagt er am Dienstagabend und verweist auf die Wahl vor fünf Jahren, wo seine SPD in einem bemerkenswerten Endspurt die AfD deutlich abgehängt hat.

Ob das diesmal wieder gelingen wird? Entscheidend dabei wird auch die Stimmung im Land sein. Überwiegt der Stolz auf das Erreichte und ein optimistischer Blick in die Zukunft, kommt das der Regierungspartei SPD zugute.

Auch deshalb betont Woidke, dass Brandenburg mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung das erfolgreichste deutsche Bundesland sei. „Wir waren in Brandenburg noch nie so erfolgreich wie heute“, sagt Dietmar Woidke und setzt damit ganz auf sein Image als Landesvater.

Etwas vorsichtiger formuliert es BTU-Präsidentin Grande: „Wenn man die Bürger nicht mitnimmt, kann vieles auch scheitern.“

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