Wahlen in Taiwan: Wahlen, die Mut machen

Taiwan hat einen neuen Präsidenten – der aber nicht durchregieren kann. Die Wahlen zeigen demokratische Reife – und sind ein Zeichen an China.

Der neue Präsident von Taiwan

Lai Ching-te, der neue Präsident, am Samstag Foto: Ann Wang

Taiwans Wählerinnen und Wähler haben entschieden: Der bisherige Vizepräsident William Lai Ching-te von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) soll die Insel vier Jahre als Präsident führen, aber sich dabei nicht auf eine Mehrheit im Parlament stützen dürfen. Seine DPP hat dort die Mehrheit verloren, womit sich Lai vor allem bei der drittgrößten Kraft, der Volkspartei (TPP), künftig um Stimmen für eine Mehrheit wird bemühen müssen. Das klingt mühsam und wird dem Regime in Peking, das Lai verhindern wollte, immer wieder Chancen bieten, manipulativ einzugreifen.

Aber die Menschen in Taiwan haben sich damit für einen so selbstbewussten wie reifen demokratischen Weg entschieden: Sie wollen sich nicht vorschreiben lassen, wen sie zu wählen haben, wie sie sich auch von China nicht vereinnahmen und zwangsvereinigen lassen wollen. Sie wählten eine Führung, die selbstbewusst gegenüber Peking auftreten soll, sich aber dabei innenpolitisch abstimmen muss und keine Abenteuer eingehen soll.

Die Wahlen waren friedlich und zeigen trotz fehlender Stichwahl ein klares Ergebnis. Die Besiegten haben ihre Niederlage anstandslos eingeräumt, der Sieger hat ihnen für den Einsatz gedankt. Wer sich noch an prügelnde taiwanische Abgeordnete erinnert, weiß, dass der jetzige demokratische Umgang in Taiwan lange Zeit keine Selbstverständlichkeit war. Umso mehr ist zu schätzen, dass die Menschen trotz des Drucks aus China mit ihrem Bekenntnis zur selbst erkämpften Demokratie die Nerven behalten haben.

In Zeiten, wo andernorts Demokratie zunehmend verachtet wird und populistische Scheinlösungen en vogue sind, macht Taiwan Mut und verdient Unterstützung. Pekings erste Trotzreaktionen lassen eine Fortsetzung ständiger Nadelstiche erwarten. Für China ist jetzt nicht nur das Wahlergebnis ein Problem, sondern auch Taiwans gereifte Demokratie. Denn wenn Peking von einem China spricht, muss es zur Kenntnis nehmen, dass Chinesen sehr wohl Demokratie können. In Hongkong wollte Peking das nicht sehen, aber ­Taiwan hat es jetzt gezeigt.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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