Altholz soll nicht ins Feuer

Die BSR will eine Verbrennungsanlage für Altholz und Sperrmüll errichten – UmweltschützerInnen warnen davor

Von Claudius Prößer

Umwelt- und Naturschutzorganisationen haben sich gegen den Bau einer Müllverbrennungsanlage der BSR an der Neuköllner Gradestraße ausgesprochen. In einer ausführlichen Stellungnahme argumentieren die Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN), Bund, Nabu, Grüne Liga, der Zero Waste e. V. und andere, die Anlage konterkariere die Landesziele für eine klimaneutrale Wärmeversorgung, sei für die Entsorgungssicherheit unnötig, widerspreche dem „Zero Waste“-Ziel und belaste An­woh­ne­r*in­nen.

Das Projekt befindet sich noch in einer frühen Planungsphase. Es soll nach aktuellem Stand im Jahr 2030 den Betrieb aufnehmen und in erster Linie Altholz und Sperrmüll verfeuern, um Fernwärme zu erzeugen. Das heute brachliegende Areal, das sich südlich an den BSR-Standort anschließt, gehörte einst dem Sender RIAS. Weiter östlich ist dort Wohnbebauung vorgesehen.

Bislang verbrennt die BSR Abfälle nur in Ruhleben, wo rund 60 Prozent des Berliner Hausmülls verfeuert werden. Die Energie, die dabei entsteht, wird von Vattenfall abgenommen und sowohl verstromt als auch ins Fernwärmenetz eingespeist. Welche Müllmengen an der Gradestraße verbrannt werden sollen, ist unklar. Gegenüber dem Tagesspiegel äußerte die BSR aber, es fielen rund 120.000 Tonnen Sperrmüll und Altholz pro Jahr an.

Die Umweltorganisationen bezweifeln, dass die Verbrennungsanlage für die „Entsorgungssicherheit des Landes“ nötig ist, wie es die BSR in ihren Unterlagen zum Bebauungsplanverfahren beschreibt. Die sei, so BLN, BUND und Co., „bereits mit den aktuell zur Verfügung stehenden Anlagen gewährleistet“. Auch in Zukunft sei von keinem zusätzlichen Bedarf für Müllverbrennung auszugehen – schließlich habe sich Berlin klare Reduktionsziele gesetzt. Auch gebe es im Umland etliche private Verbrennungsanlagen, die die BSR etwa mit Altholz beliefere.

Das Gutachten verweist auf deutlich höhere Quoten beim Recycling von Sperrmüll und Altholz in anderen Ländern. Hier gebe es auch in Berlin noch viel Potenzial: Alte Möbel könnten zu Second-Hand-Produkten aufgewertet werden, aber auch die „Kaskadennutzung“ von Holz sei der sofortigen Verbrennung vorzuziehen. Gemeint ist damit etwa die Herstellung von Spanplatten aus dem Holz alter Dachstühle und Fenster, aber auch aus Massivholzmöbeln oder Parkettfußböden.

Die Umweltorganisationen kritisieren, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Altholz und Müll als klimaneutrale Brennstoffe wertet. Immerhin sei seit 1. Januar die Verbrennung von Müll mit einem CO2-Preis belegt. Es komme aber darum „nicht von ungefähr, dass die BSR im Laufe des B-Planverfahrens die Bezeichnung der Anlage von ‚Müllverbrennungsanlage‘ über 'Biomasseheizkraftwerk’ in ‚Bioenergieanlage‘ geändert“ habe“.

In Wirklichkeit könne man nicht von „grüner, regenerativer Wärme“ sprechen wie die BSR: Holzverbrennung sei per se nicht klimaneutral, und es sei nicht davon auszugehen, dass die von der BSR mit Altholz belieferten privaten Anlagen in der Region künftig „die Verbrennungsmenge drosseln. Stattdessen werden sie nach weiterem Alt- wie Frischholz suchen und damit den Druck auf Wald und Altholzrecycler weiter erhöhen.“

Die KritikerInnen begrüßen dagegen ausdrücklich Planungen der BSR, auf dem Gelände auch eine Sortierhalle für Sperrmüll und Altholz zu errichten. Damit lasse sich eine deutliche Erhöhung der aktuell sehr niedrigen Recyclingrate erreichen.