: Grippe- statt Coronawelle
Die Krankenstände sind weiter hoch: Nach Weihnachten und Neujahr nehmen Coronafälle aber wieder ab. Dafür scheint vieles für einen Beginn der Grippewelle zu sprechen
Von Marina Mai
Arztpraxen und Krankenhäuser, setzen zunehmend per Hausrecht eine Maskenpflicht durch. In öffentlichen Verkehrsmitteln trägt man wieder mehr Maske. Freiwillig, denn eine Pflicht gibt es dazu nicht. Seit Dezember sind die Krankenstände extrem hoch.
Busse und Bahnen fallen nicht nur wegen Personalmangel aus. Auch Gerichtsverhandlungen wurden vermehrt aufgehoben, weil entweder JustizmitarbeiterInnen oder Angeklagte erkrankt waren, sagt Inga Wahlen, die Sprecherin der Berliner Strafgerichte, der taz. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Unter den Erkrankten befinden sich viele Coronafälle. „Die Senatsgesundheitsverwaltung beobachtet die Situation in Bezug zu Corona weiterhin intensiv und ist in der Lage, entsprechende Maßnahmen schnell umzusetzen“, sagt Oliver Fey, der Sprecher der Gesundheitssenatorin, der taz.
Anders als bis 2022 gibt es aber nicht die eine aussagekräftige Zahl, die 7-Tage-Inzidenz. Denn systematische Tests finden nicht mehr statt. Stattdessen misst man die Coronawerte anhand der Viruslast im Abwasser. Wer an Corona erkrankt ist, scheidet die Viren über den Urin wieder aus. Bundesweit wurden Ende November bis Mitte Dezember im Abwasser Allzeithochs gemessen. Allerdings ist auch diese Aussage nur bedingt für Vergleiche mit früheren Wellen zu gebrauchen. Denn erstens wird das Abwasser erst seit eineinhalb Jahren auf Coronaviren getestet. Und zweitens kamen seitdem etliche Messstationen neu hinzu. An Berliner Messstellen stiegen die Werte im Abwasser laut amtlicher Statistik etwas weniger als der Bundesdurchschnitt. Sie stiegen ab Mitte November um 12 bis 22 Prozent an. Am letzten Messtag, dem 28. Dezember, sanken sie dann wieder um 11 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.
Auch die Zahl der Menschen, die in Krankenhäusern mit und wegen Corona behandelt wurden, ist Anfang Januar im Vergleich zu den hohen Dezemberwerten deutlich gesunken. Derzeit weist die amtliche Statistik eine Hospitalisierungsinzidenz von 8,5 auf. Das heißt, von 100.000 Berlinerinnen und Berlinern müssen 8,5 mit und wegen einer Corona-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden. Im Dezember waren das zwischen 14 und 19. Von ihnen werden derzeit gut 10 Prozent sogar auf Intensivstationen behandelt, was zeigt, dass es nach wie vor sehr ernsthafte Krankheitsverläufe gibt. Der Wert war in den letzten Wochen recht stabil. Aber es betrifft deutlich weniger Menschen als in den vorangegangenen Wintern.
Die Verläufe der Corona-Erkrankungen sind oft milder, weil viele Menschen geimpft sind oder schon eine Corona-Erkrankung durchgemacht hatten. Dennoch sind laut amtlicher Statistik 213 Menschen in den letzten drei Monaten an Corona gestorben. Menschen ab 60 Jahren sowie Risikogruppen empfiehlt die Ständige Impfkommission deshalb auch in diesem Winter wieder eine Auffrischimpfung. Der Impfstoff sei auf neue Coronavarianten angepasst und biete zumindest vor einem schweren Verlauf einen guten Schutz, heißt es. Der Empfehlung schließt sich die Berliner Gesundheitssenatorin an. Die Impfbereitschaft ist allerdings in Berlin gering. Lediglich 17,7 Prozent der HauptstädterInnen haben sich mehr als zwei Mal gegen Corona impfen lassen.
Neben Corona-Erkrankungen führen weitere Infektionskrankheiten zu Krankenhauseinweisungen. Mischa Moriceau von den Vivantis-Kliniken nennt die Influenza und das RS-Virus, eine Atemwegserkrankung, die vor allem bei kleinen Kindern schwere Verläufe verursacht. „Dadurch sind unsere Mitarbeitenden einer hohen Belastung ausgesetzt“, sagt sie der taz. „Zu Einschränkungen in der Versorgung führt die Situation aber noch nicht. Grundsätzlich rechnen wir mit hohen Infektionszahlen im Laufe des gesamten Winters.“
Dabei muss man berücksichtigen, dass die Influenzawelle „schlicht noch nicht begonnen hat“, wie es Oliver Fey von der Gesundheitsverwaltung sagt. Allerdings steigen die Zahlen der Infizierten auf niedrigem Niveau stark an. Im aktuellen Wochenbericht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales wird allerdings erwähnt, dass die Zahl der Grippeerkrankten deutlich über dem Vergleichszeitraum der vorpandemischen Jahre liege, „was auf einen frühen Beginn der Grippewelle hindeuten könnte“.
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