piwik no script img

Geplante Änderungen beim ElterngeldImmerhin Babyschritte

Die Care-Arbeit bleibt oft an den Müttern hängen. Ein Plan der Ampel für das Elterngeld könnte die Situation etwas verbessern.

Flucht aus der Verantwortung: Väter kümmern sich selten allein um ihre Kinder Foto: Marco Rauch/dpa

Ein Plan des Familienministeriums gibt Grund zur Hoffnung in Sachen Gleichberechtigung. Es ist kein riesiger Fortschritt, aber immerhin: Das Elterngeld soll ab April nächsten Jahres nur noch bezogen werden können, wenn Paare weniger als zwei Monate gemeinsame Elternzeit nehmen.

Das ist ein Hoffnungsschimmer, weil im Moment nur 10 Prozent der Väter in Deutschland nach der Geburt ihrer Kinder länger als zwei Monate Elterngeld in Anspruch nehmen. Die Väter, die Elternzeit nehmen, nehmen sie meist zeitgleich mit dem anderen Elternteil. Das heißt, die Care-Arbeit – also füttern, wickeln, in den Schlaf wiegen, trösten, die Kinderärztin besuchen, spazieren gehen mit dem Kind – liegt in Hetero-Konstellationen bei der Frau.

Studien zeigen diese Ungleichheit der Sorge seit Jahrzehnten, doch politische Maßnahmen werden kaum getroffen. Bislang versuchte die Politik einzulenken, indem sie die 14 Monate Elterngeld nur auszahlt, wenn einer der beiden Partner_innen zwei Monate Elternzeit davon nimmt. Das hat nicht funktioniert. Eltern, die zwei Monate Elternzeit nehmen, nehmen diese gerne gemeinsam und fliegen dann nicht selten in den Urlaub. Relaxen in Thailand statt Kita-Eingewöhnung.

Väter in Hetero-Beziehungen haben bislang besonders oft von den zwei Monaten Minimal-Elternzeit Gebrauch gemacht – die deswegen auch „Vätermonate“ genannt werden. Dass sie nun mit der Verantwortung zurechtkommen müssen, sich mindestens einen Monat allein um ihr Kind zu kümmern, ist eine gute Idee. Sie mag ein Witz sein im Vergleich zu dem, was die meisten Mütter leisten. Aber es ist ein Babyschritt in die richtige Richtung.

Momentan ist noch nicht klar, wie sich das 60-Milliarden-Loch im Haushaltsplan der Ampel auflösen wird – und welche Konsequenzen das für den Etat der einzelnen Ministerien haben wird. Eines jedoch ist klar: Je nach Berechnung dauert es noch 131 bis 285 Jahre, bis in Deutschland Gleichberechtigung erreicht ist. Es hat einen Grund, dass es so lange dauert, wenn immer nur Babyschritte gemacht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • So einen Planungsfehler hätte ich nie erwartet- hat da denn niemand mit Realitätsbezug und Erfahrung beraten? Diese Begrenzung führt zum



    Gegenteil!

    Da die Kita im September beginnt muss meist mehr Zeit (Elterngeld plus o a) überbrückt werden bis beide wieder arbeiten. Der Wechsel zum zweiten Partner macht natürlich dann Sinn, wenn der zuerst Daheimgebliebenen zurück in die Arbeit geht um da auch zu bleiben! Also gegen Ende der zu überbrückenden Betreuungszeit. Bei uns war demnach geplant: ersten zwei Monate gemeinsam (Geschwister Kind und Wochenbett a 8 Wochen?!) und dann eine Übernahme meines Partners ab Monat 15 für drei Monate für meine Rückkehr zur Arbeit und die Kita Eingewöhnung. Früher hätten wir in dieser Zeit 14 Monate Elterngeld bezogen. Jetzt bekommen wir nach Plan nur 12 Monate Elterngeld. Obwohl kein gemeinsamer Urlaubs Monat dabei und mein Partner drei Monate alleine mit Kindern. Leider wird dieses halt ungünstig im Kita Jahr geboren, was erlaubt es sich. Nun wird mein Mann evtl. Noch einen zusätzlichen Monat in den ersten 12 Monaten beziehen, wo ich meine Bezüge aussetze aber natürlich nicht in die Arbeit gehe, die nehmen mich nicht für einen Monat zurück, aber es geht hier um über 3500 Euro insgesamt mehr Elterngeld, dass uns bei der obigen sinnvollen Planung verwehrt bleibt. So was machen wir dann- vielleicht Urlaub? Sollte das nicht vermieden werden? So ein Denkfehler!!



    Auch hier von der Redaktion, warum fällt dass den keinem auf? Wahrscheinlich denken Politiker und manche Autoren, man bekommt unterjährig Kitaplätze 😄

  • Dieser Artikel spiegelt eine absolut Familienferne Sichtweise wieder.



    "Relaxen in Thailand statt Kita-Eingewöhnung." Ist das wirklich das oberste Ziel Kinder in die Kita zu stecken. Und "Die Väter, die Elternzeit nehmen, nehmen sie meist zeitgleich mit dem anderen Elternteil. Das heißt, die Care-Arbeit – also füttern, wickeln, in den Schlaf wiegen, trösten, die Kinderärztin besuchen, spazieren gehen mit dem Kind – liegt in Hetero-Konstellationen bei der Frau."



    Hat das jemand geprüft?



    Ich bin froh dass wir zwei parallel Monate nehmen können denn genau dann wächst Familie zusammen und genau dann kann ich meine Frau unterstützen und Dinge übernehmen, eben dass sie nicht dann arbeiten gehen muss sondern wichtige quality Time mit dem Kind haben kann ohne zig andere Dinge nebenbei tun zu müssen.

    Diese neue ach so tolle Entwicklung ist ein Schlag ins Gesicht jeder Familie die genau deswegen sich auf parallel Monate freuen weil sie gemeinsame Zeit mit Kind haben.

    Diese Argumentation mit Urlaub ist völliger Humbug!! Man wird froh sein wenn Frau sich wirklich von der Geburt erholen kann und man sich als Familie findet und einlebt.

    Die Politik hat alles im Sinn nur nicht Familien. Es wird alles dafür getan das man möglichst schnell wieder zum arbeitenden Volk gehört. Wo steht da die Familie im Fokus?

  • Die Neuregelung sehe ich als Rückschritt, zum einen für den Beziehungsaufbau zwischen Papa und Baby, zum anderen für die Gesundheit vieler Mütter. Das Wochenbett dauert 8 Wochen und in dieser Zeit warnen Hebammen vor Überlastung. Insbesondere nach einer schweren Geburt ist nur ein gemeinsamer Monat mit dem Partner sehr wenig. In den ersten 3-4 Wochen nach Notsectio konnte ich mein Kind nicht einmal aus dem Bettchen heben. Musste mein Mann in dieser Zeit für mehr als eine halbe Stunde weg, haben wir dafür einen Babysitter gebraucht. Auch nach einer darauffolgenden unkomplizierten Geburt wurde ich von der Hebamme mit Verweis auf Spätfolgen (Beckenboden) gewarnt, im Wochenbett das große Kind zu heben/den Kinderwagen aus dem Auto zu heben etc.



    Im Bekanntenkreis hat das Modell nach einem halben Jahr arbeitet Mama und Papa macht Elternzeit vor allem dann NICHT funktioniert, wenn der Papa in den Wochen nach der Geburt nicht viel Familienzeit hatte.

  • "Je nach Berechnung dauert es noch 131 bis 285 Jahre, bis in Deutschland Gleichberechtigung erreicht ist"



    Laut dem verlinkten Artikel dauert es 131 bis 285 Jahre, bis weltweit Gleichberechtigung erlangt ist, es geht nicht um Deutschland.

    Der Global Gender Gap Report 2022 der auf die Zahl 131 kam sieht übrigens Deutschland auf Platz 10 aller Staaten, wenn es um die Schließung des Gaps geht.

  • Wobei ich finde, diese Ideen sind doch am Reißbrett und nicht von Menschen die wirklich Kinder (zumindest keine sensiblen Kinder) großgezogen haben gemacht. Für ein Kind ist es doch total schwierig, wenn einen Monat Papa Vollzeit da ist und dann einen Monat wieder Mama, das ist eine riesige Umstellung für alle Parteien, die viel Kraft kostet. Wenn man von vorneherein die Elternzeit 50-50 aufteilt geht das ja noch, aber mal eben so für ein-zwei Monate die Rollen tauschen? Und dann geht die Frau aufeinmal Vollzeit arbeiten und dann nach Ende der Elternzeit dann wieder Teilzeit, weil es sich sonst mit der Kinderbetreuung nicht vereinbaren lässt?



    Viel sinnvoller wäre es aus meiner Sicht zu fördern, dass sich Eltern 50-50 oder 70-30 oder wie auch immer sie es sich wünschen aufteilen können. Das ist aktuell maximal unattraktiv, weil man ja wenn man Gehalt bezieht einen großen Teil des Elterngeldes wieder hergeben muss. Also ist der Anreiz hoch, dass zumindest im ersten Jahr eine Person kein Gehalt bekommt und das ist dann häufig die Frau.

  • Ich glaube, das ist etwas zu kurz gedacht. Wenn man nur noch maximal zwei Monate gemeinsam Elternzeit nehmen darf, wird das darauf hinauslaufen, dass noch weniger Väter mehr als diese zwei Monate Elternzeit nehmen.



    Die gemeinsame Elternzeit wird gerade gerne als "Urlaub" dargestellt, und es gibt sicherlich auch einige, die nach Thailand fliegen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es gerade mit älteren Geschwistern direkt nach der Geburt absolut notwendig war, dass ich als Vater Vollzeit bei meiner Familie war (natürlich zusammen mit meiner Frau, die im Mutterschutz war). Mit Urlaub hatte das wenig zu tun, von daher finde ich das etwas polemisch doppelte Elternzeit automatisch mit Urlaub gleichzusetzen...



    Das fatalste momentan finde ich übrigens die fehlende Planungssicherheit. Wer Anfang nächsten Jahres ein Kind bekommt kann bei Jugendämtern, beim Ministerium anfragen und bekommt keine Antworten. Und in der Presse steht auch jede Woche etwas neues. Könnte man sich da nicht auf mindestens neun Monate Vorlaufzeit bei solchen substanziellen Änderungen einigen?

    • @sjanss:

      Bei uns war es ähnlich wie bei Ihnen. Urlaub sieht anders aus.



      Hebamme betonen immer, dass das Wochenbett 8 Wochen dauert und die Mutter in dieser Zeit unterstützt werden sollte.