Jannis Hagmann über den Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten
: Machbare Lebensader

Der komplett abgeriegelte Gaza­strei­fen ist eine der am dichtesten besiedelten Gegenden der Welt. Zwei Millionen Menschen leben auf engstem Raum, ohne Möglichkeit zu fliehen. Die Voraussetzungen für eine humanitäre Katastrophe sind perfekt. Mit der Blockade Gazas bei gleichzeitigem Beschuss bestraft Israel die Menschen in dem Küstenstreifen kollektiv, was nach den hundertfachen Morden vom vergangenen Samstag und der Unterstützung, die die Massaker in der palästinensischen Bevölkerung finden, nachvollziehbar ist. Das humanitäre Völkerrecht verletzt es trotzdem.

Konkret gefordert sind jetzt die arabischen Staaten, die stets ihrePalästina-Solidarität hochhalten – allen voran Ägypten. Zwar wird das Land den Teufel tun, der Gaza-Bevölkerung Zuflucht und Schutz zu gewähren. Ägypten hat mit der Muslimbruderschaft, aus der einst die Hamas hervorgegangen ist, ein hauseigenes Problem, das es seit Jahren löst, indem es rigoros gegen die Islamisten vorgeht. Außerdem hat die Geschichte gezeigt, welche Sprengkraft palästinensische Gruppen in anderen arabischen Ländern haben können. Der Libanon-Krieg entzündete sich 1975 an Spannungen zwischen Palästinensern im Libanon und anderen Bevölkerungsgruppen. Bis heute sind in dem Land die palästinensischen Flüchtlingslager, die mittlerweile zu ärmlichenStadtteilen geworden sind, ein politischer Faktor.

Was aber machbar ist, sind Hilfslieferungen. Ein Hilfskorridor aus Ägypten direkt in den Gazastreifen muss her. Wo der Wille ist, ist ein Weg, und wo eine Grenze ist, ist ein Übergang. Dass der einzige nicht von Israel kontrollierte Grenzübergang, der Rafah-Übergang zwischen Ägypten und Gaza, eigentlich für Personen- und nicht für Warenverkehr ausgelegt ist, ist vielleicht eine Herausforderung, aber kein Gegenargument. Wasser, Lebensmittel, medizinische Hilfe und Treibstoff können geliefert werden. Die arabischen Staaten haben jetzt die Chance, ihrer bekundeten Solidarität mit den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen Taten folgen zu lassen.

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