Hansi Flick und der Sieg im Basketball: Vom Spaß der anderen lernen
Die deutschen Basketballer sind Weltmeister und Hansi Flick ist als Bundestrainer gefeuert. Dass Letzteres medial dominiert, ist Teil des Problems.
E s wirkte wie das kurzzeitige Aufbäumen eines Scheintoten am Sonntagnachmittag. Gerade als beim historischen WM-Finale der deutschen Basketballer in Manila die Crunchtime angebrochen war, die Phase also, in der jeder Ballverlust über den Ausgang eines Spiels entscheiden kann, meldete sich der Deutsche Fußball-Bund, als wolle man sagen: Hey Leute, mich gibt es immer noch! Ihr sollt keine anderen Götter neben mir haben! Der Verband versendete die Mitteilung, dass Hansi Flick nicht mehr Bundestrainer ist.
Sonderlich sensibel war das gegenüber den just heranreifenden deutschen Basketballweltmeistern nicht. Aber der deutsche Fußball lebt gerade auch in seinen Krisenzeiten von dem Selbstbewusstsein, über allem zu stehen. Gern wird er als Metapher für das Große und Ganze herangezogen.
So wie man einst die Wiederwahl von Helmut Kohl und Angela Merkel mit dem Gewinn von Fußballweltmeisterschaften in Verbindung brachte, stehen die jüngsten Misserfolge der deutschen Fußballerinnen und Fußballer derzeit für die Stagnation der deutschen Wirtschaft und das angeblich fehlende Leistungsdenken in der Gesellschaft. Fehlende Titel bei einer Leichtathletik-WM sind dann als Zusatzbeleg sehr willkommen.
Dieses eindimensionale Wahrnehmung des deutschen Sports produziert eine Schwere, die den Fußball selbst erdrückt, weil nicht wenige Funktionäre ernsthaft glauben, dieser müsse irgendwie noch als Schwungrad für die deutsche Gesellschaft funktionieren. Gibt es sportliche Probleme im Getriebe, werden diese auch gesellschaftlich übersetzt. Nach dem Scheitern der U-21 bei der EM wurden die schwarzen Spieler rassistisch beschimpft.
Spaß gehört zum Sport dazu
Quer zu all diesen Erzählungen steht nun die Erfolgsgeschichte der deutschen Basketballer, die erstmals einen WM-Titel gewannen. Sie konnten eine Sportromantik entfalten, weil sie gerade nicht mit Erwartungen überfrachtet wurden. Es hörte sich fast schon ein wenig schmalzig an, als der deutsche Ausnahmespieler Dennis Schröder nach dem sensationellen Halbfinalsieg gegen die USA von der besten Mannschaft schwärmte, in der er jemals gespielt habe. „Dieses Miteinander-Genießen, Zusammenspielen, Zusammenzustehen … dass jeder happy für den anderen ist – es gibt kein besseres Gefühl.“
Erfolg im Spitzensport hat eben nicht nur mit Leistungsbereitschaft und Härte zu sich selbst zu tun. Im besten Fall gehören Spaß, Genuss und Glücksgefühle dazu. Dass es im Eifer des Gefechts trotzdem mal ruppig untereinander zugehen kann, auch das konnte man bei der WM sehen.
Neben den NBA-Stars Schröder und Franz Wagner lernten die neu hinzugekommenen Basketballfans während des Turniers jeden Spieler für seine Fähigkeiten wertzuschätzen, weil der gemeinsame Geist jeden einzelnen auf ein anderes Niveau hob. Selbst wenn bei Dennis Schröder einmal nichts lief wie beim Viertelfinale gegen Lettland, schwang sich ein anderer wie Andreas Obst zu überragender Leistung auf. Aus dem Nichts kam all das nicht. Schon bei der letzten EM vergangenes Jahr war diese überbordende kollektive Energie zu sehen, als das Team des nüchternen Analytikers Gordon Herbert die Bronzemedaille holte.
Die Motivationsgurus im DFB-Tross haben den deutschen Fußballern bei der WM in Katar einen Gänsefilm gezeigt, um ihnen vor Augen zu führen, was eine gut funktionierende Gruppe alles erreichen kann. Ein EM-Spiel der deutschen Basketballer hätte es auch getan. Das ZDF ließ sich erst vor dem Finale davon überzeugen, ein Spiel dieses so besonderen Teams zu übertragen. Es war beste Werbung für weniger Eindimensionalität im deutschen Sportfernsehen. Vorrang im TV-Programm wird aber die nächsten Tage gewiss die Frage haben, wer neuer Bundestrainer der deutschen Fußballer wird.
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