Gleissperrung endet nach zehn Monaten: U2 kehrt zur Normalität zurück

Der U-Bahn-Tunnel unter der Hochhausbaustelle ist repariert, sagen BVG und Investor Covivio. Die Grünen sind skeptisch.

Das Bild zeigt die Baugrube des Covivio-Hochhauses, die für das Absacken des U-Bahn-Tunnels verantwortlich sein soll.

Die Baugrube des Covivio-Hochhauses, die vermutlich für das Absacken des Tunnels verantwortlich ist Foto: Christoph Soeder / dpa

BERLIN taz | Nach fast elf Monaten Pendelverkehr kehrt die U2 ab Montagmorgen zum regulären Betrieb zurück. „Der Tunnel wurde in dem betroffenen Bereich wie vorgesehen stabilisiert und ist selbstverständlich betriebssicher“, sagt der Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Jannes Schwentu, der taz.

Auslöser der Gleissperrung war ein Absacken des U-Bahn-Tunnels am Alexanderplatz um mehrere Zentimeter. Nachdem sich Risse in der Tunnelwand gebildet hatten, konnte die BVG die Betriebssicherheit nicht mehr gewährleisten und sperrte Anfang Oktober 2022 ein Gleis komplett. Seitdem bestand auf einer der wichtigsten und meist frequentierten U-Bahn-Linien der Stadt zwischen den Stationen Klosterstraße und Senefelderplatz Pendelverkehr.

Verursacht wurde die Setzung vermutlich durch die Baugrube einer Hochhausbaustelle des französischen Immobilienkonzerns Covivio, die sich in unmittelbarer Nähe zum U-Bahn-Tunnel befindet. Gemäß einer „nachbarschaftlichen Vereinbarung“, die die BVG im Vorfeld der Bauarbeiten mit dem Konzern schloss, übernahm Covivio die Sanierung des U-Bahn-Tunnels.

Der Investor versuchte mit Betoninjektionen den Tunnel wieder anzuheben. „Die Stabilisierung des U2-Tunnels konnte dank der engen Zusammenarbeit aller Beteiligten planmäßig abgeschlossen werden“, teilte Covivio-CEO Daniel Frey bereits vergangene Woche in einer gemeinsamen Pressemitteilung von BVG und Covivio mit.

Überwachung mit sensibler Messtechnik

Obwohl der Tunnel wieder stabilisiert ist und die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) die Betriebssicherheit wiederhergestellt hat, können weitere Absenkungen des Erdreichs nicht völlig ausgeschlossen werden, sagt ein Covivio-Sprecher der taz: „Da der Boden im Bereich des U-Bahn-Tunnels viel lockerer ist als in der Umgebung, sind Setzungen generell möglich, und der U2-Tunnel wird weiterhin mit sensiblen Messsystemen fortlaufend überwacht.“

Die BVG weist allerdings darauf hin, dass es sich dabei eher um Setzungen im Millimeterbereich handeln dürfte und nicht um ein unkontrolliertes Absacken um mehrere Zentimeter, wie es im vergangenem Jahr registriert wurde.

Derweil hat Covivio die Arbeiten an der Baugrube schon im März wieder aufgenommen. „Die Bauarbeiten sind wichtig, da sie zu einer dauerhaften Aussteifung der Baugrube führen und somit auch zur nachhaltigen Stabilisierung der Tunnelhebung beitragen“, sagte der Sprecher des Unternehmens der taz.

Insgesamt hat Covivio nach eigenen Angaben 10 Millionen Euro für die Sanierung veranschlagt. Ob noch weitere Kosten auf das Unternehmen zukommen – zum Beispiel Schadenersatzforderungen durch die ausgefallenen Einnahmen aus dem U-Bahn-Betrieb durch die BVG –, ist noch unklar. Abzuwarten bleibt das gerichtliche Beweisverfahren, in dem geklärt wird, ob Covivio tatsächlich für das Absacken des Tunnels verantwortlich ist.

Hochhausbau in der Kritik

Auch wenn der reguläre U-Bahn-Betrieb wiederhergestellt ist, bleibt die Frage offen, ob das Absacken des Tunnels nicht langfristige Folgen für das über hundert Jahre alte Bauwerk haben wird. „Die Stabilität des gesamten U-Bahn-Tunnels ist nachhaltig geschädigt“, vermutet Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Das Fundament des Tunnels habe einen seitlichen Bruch erlitten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in zehn bis fünfzehn Jahren ein kompletter Neubau notwendig werde, so Kapek unter Berufung auf Insider.

Der Fall hat eine Debatte über den Umgang mit Hochhausprojekten in der Nähe von U-Bahn-Infrastruktur ausgelöst. So forderte die Linke einen generellen Bau- und Planungsstopp für solche Projekte. Am Alexanderplatz plant der Investor Hines einen 150 Meter hohen Turm, auch der ursprünglich von Signa geplante 130 hohe Mynd Turm wird neben der U8 gebaut. Am Hermannplatz plant Signa den Neubau des Karstadtgebäudes direkt über dem Bahnhof der U8.

„Es ist wirklich eine bescheuerte Idee, Hochhäuser auf U-Bahn-Tunneln zu bauen“, sagt Kapek. Gerade in Mitte sei der gesamte Baugrund derart instabil, dass Setzungen nie sicher ausgeschlossen werden können.

Gefordert wird auch, sich zumindest mit nachbarschaftlichen Vereinbarungen umfassend gegen etwaige Schäden abzusichern. Die BVG bestätigt, dass sie derzeit bei den Projekten am Alex und am Hermannplatz mit den In­ves­to­r:in­nen im Gespräch ist.

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