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Können Freibad-Randalierer noch am selben Tag verurteilt werden?

Der neue CDU-General­sekretär Carsten Linnemann forderte: Wer mittags im Freibad Menschen angreife, müsse „abends vor dem Richter sitzen“.

Richtig ist:

Die Strafprozessordnung erlaubt schon lange „beschleunigte Verfahren“. Dabei muss die Staatsanwaltschaft zum Beispiel keine Anklageschrift schreiben, sondern kann mündlich vortragen. Zuständig sind die normalen Amts- und Landgerichte. Nicht die Politik, sondern die Rich­ter:in­nen entscheiden, ob es zu einem solchen Verfahren kommt. In der Praxis spielen beschleunigte Verfahren bisher kaum eine Rolle, denn sie sind für die Justiz mit erhöhtem Koordinationsaufwand verbunden. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung müssen sich kurzfristig auf einen Termin einigen. Wenn die Politik von der Strafjustiz mehr Eilverfahren erwartet, müsste sie die Justiz zunächst mit mehr Personal ausstatten.

Allerdings sind Angriffe auf Bademeister kein besonders geeignetes Feld für beschleunigte Verfahren. Denn oft dürften die Verdächtigen noch jung sein. Gegen Jugendliche unter 18 ist das beschleunigte Verfahren aber nicht zulässig. Außerdem muss der Sachverhalt einfach oder die Beweislage klar sein – etwa wenn ein Einzeltäter auf frischer Tat ertappt wird und sofort alles gesteht. An einer Freibad-Aggression sind aber meist viele beteiligt, und keiner will’s gewesen sein. Im deutschen Strafprozess muss jedoch die Schuld des individuellen Täters nachgewiesen werden. Ein Eilverfahren wäre in dem Fall ausgeschlossen.

Christian Rath