: Leipzig lässt das Lesen sein
Bestürzung: Oliver Zille wirft bei der Buchmesse hin
Die Leipziger Buchmesse verliert ihren Direktor. Oliver Zille, der sie seit 30 Jahren gesteuert hat, hört zum Ende dieses Jahres auf. In der Branche ruft diese Nachricht Erstaunen und Bestürzung hervor. Wer sich ein wenig umhörte, konnte herauskriegen, dass dieser Schritt selbst für nahe Kooperationspartner der Messe überraschend kam. In der Pressemitteilung zu dieser Personalie ist von „persönlichen Gründen“ die Rede. Im Radio und auch im Börsenblatt gab es Spekulationen über mögliche Meinungsverschiedenheiten, was den Stellenwert der Literatur innerhalb der gewinnorientierten Messeorganisation betrifft. Möglicherweise habe Zille, dem Literatur und inhaltliche Debatten stets ein Anliegen waren, letztlich zu viele Kompromisse machen müssen, war zu lesen. Vielleicht ist das auch tatsächlich so.
Auf jeden Fall kann man, um die Sache journalistisch nach vorne zu drehen, feststellen, dass die Manager, die sich nun um eine Nachfolge kümmern müssen, keineswegs zu beneiden sind. Müssen sie doch eine Person finden, die erstens in der Buchstadt Leipzig mit ihren eigenen Befindlichkeiten Ost sowie ihrem beinharten Stolz auf ihre Lesungskultur („Leipzig liest“) fest verwurzelt ist, denn anders ist ein erfolgreiches Arbeiten auf dieser Position nur schwer verstellbar; die zweitens den Managern der Messe die offenbar nötigen Businesspläne und Gewinnmargen versprechen kann; und die drittens aber auch für die überregionalen Medien und Buchinteressierten in ganz Deutschland und darüber hinaus Debattenthemen und literarische Aufmerksamkeit produzieren kann, denn auch ohne das wird es nicht gehen, es sei denn, die Messe wolle in der Provinzialität versinken und neben ihrem kulturellen Kapital damit über kurz oder lang auch ihre geschäftliche Grundlage verlieren. So eine Person backt man sich nicht mal eben. Dirk Knipphals
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